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Kultur der Region

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Wenn noch heuer in das ehemalige Domizil der Ester-hazyschen Güterdirektion in der Eisenstädter Haydngasse 1 das „Museum österreichischer Kultur“ einzieht, geschieht das nicht zufällig. Und wenn in der kroatischen Gemeinde Nebersdorf in dem von einem Gastwirt erworbenen klassizistischen Schloß das „Museum der kroatischen Kultur im Burgenland“ und in einer ehemaligen Hofmühle in Güssing das „Museum der österreichischen Auswanderer“ etabliert werden, ist auch das von langer Hand vorbereitet. Anders als in den übrigen Bundesländern mit ihren insgesamt rund 900 Museen wurden und werden nämlich im jüngsten Bundesland Österreichs Landes-, Stadt- und Ortsmuseen, Heimathäuser und Freilichtmuseen seit einem 1964 erstellten Kulturkonzept planmäßig auf- und ausgebaut. Sie sind über das ganze Burgenland verteilt und stehen immer im Zusammenhang mit der Region, in der sie sich befinden. Die meisten Museen in Wien und Niederösterreich hingegen sind auf die Sammelleidenschaft einzelner Personen zurückzuführen — mögen es die Habsburger, Kirchenfürsten, Adelige oder Bürger gewesen sein.

Im Burgenland hat die Denkmalpflege häufig entscheidende Impulse für die Errichtung der musealen Einrichtungen gegeben. Beim 17. österreichischen Historikertag in Eisenstadt, der heuer unter der Devise „Österreich und der pannonische Raum“ stand, referierte darüber Friedrich Berg vom Bundesdenkmalamt.

Berg war von 1970 bis 1985 Landeskonservator dieses Bundeslandes, das über Jahrzehnte im Fremdenverkehr weit hinter den übrigen Bundesländern nachhinkte, eine hohe Auswandererquote hatte, nicht nur eine deutschsprachige Bevölkerung, sondern auch Kroaten und Ungarn sowie die meisten Protestanten Österreichs aufwies. Im Rahmen des burgen-ländischen Kulturkonzeptes wurden unter Bergs Amtsführung zahlreiche unter Denkmalschutz stehende Gebäude revifalisiert und zu florierenden Museen umgestaltet. Sein Motto war: „Ein Museum kann man aus jedem Gebäude machen — vorausgesetzt, man findet keinen wirtschaftlich noch größere Chancen versprechenden Widmungszweck.“

Besonders signifikante Beispiele für diese Entwicklung sind: die Burg Güssing, die sich als Trümmerfeld mit intakten Resten der alten Hochburg darstellte; Schloß Kittsee im nördlichsten Zipfel der Drei-Länder-Ecke, dessen Besitzer wegen fahrlässiger Krida belangt worden war und das nun als Dependance des „Museums für Volkskunde“ die bis 1874 in Depots gelagerte bedeutendste ethnographische Sammlung Osteuropas beherbergt; das 1949 zum Teil abgebrannte Barockschloß Halbturn, für das sein Besitzer keine Verwendung hatte und das jetzt als Schauplatz der alljährlichen Landesausstellung dient; mit Lehm beworfene, strohgedeckte Bauernhäuser in Litzelsdorf und Stinatz (heute Heimathäuser), ein Kloster ohne Mönche (Franziskaner-Kloster in Eisenstadt, heute Diözesanmu-seum) oder das im ehemaligen Eisenstädter Ghetto stehende Wertheimerhaus, in dem das Rote Kreuz seinen Sitz hatte (heute „österreichisches Jüdisches Museum“ mit kulturgeschichtlichhistorischer Dokumentation) sowie ein durch die Errichtung eines neuen Pfarrhauses leergewordener, alter evangelischer Pfarrhof in Stoob im Mittelburgenland (seit 1983 Evangelisches Diöze-sanmuseum mit Schwerpunkt der Präsentation der Geschichte des Protestantismus im Burgenland und im früheren westungarischen Raum).

Zu einer weiteren Institution, die nicht um ihre Existenz kämpfen muß und zu deren Besuchern nicht nur die Kurgäste zählen, gehört das Freilichtmuseum in Bad Tatzmannsdorf, dessen Gründung ebenfalls auf eine Initiative des Denkmalamtes zurückgeht. In ihm sind die letzten noch erhalten gebliebenen Wohn- und Wirtschaftsgebäude der Region aus vergangenen Jahrhunderten zu sehen, vom Bienenstock bis zur Scheune und zum Glockenturm.

Fremdenverkehrsattraktionen ersten Ranges wurden auch das Kellerviertel in Heiligenbrunn mit seinen über hundert Holzblockbauten inmitten von Weingärten und die größte Windmühle Österreichs in Podersdorf.

„Niemand“, zog Berg als Resümee, „würde den einen oder anderen Ort aufsuchen, gäbe es dort nicht die systematisch entstandenen musealen Einrichtungen mit ihren die regionale und lokale Geschichte spiegelnden Sammlungen. Sammlungen, die in der Regel in verfallenden, funktionslos gewordenen Burgen und Schlössern, bäuerlich-dörflichen oder sonstigen repräsentativen Bauwerken untergebracht worden sind und jetzt nicht nur ihre Erhaltung .verdienen', sondern auch den Weiterbestand der kraft Gesetz und finanzieller Unterstützung von Bund, Land und Gemeinden sanierten Bauten garantieren.“

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