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Kultur bringt auch Geld

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„Genießen - verstehen - verändern" - so lautet Motto und Anspruch eines Dialoges von Kunst und Wissenschaft, der im Studienjahr 1992/93 in Salzburg geführt wird. Gesprächsanstöße geben dabei jeweils Vorlesungen, die von Professoren der Hochschule Mozarteum und der Universität Salzburg gehalten werden. Zu Wort kommen dabei Kulturpsychologe wie Philosoph, Sprachwissenschafter, Theologe, Volksmusik- und Spielforscher und ein Experte für eine umfassende ästhetische Erziehung.

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„Genießen - verstehen - verändern" - so lautet Motto und Anspruch eines Dialoges von Kunst und Wissenschaft, der im Studienjahr 1992/93 in Salzburg geführt wird. Gesprächsanstöße geben dabei jeweils Vorlesungen, die von Professoren der Hochschule Mozarteum und der Universität Salzburg gehalten werden. Zu Wort kommen dabei Kulturpsychologe wie Philosoph, Sprachwissenschafter, Theologe, Volksmusik- und Spielforscher und ein Experte für eine umfassende ästhetische Erziehung.

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Schon beim Start der interuniversitären Ringvorlesung ging es um Kunst, Kultur und das liebe Geld. Professor Alfred Kyrer, Wirtschaftswissenschafter an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Salzburg, sprach über die volkswirtschaftliche Bedeutung von Kunst und Kultur, eine Frage, die ihn schon länger beschäftigt.

Kyrer und seine Mitarbeiter untersuchten im Jahr 1985, was es der Region und darüberhinaus Österreich an positiven wirtschaftlichen Effekten bringt, wenn alle Jahre wieder „Jedermann" publikumswirksam vor dem Dom stirbt und im Festspielhaus große Oper für Gäste aus aller Welt gespielt wird.

1989 wurde in einer Umfrage die Umwegrentabilität der Universität Salzburg erkundet. Das Ergebnis: In einem Jahr „normalem Betrieb" beträgt die Wertschöpfung der Hohen Schule für die Region rund eine Milliarde Schilling. Das bedeutet im Klartext: Kunst, Kultur und Wissenschaft sind - rein ökonomisch gesehen - keineswegs nur Kostenfaktoren. Sie bringen meist nicht direkt, sondern auf Umwegen beträchtlichen volkswirtschaftlichen Nutzen.

Kultur sichert Arbeitsplätze

Das belegte Kyrer denn auch mit einem Paket wirtschaftswissenschaftlicher Studien. Beispielsweise jener, die bereits vor 15 Jahren zum Thema „Theater und Ökonomie" an der Universität Basel durchgeführt wurde. Bis hin zu einer 1992 publizierten Untersuchung der wirtschaftlichen Bedeutung des Kölner Karnevals. Ergebnis solcher Studien ist, daß - je nach Bereich - jeweils rund 40 Prozent der öffentlichen Aufwendungen für Kultur über Steuereinnahmen wieder zurückfließen. Weiters bewirkt die zumeist - unerwartet - hohe Wertschöpfung, daß durch die Leistung eines Kulturschaffenden jeweils zwei weitere Arbeitsplätze gesichert werden.

Diese wirtschaftlichen Kreislaufeffekte sollten mitbedacht werden, so Kyrer, wenn heute die Ressourcen überall knapper würden und zur Budgetkonsolidierung der Rotstift häufig zu allererst bei den Kulturausgaben ansetzt. Dies geschehe unter anderem deshalb, weil ein nicht geringer Teil der Bevölkerung - so jedenfalls die Ergebnisse jüngst in Deutschland durchgeführter Umfragen - Kultur als einen Luxus empfinde, den man sich in der aktuellen wirtschaftlichen Situation nicht mehr im gleichen Maße wie früher leisten könne.

Der Wirtschaftswissenschafter setzt dagegen auf die nüchterne Kosten-Nutzen-Analyse. Ihre Ergebnisse könnten durchaus dafür sprechen, mit dem Kürzen von Investitionsmitteln nicht gerade im gemeinhin als „unproduktiv" beurteilten Kultursektor zu beginnen. Dabei gelte es das weitverbreitete Mißverständnis auszuräumen, daß nämlich Kunst und Kultur und Geld nichts miteinander zu tun hätten. Kultur und Volkswirtschaft seien vielmehr, so Kyrer, aufs engste miteinander verwoben. Auch könnten die wirtschaftlichen Effekte von Kunst und Kultur mit den Methoden der ökonomischen Forschung recht genau erfaßt werden.

Kyrer wies weiters darauf hin, daß die Frage der öffentlichen Investitionen in den Sektor Kultur beispielsweise auch von der ständig wachsenden Freizeit der Menschen und der daraus resultierenden verstärkten Nachfrage nach Kulturangeboten her gesehen werden müsse.

Der Wirtschaftswissenschafter wagte die Prognose, daß zumindest viele europäische Länder am Beginn einer „Kulturwelle" stünden, was heißt, daß mehr Kunst und Kultur verlangt würde und die Menschen auch mehr dafür auszugeben bereit wären. Die Umwegrentabilität von Kultureinrichtungen würde sich dadurch natürlich erhöhen. ■ Daß Kunst (nach der von Kyrer verwendeten Definition die „Schöpfung, Verbreitung und Erhaltung von künstlerischen Werken") mehr hereinspielen kann als dafür ausgegeben wird, begründet auch das Interesse derprivaten Kunstsponsoren. Ein konkretes Beispiel für wirtschaftlich erfolgreiches Sponsoring ist die Sixti-nische Kapelle in Rom. Laut Bericht der japanischen Sponsorfirma sei jeder für die Restaurierung des Kunstjuwels im Vatikan eingesetzte Yen mehrfach zurückgekommen. Trotzdem dürfe nicht damit gerechnet werden, daß die Privatwirtschaft künftig in vollem Umfang für aus den öffentlichen Kulturbudgets gestrichene Mittel aufkommen werde. Auch wenn immer mehr Firmen versuchen, am positiven Image bestimmter Kultureinrichtungen zu partizipieren indem sie als deren Sponsoren auftreten.

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