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Kunst aus Sand und Feuer

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Musik des zeitgenössischen Komponisten Philip Glass, vermischt mit den Variationen für Glasharmonika des aus dem 18. Jahrhundert stammenden Vaclav Masek ist eine geschickt gewählte Tonuntermalung und scheint den in raffiniert beleuchteten pris-menförmigen Vitrinen ausgestellten 500 Glaskunstwerken noch mehr Reflexe zu geben.

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Musik des zeitgenössischen Komponisten Philip Glass, vermischt mit den Variationen für Glasharmonika des aus dem 18. Jahrhundert stammenden Vaclav Masek ist eine geschickt gewählte Tonuntermalung und scheint den in raffiniert beleuchteten pris-menförmigen Vitrinen ausgestellten 500 Glaskunstwerken noch mehr Reflexe zu geben.

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Das Funkeln der eingefaßten Aquamarine der wertvollen Tiffa-ny-Lampen, die zarten Farbnuancen der einzigartigen Schöpfungen von Daum und Galle, die pa-stellfarbenen Tiere von Lalique und die fast frech farbenfreudigen Kompositionen aus Muranoglas kommen in den vollkommen schwarz austapezierten Sälen noch mehr zur Geltung.

In der zur Zeit im „Palazzo delle Esposizioni" in Rom stattfindenden Ausstellung werden Exponate aus den bedeutendsten Museen und Privatsammlungen der Welt präsentiert. Von Napoleons Zeiten bis zur Pop Art kann man hier - streng nach Epochen aufgeteilt - einzigartige Meisterwerke bewundern. Österreich ist in fast allen Sektionen vertreten: von den von Waltraud Neu-wirth aus dem Technischen Museum in Wien geschickt ausgewählten gravierten böhmischen Biedermeiervasen zu den herrlichen Loetzgläsern im Jugendstil aus dem Glasmuseum Hentrich in Düsseldorf, von Kolo Mosers gewagter, transparenter Rundvase mit Federdekor und ihrer, den metallischen Effekt betonenden Irisierung zu Josef Hoffmanns Schöpfungen in Bronzitde-kor von der Firma Lobmeyr aus Wien.

„Bronzitdekor war eine Technik, die die Wiener Werkstätte besonders geliebt hat", erklärt Elisabetta Mar-giotta, die die technische und wissenschaftliche Organisation dieser Schau leitet: „Es ist eine Schwarzlotmalerei auf transparentem Glas und Josef Hoffmann hat bei dem hier ausgestellten Service ein äußerst gewagtes Dekor gewählt, es gibt nur einfache parallele Linien, die ganz geometrisch der Form des Gefässes folgen. Sie ist ein Reflex seiner architektonischen

Produktion."

Harald Rath, der Mitinhaber der Firma J. & L. Lobmeyr ist begeistert: „Die Ausstellung übertrifft an Größe und Bedeutung der Exponate alle meine Erwartungen", meint er. Sogar eigentlich unbekannte und daher besonders interessante Stücke wie die Dreifrauenvase von Eva Rottenberg und eine Schöpfung von Hilde Jesser werden präsentiert, zwei Künstlerinnen, die in den zwanziger Jahren mit Michael Po wolny gearbeitet und wunderschönes experimentelles Glas geschaffen haben, aber deren Werke dann spurlos verschwunden sind. Biedermeier, Historismus, Exotismus, Murano des 19. Jahrhunderts, Art Nouveau, Jugendstil... bis zur Glaskunst des 20. Jahrhunderts in Böhmen und Mähren - es ist fast unmöglich, all das beim ersten Besuch in sich aufzunehmen.

Die Farben zerschmelzen fast vor den Augen, wie etwa im Fla-kon aus Bakkarat-Kristall, das zitronengelb leuchtet, dank des Uran-Oxyds Übergehtins Giftgrüne, oder bei den unzähligen, schillernden „Paper-weights".

Um alle dargestellten Tiere zu erkennen, wie die Schmetterlinge der „Dragonfly"-Lampe der Tiffa-nystudios, die Fledermaus der „Ore-pisoule"-Vase von Philippe Wolfers, die Fische von Louis Dämon, bedarf es viel Zeit.

Auf der Suche nach Reinheit und Synthese sind die Gebrauchsgegenstände der skandinavischen Glashütten Iitala und Orrefors aus den fünfziger Jahren und beim Rationalismus der holländischen Produktion findet man auch die Unterschrift von Frank Lloyd Wright. Und all das enstand aus Sand und Feuer.

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