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Kulturelle Brückenköpfe

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Auf der Schallaburg, jenem prächtig restaurierten und revita- lisierten Renaissanceschloß, sind es heuer zehn Jahre her, daß die erste internationale Ausstellung dem heimischen Publikum gezeigt wurde. Gerade in den letzten Jahren hat sich aber die Schallaburg in besonderem Maße als geistig-kulturelle Drehscheibe nach Ostmitteleuropa bewährt. So konnte sich das Ausstellungspublikum zu einer Zeit, wo sich die östlichen und nördlichen Nachbarländer Österreichs noch nicht in einer derartigen Aufbruchstimmung befanden, wie es gegenwärtig festzustellen ist, bereits mit wichtigen kulturgeschichtlichen

Themen dieser Länder auseinandersetzen.

Erwähnt seien hier die Ausstellungen “Matthias Corvinus und die Renaissance in Ungarn“ 1982; “Barock und Klassik - Kunstzentren des 18. Jahrhunderts in der DDR“ 1984 und “Polen im Zeitalter der Jagiellonen“ 1986. Es waren dies Ausstellungen, die von Historikern und Kunsthistorikern der jeweiligen Länder speziell für die Schallaburg vorbereitet wurden und diesen Fachleuten die Möglichkeit gab, erstmalig auch Ausstellungen mit einer sehr starken historischen Komponente zu planen. Denn Anfang der achtziger Jahre war es in unseren östlichen Nachbarländern noch nicht selbstverständlich, sich so stark mit der eigenen Geschichte zu beschäftigen. Nach der erfolgreichen Präsentation dieser Ausstellungen war es immerhin möglich, die Corvinus-Schau 1983 auf der Burg zu Buda (zirka 700.000 Besucher) und 1987 die Jagiellonen- Ausstellung im Königsschloß zu Warschau zu zeigen.

1989 präsentiert die Schallaburg als Hauptausstellung “Prager Barock“ und als archäologische Son- derauss tellung im Waffenkeller “Die Balten - die nördlichen Nachbarn der Slawen“. Mit der vom Museum der Hauptstadt Prag und der niederösterreichischen Kulturabteilung vorbereiteten Schau “Prager Barock“ wird der Zeitraum von 1620 - 1790 dargestellt. Der historische Bogen spannt sich vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges (Prager Fenstersturz und Schlacht am Weißen Berg) bis zu den Kriegen Maria Theresias (Österreichischer Erbfolgekrieg und Siebenjähriger Krieg), bei dem Prag eine wesentliche Rolle spielte.

Die Kunst Prags in der Barockzeit wird mit ausgewählten Spitzenwerken der Malerei, der Plastik und des Kunsthandwerkes, unter besonderer Berücksichtigung des Zunftwesens, gezeigt. Auch diese Ausstellung soll nach der Schallaburg in modifizierter Form in Prag, und zwar in den Schauräumen der berühmten barocken Wallfahrtsstätte Maria Loreto, präsentiert werden.

Die Baltenschau, zusammengestellt vom Archäologischen Museum in Warschau, wurde bereits in anderen europäischen Ländern wie zum Beispiel in der Bundesrepublik Deutschland und in Skandinavien gezeigt. Durch die Ereignisse der letzten Monate in den baltischen Republiken der Sowjetunion ist gerade auch diese Exposition von großer Aktualität. Sie dokumentiert die Kultur der Balten vom Beginn der Eisenzeit bis ins späte Mittelalter. Es werden über l.’OOO Objekte gezeigt, von Waffen und Geräten über Schmuck und Trachtenbestandteilen bis hin zu Keramik und Steinplastik. Besonders erwähnt sei auch die sehr gute didaktische Aufarbeitung dieser Ausstellung, die erstmalig den Besuchern die Möglichkeit bietet, sich näher mit dem Ursprung dieser relativ kleinen Volksgruppe in Nordosteuropa auseinanderzusetzen.

bam pflegte, so hat in den letzten Jahren insbesondere Landeshauptmann Ludwig eine sehr aktive und gezielte Landesaußenpolitik betrieben. Dies manifestiert sich besonders in der Partnerschaft mit dem Komitat Zala in Ungarn, mit der Woiwodschaft Skiemiewice in Polen und in allerletzter Zeit mit dem Südmährischen Kreis (Brünn). Die Zusammenarbeit mit diesen Gebieten entwickelt sich vor allem auch auf kultureller Ebene sehr gut. Als Beispiel sei die im heurigen Oktober stattfindende Konferenz über “Fragen des Neolithikums und der Kupferzeit“ in Keszthely genannt, die damit eine Konferenzreihe einleiten soll, die sich speziell mit archäologischen Fragen des westpanno- nisch-niederösterreichischen Raumes auseinandersetzt.

Erwähnenswert sind schließlich auch noch die vielfältigen Aktivitäten anläßlich des vorjährigen Donaufestivals, wo zahlreiche Grup-

Doch nicht nur mit diesen beiden Ausstellungen versucht die Schallaburg auch heuer wieder ein Ort der Begegnung von Kulturen zu sein, die uns sehr nahe liegen, über die wir aber oft viel zu wenig wissen. So finden im Juni heurigen Jahres im Festsaal der Burg (4., 11., 18., 25. Juni, jeweils elf Uhr) Matineen mit bedeutenden Prager Ensembles statt, die auf Barockmusik spezialisiert sind. Diese Matineen werden vom Landesstudio Niederösterreich vorbereitet und organisiert, dessen Intendant Twaroch ein besonders engagierter Vorkämpfer einer engeren kulturellen Zusammenarbeit mit unseren östlichen Nachbarländern, im speziellen mit der CSSR, ist.

War es zunächst vor allem die Schallaburg, die enge kulturelle Kontakte zu den östlichen Nach-

pen und Ensembles aus Ungarn, Polen und der CSSR auftraten (zum Beispiel Ungarische Rockoper “Stephan, der König“; das “TeatrNowy“ aus Polen, das Ensemble “Latema Ma- gika“ aus Prag mit seinem Zauberzirkus und viele andere).

Abschließend sei Landeshauptmann Ludwig zitiert, der seit einigen Jahren auch als Kulturreferent des Landes vielfältige Initiativen gesetzt hat. Am 5. Mai bei der Eröffnung der Balten- Ausstellung stellte er folgendes fest: “Wir haben in den letzten Jahren eine Art Landes-Außen- politik forciert, Partner in Polen, Ungarn und der CSSR gesucht und gefunden, und dabei die Brückenschlagfunktion von Kunst und Kultur bewußt und gezielt eingesetzt. Die neue Entwicklung hat diese Politik bestätigt und ihr zugleich neue Tore geöffnet.“

Der Autor ist in der Kulturabteilung des LandesNiederösterreich für die Ausstellungen auf der Schallaburg und die niederösterreichi- sehen Landesausstellungen zuständig.

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