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Küss' die Hand
Vor kurzem starb Grete Rehor, die erste Ministerin der Zweiten Republik, dazu die bisher einzige ÖVP-Per-sönlichkeit an der Spitze des Sozialministeriums: Im nachhinein wundert man sich noch einmal gehörig, was sich Bundeskanzler Josef Klaus da vor 21 Jahren schon getraut hat.
Die Gewerkschafterin Rehor hat ihre Sache gut gemacht. Auch nach ihr haben Frauen in Spitzenpositionen der österreichischen Politik gezeigt, daß sie Vergleiche mit Männern nicht zu scheuen brauchen.
Aber diese Vergleiche werden noch immer in ziemlich unfairer Weise angestellt: indem man grinsend von „Ali-bifrauen“ in Parlament und Regierung spricht und sich über „Quotenregelungen“ lustig macht.
Solche Quotenregelungen, die Frauen einen bestimmten Mindestanteil an Mandaten und Funktionen sichern sollen, wären aber nicht nötig, wenn immer die fflchliche Eignung entschiede.
Es ist doch überhaupt keine Frage, daß es genug befähigte Frauen für Spitzenpositionen auch in der Politik gibt. Aber es gibt noch immer nicht genügend Männer, die das ohne hämische Witze zugeben.
Dazu kommt dann noch, daß manche Politfrauen ihre Sache mit Schaum vor dem Mund verfechten und deswegen auch mit sehr bedenkenswerten Vorschlägen nicht ernstgenommen werden.
Auf ÖVP-Seite war Elisabeth Schmitz ein solcher Typ, im SPÖ-Lager ist es Johanna Dohnal. Die Männer (und auch viele Frauen) sagen schon ,JSlein!“, ehe so eine auch nur den Mund auftut. Schade, denn manches davon ist sachlich sympathischer als die Präsentation.
Aber eines dürfte jetzt schön langsam wirklich nicht mehr passieren: daß eine Politikerin etwas durchaus Diskussionswertes vorschlägt und gewissen Herren dazu nichts anderes einfällt als ein ,JKüß' die Hand, gnä' Frau, darf ich Ihnen in den Mantel helfen — aber spiel'n tun wir's nicht...“
Politikerinnen ,JProfilie-rungssucht“ vorzuwerfen, ist absurd, solange Politiker noch viel profilierung ssüch-tiger sind. Augenzwinkernd bei Frauen Inkompetenz zu signalisieren, ist nur erlaubt, wenn Männer auch Männern ein „Unfähig!“ ins Gesicht sagen.
Wahr ist: Wenn heute eine Frau Spitzenpositionen erklimmt, hat sie sich meist schon besser qualifiziert als ein Mann. Zählen sollte allein das stärkere Argument, nicht das stärkere Geschlecht. Und dem schwächeren muß endlich jede Partei auch noch bessere Mandatschancen einräumen.
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