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KULTUR & WIRTSCHAFT-DIE UNMÖGLICHE SYMBIOSE?

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In jüngster Zeit entdecken immer mehr österreichische Unternehmer die Kunst. Sie wollen sich als „Mäzene" in der Öffentlichkeit präsentieren und damit Kommunikations- und Absatzziele befriedigen: Die neue Parole heißt Sponsoring.

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In jüngster Zeit entdecken immer mehr österreichische Unternehmer die Kunst. Sie wollen sich als „Mäzene" in der Öffentlichkeit präsentieren und damit Kommunikations- und Absatzziele befriedigen: Die neue Parole heißt Sponsoring.

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Sich mit Kultur zu umgeben und diese auch noch zu fördern, hebt zweifellos das Image eines Unternehmens: Einmal erwecken derartige Aktivitäten in derÖffentlichkeit den Eindruck, der Firma gehe es nicht nur ums liebe Geld. Aktives Interesse für Theater, Musik oder bildende Kunst ist nun einmal ein Parameter für eine kultivierte Einstellung. Andererseits kann das Unternehmen mit vergleichsweise geringem Finanzaufwand - bei optimaler Planung und Organisation -den natürlich unausgesprochenen, angestrebten Hauptnutzen (Absatz) erreichen.

Als Ahnvater der Förderung von Kunst und Kultur gilt der Römer Gaius Clinius Maecenas (70 - 8 v. Chr.). Als Freund, Helfer und Berater von Kaiser Augustus versammelte er die bedeutenden Dichter seiner Zeit und unterstützte sie. Der aus seinem Namen abgeleitete Begriff „Mäzenatentum" kennzeichnet die Förderung der Kultur und des Gemeinwesens aus altruistischen Motiven. Der Mäzen fördert also Personen oder Gruppen, ohne eine Gegenleistung dafür zu erwarten. Später trat die Kirche an seine Stelle, aber auch Staatsoberhäupter oder kunstbeflissene Geschäftsleute wie etwa die Medicis.

Heutzutage nutzen immer mehr Unternehmen „Sponsoring" als Kommunikationsinstrument. Darüber hinaus suchen immer häufiger Organisationen im kulturellen, sportlichen oder sozialen Bereich nach Sponsoren. Eine oftmals gewählte Form ist das Kultur-Sponsoring - also zum Beispiel die finanzielle Unterstützung von Ausstellungen, Konzerten oder Kunstgalerien. Viele internationale Firmen

entscheiden sich aber auch für das gesellschaftspolitisch werbewirksame „Sozio-Sponsoring" - darunter fällt etwa die Förderung von Umweltschutz- oder Gesundheits-Organisationen, Forschungsprojekten oder Universitäten (siehe Seite 17).

In den Vereinigten Staaten findet man diese systematische Förderung vor allem bei Gesundheitseinrichtungen, Hochschulen, Opernhäusern und so weiter. In Österreich finanzieren sich soziale Vereinigungen, kirchliche Aktionen und Parteien vor allem durch das Spenden wesen. Aus Unternehmenssicht spielen bei der Vergabe von Spenden steuerliche Gründe eine wesentliche Rolle; gezielt geforderte Gegenleistungen vom Geförderten sind eher die Ausnahme.

Weder das Mäzenatentum noch das Spendenwesen können allerdings mit Sponsoring gleichgesetzt werden. Unternehmen werden vor allem dann als Sponsoren tätig, wenn sie mit der Förderung von Sport und Kultur auch kommunikative Zwecke für das Unternehmen erreichen wollen. Eigentlich geht es beim Sponsoring ja um Geben und Nehmen. Die Firmen geben Geld oder Sachleistungen und erhalten dafür zusätzliche Werbekanäle, die ihnen Exklusivität und Aufgeschlossenheit verheißen. Nimmt man allerdings die österreichische Szene der „neuen Medicis" genauer unter die Lupe, stellt man rasch fest, daß Banken, Versicherungen oder internationale Multis - etwa in den Bereichen Computer und Elektronik - eigentlich gar nicht so viel mit Kunstförderung im Sinn haben, sondern die „alte Modeerscheinung" Sponsoring vielmehr als wirksames Werbemittel einsetzen. Sei das Sony in Salzburg oder der Computerriese IBM,derdie weltweite Ausstrahlung des Wiener Neujahrskonzertes finanziert.

