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Kunstsport

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Ganz früher gab es noch so . etwas wie primitive „Natur-Sportarten". Das bedeutete, daß man nur Schlittschuhlau­fen konnte, wenn ein Weiher, ein See oder eine mit Wasser bespritzte Wiese bei großer Kälte gefroren waren.

Heute ist der Sport von der Natur unabhängig und ein ganzjähriges Kunstprodukt der modernen Industriegesell­schaft. Am längsten hat es mit dem Skisport gedauert, bis man von Jahreszeit und Wet­ter unabhängig wurde.

Wenn dort der Winter gegen seine eigentliche Natur nicht so will, wie er soll, wenn er etwa den laut Jahreszeiten-Vertrag vorgesehenen Schnee nicht fristgerecht liefert, dann ist der Mensch mit seiner Technik des Kunstsports ge­fordert. Insbesondere der Österreicher ist jederzeit wil­lens und in der Lage, die Ber­ge mit Schneekanonen eiskalt unter Beschuß zu nehmen und ihnen Kunst-Schnee aufzu­zwingen.

Wenn aber irgendein Land, sei es die Schweiz oder Deutschland, seine Gladiato­ren auf Skiern nicht über die­se künstlichen Rennstrecken hinunterwerfen will, kann es sich dabei nur um alpine Neid­genossen in einem antiöster­reichischen Komplott han­deln. Man gönnt es eben Öster­reich nicht, eine moderne, industrielle und von der Na­tur unabhängige Winter-Kunstsport-Nation zusein, die mehr Medaillen produziert als die anderen. Wo kämen wir denn hin, wenn eine Nation den Einsatz von Leib und Leben ihrer skirennenden Gebirgsjäger scheuen würde, wenn Siege, Medaillen, Fern-seh-Werbung, Exporte und Wintertourismus auf dem Spiel stehen?

Nun gibt es natürlich alt­modische Kunstgegner, die sich für die Erhaltung der Natur einsetzen und sowohl Knochen als auch Berge scho­nen wollen. Aber Leute, die glauben, die Rettung der Al­pen sei wichtiger als einzelne Skirennen in einem schneelo­sen Winter, sind eben unpa­triotische Stänkerer.

Manmuß zwar zugeben, daß Österreich als Land des indu­strialisierten Wintersports die Natur in den Alpen schon in vielen chemisch aufgesalzenen Gletscher-Skigebieten besiegt hat. Österreich hat auch den Bergwald mit zahllosen Au­tobahn-Schneisen für Pisten und Lifte niedergekämpft und gibt ihm nun mit Kunstschnee den Rest.

Aber man muß doch auch anerkennen, daß Österreich auch einsam und vorbildlich zur ökologischen Rettung des Bergwaldes und der Alpen an­getreten ist: Es hat schließlich immerhin ein künstliches Nachtfahrverbot für umwelt­schädliche Lastwagen einge­führt. Und mit zahllosen Aus­nahmegenehmigungen prak­tikabel gemacht.

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