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Kultur für Regentage ?

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Kultursommer in Österreich - Steigerung der Besucherzahlen, Subventionssummen, Nächti-gungsziffern. Eine Allianz der Kultur- und Fremdenverkehrsverantwortlichen?

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Kultursommer in Österreich - Steigerung der Besucherzahlen, Subventionssummen, Nächti-gungsziffern. Eine Allianz der Kultur- und Fremdenverkehrsverantwortlichen?

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Was macht man im Sommer in Österreich, wenn es regnet? Man besucht eine Ausstellung. Das ist leider kein schlechter Witz, sondern für viele Kulturveranstaltungen traurige Realität.

Dagegen haben die Festspiele von Mörbisch über Salzburg bis Bregenz kaum Besucher-Probleme. Im Gegenteil: Viele Opernaufführungen mit internationaler Besetzung sind bereits ein Jahr vorher ausverkauft. Es werden sogar „Package-Tours“, Reisen, die bereits fixe Musikabende beinhalten, angeboten.

Die „Hemma von Gurk“-Aus-stellung des Bistums Gurk im Kärntner Schloß Straßburg hingegen profitierte vom Papstbe-suchund außerdem wurde großer Werbeaufwand in Slowenien und Friaul betrieben. Bis jetzt zog es rund 35.000 Besucher zur Landesheiligen. Peter Zwettler, Mitorganisator der Ausstellung, dazu: „Wir haben auch organisierte Busreisen angeboten, und es gibt Führungen in Slowenisch und Italienisch.“

Trotzdem sind es nicht nur die Exponate, die Besucher anlocken. Helmut Ringhofer, Fremdenverkehrsdirektor der Stadt Klagenfurt, meint: „Je größer das Gesamtangebot ist, umso mehr Anreize bestehen für den Urlauber. Klagenfurt etwa ist eine Zwischenstation zwischen Städte-und Erholungstourismus.“

Bei den Landesausstellungen ist ein deutliches Ost-West-Gefälle festzustellen. Setzt sich der Besucherstrom in Niederösterreich etwa hauptsächlich aus Wienern und Niederösterreichern zusammen, ist man im Westen viel mehr auf Ausländer, vor allem Bundesdeutsche, angewiesen. Christoph Mader vom Kulturamt des Landes Tirol dazu: „Tirol hat kein so großes Hinterland, daher gestalten wir auch unsere Landesausstellung im Stift Wüten und Stift St. Georgenberg-Fiecht .Heiltum und Wallfahrt' im kleineren Rahmen.“

Mehr Anklang im Ausland als in Österreich findet die „Festwoche der alten Musik“ in Innsbruck, an die anschließend darüber hinaus eine Sommerakademie mit internationalen Dozenten zu diesem Thema stattfindet.

Ebenfalls mehr auf Besuch aus der Bundesrepublik setzt das Land Salzburg. Für die Ausstellung „Die Bajuwaren“ mit Exponaten in Mattsee und Rosenheim zeichnen sowohl Salzburg als auch Bayern verantwortlich. Herbert Werner vom Kulturamt der Salzburger Landesregierung rechnet trotz regem Besucherstrom mit einem Abgang von etwa zehn Millionen Schilling. Allerdings wird er zusammen mit der Universität Linz zu beweisen versuchen, daß durch Umwegrentabilität rund 30 Millionen in die Region fließen.

Die Salzburger selber besuchen die Ausstellungen lieber im Herbst, wenn der Touristenrummel vorbei ist.

Paul Stepanek vom Kulturreferat in Oberösterreich sieht noch einen wichtigen Grund für Veranstaltungen in der Region: „Die Bevölkerung ist richtig stolz, daß gerade bei ihnen Theater gespielt wird oder ein Orchester auftritt. Sie identifiziert sich mit den Aufführungen und besucht sie auch gerne.

Noch Monate später, so Stepanek, lasse sich ein wirtschaftlicher und infrastruktureller Aufschwung im Gebiet des kulturellen Ereignisses feststellen.

Werden die großen Festspielveranstaltungen wie etwa Salzburg mit rund 42 Millionen und Bregenz mit 16 Millionen vom Bund subventioniert, so müssen sich etwa die Oberösterreichischen Stiftskonzerte in St. Florian und Kremsmünster mit 25.000 Schilling vom Bund begnügen. Obwohl viele der kulturellen Ereignisse in der Region bis zu 90 Prozent ihrer Ausgaben selber abdecken können.

Hannelore Zahour vom Kulturamt des Landes Vorarlberg bringt • die Vorgangsweise in der österreichischen Kulturpolitik auf den Punkt: „Es darf eigentlich kein Gewinn erzielt werden. Manchmal passiert es schon, daß einer Gewinne erzielt, aber dann gibt es keine Subvention.“ Daher veranstalten im „Ländle“ die Gemeinden und Bezirke ihre Veranstaltungen oft in Eigenregie.

Allerdings honoriert das Land etwa Konzertveranstaltungen zeitgenössischer einheimischer Musiker stärker als andere, um das kulturelle Bewußtsein im und auf dem Land stärker anzuregen.

In Wien, das ohnehin nicht nur mit Kultur aufwartet, ist im Sommer für die Touristen klischeemäßig Walzerseligkeit angesagt. Daran ist nicht etwa ein zu einseitiges Kulturangebot schuld, ein deutscher Tourist erklärt das so: „Ich will den Strauß und den Lanier hören, das gehört doch zu Wien.“

Aber auch Johann Nestroy ist eng mit Wien verbunden. Allerdings wird er von den Wienern selbst am liebsten gehört und gesehen, weü hier für deutsche oder italienische Urlauber die Sprachbarriere schon zu groß ist.

Im Burgenland setzt man mit dem Haydn-Festival und Toni-Stricker-Konzerten ebenfalls auf heimische Künstler. Und die Nähe zu Ungarn wird besonders durch gemischt ungarisch-österreichische Orchester herausgestrichen. Hier im Osten dominieren die heimischen Besucher mit rund 60 Prozent vor den Bundesdeutschen.

Laut Mikrozensus des Osterreichischen Statistischen Zentralamtes (siehe Kasten) werden die meisten kulturellen Veranstaltungen in Wien besucht, was wahrscheinlich auf das große Angebot zurückzuführen ist. Das Interesse an Ausstellungen ist in den letzten zwölf Jahren stark gestiegen. Sicher mit eine Leistung der Landesausstellungen und eine Anregung für mehr Kultur auf dem Land.

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