„Nun - es sei ihnen unbenommen", sagen die einen, „ist doch auf diesem Wege sowohl der Kunst als auch dem

Unternehmen geholfen." „Sparkassenkunst !" schimpfen die anderen, und es sei mehr als plump, sich auf diese Weise neben der herkömmlichen Werbung an Kunden „heranzumachen". Die Unternehmen wollen - auch so wird oft in argumentiert - auf diesem Weg einfach ihr Gewissen freikaufen.

„Man kann die Unternehmen an einer Hand abzählen, die nach einer zurechtgelegten Strategie die Kunst fördern und von ihr gefördert werden", bedauert Heimo Hammer, der an der Wiener Wirtschaftsuniversität eine Doktorarbeit zum Thema „Sponsoring" schreibt.

„Bei diesen Organisationen läuft das Engagement unter dem Motto Zielgruppenbetreuung" sagt Hammer, und wird von den Zielgruppen gut aufgenommen. So hoch die Quantität in diesem Bereich allerdings erscheine, werde die Durchführung und das strategische Vorgehen bei solchen Aktivitäten jedoch zumeist „aus dem Bauch heraus" und daher oft mit fehlender Qualität angegangen.

Das sogenannte „Gießkannen-Prinzip", bei dem viele kleine Künstler oder andere zu fördernde Gruppen einen kleinen Geldbetrag zuerkannt bekommen, regiert nach wie vor. Kaum ein Manager macht sich Gedanken darüber, selektiv in einen bestimmten Kunstbereich hineinzugehen. Da wird vielmehr kreuz und quer gesponsert. Dies liegt einerseits an der Angst, einen etwaigen Fehltritt zu riskieren, andererseits am hohen Zeitaufwand, der für Kunstsponsoring-Aktivitäten anfällt. Viele Manager setzen für das Thema Kunstsponsoring gar eine - oder auch nur eine halbe - Wochenstunde an, wobei pro Firma oft nur eine einzige Person zuständig ist.

Wo liegt nun aber der eigentliche Benefit für einen Sponsor? Der Erfolg von Sponsoringmaßnahmen läßt sich natürlich nicht unmittelbar in Schillingen messen. Eine Wirkung kann nur dann spürbar positiv erfolgen, wenn ein Engagement glaubwürdig, längerfristig und mit entsprechenden Mitteln verfolgt wird. Das Image als „Mäzen" kann in weiterer Folge vom Unternehmen dazu benützt werden, im kommerziellen Bereich Pluspunkte zu sammeln. Längerfristig werden sich - werblich gesehen -im Gedächtnis der umworbenen Konsumenten nämlich vor allem jene Firmennamen festsetzen, die sich positiv von den anderen abheben. Gleichartige Produkte und gleichartige Firmen schaffen zumeist ein Branchenimage; das dem Verbraucher jegliche Entscheidung leicht macht: Er schaut nur mehr auf den Preis.

Durch das Sponsern von Bereichen wie Kultur, Wissenschaft, Forschung oder Umwelt haben Wirtschafts- und Industrieunternehmeneine vielschichtig attraktive Chance, einerseits aus diesem Preiskampf-Teufelskreis auszubrechen und andererseits ihr Unternehmen von anderen - unabhängig von Produkten - abzuheben. Ist es doch schließlich ein positiver Nebeneffekt, wenn der unbedarfte Konsument und Kunstliebhaber beim Besuch der renommierten Ars Electro-nica in Linz zwischen einer Reihe von Techno-Avantgardisten zufällig auch mal den Namen Siemens aufschnappt, beim Rockkonzert das CA-Zelt registriert oder bei einer Wittgenstein-Ausstellung in der Secession irgendwo im Hinterkopf eine Assoziation mit Apple Computer hat.

Eines läßt sich jedenfalls mit Bestimmtheit sagen: Ganz abgesehen davon, daß dieser Weg zum Beispiel so manchem (un)bekannten Künstler die Möglichkeit erschließt, mit seinen Werken an die Öffentlichkeit zu gelangen, können sich noble Geldgeber andererseits - wenn schon nicht über ihre Produkte - mit einer gut durchdachten Sponsoringstrategie langfristig den wohl effizientesten kommerziellen Nutzen erwerben, den es gibt: Sympathie.

Die Autorin ist Computer-Journalistin in Wien.

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