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„La Cenerentola“ und „Der Liebestrank“

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„Alles ist Spaß auf Erden“, heißt das Motto des Opera-Buffa-Festivals, das im Rahmen der Wiener Festwochen im Theater an der Wien stattfindet. Es wurde mit Rossinis „La Cenerentola“ eingeleitet, einem „Melodramma giocoso“, das 1817 im römischen Teatro Valle Premiere hatte. Die Mailänder Scala hat diese ihre Produktion zum erstenmal vor drei Jahren in Florenz gezeigt, darnach in Edinburgh und zuletzt im eigenen Haus gespielt. Man kam zu den Wiener Festwochen mit hauseigenem Ensemble. Orchester und Dekorationen. Inszenierung und Ausstattung stammen von Jean-Pierre Ponnelle, am Pult stand Claudio Abbado.

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„Alles ist Spaß auf Erden“, heißt das Motto des Opera-Buffa-Festivals, das im Rahmen der Wiener Festwochen im Theater an der Wien stattfindet. Es wurde mit Rossinis „La Cenerentola“ eingeleitet, einem „Melodramma giocoso“, das 1817 im römischen Teatro Valle Premiere hatte. Die Mailänder Scala hat diese ihre Produktion zum erstenmal vor drei Jahren in Florenz gezeigt, darnach in Edinburgh und zuletzt im eigenen Haus gespielt. Man kam zu den Wiener Festwochen mit hauseigenem Ensemble. Orchester und Dekorationen. Inszenierung und Ausstattung stammen von Jean-Pierre Ponnelle, am Pult stand Claudio Abbado.

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Ponnelle ist Elektriker geblieben, was manche Kunstfreunde schätzen, andere ablehnen. Aber immer ist, was er optisch zu bieten hat, von manieristischer Schönheit. So auch die hauptsächlich in Brauntönen gehaltenen Bühnenbilder für diese beiden Akte der „Aschenbrödel“-Oper, in denen sich Elemente des Barock mit jenen des italienischen Manierismus verbinden, wobei manche Bilder an Galli-Bibiena oder an altdeutsche Muster erinnern. — Was die Besetzung betrifft, so stand es etwa 3:2:2. Die Titelpartie war mit Teresa Berganza glänzend besetzt. Diese Angelina hat eines der schönsten Timbres, sie singt stets ausdrucksvoll und bewegt sich anmutig-natürlich. Poolo Montrasolo als Don Magndflco und Alfredo Gia-comotti als Alidoro lassen kaum einen Wunsch offen, die Leistungen des Schwesternpaares Clorinda-Tis-be (Margherita Guglielmi und Laura Zannini) kann man als befriedigend, die der Herren Benelli und Dara leider nur als schwächlich bezeichnen. Trotz geringer Homogenität der Stimmen war in Spiel und Gesang eine schöne Ensembleleistung zu bewundern. Für Präzision, Intensität und echt rossinisches Brio sorgte Claudio Abbado, der auch sorgfältig zu begleiten versteht. Das Orchester scheint gut auf ihn eingespielt. Freilich sollte man sich überlegen, falls „La Cenerentola“ vielleicht wieder einmal in Wien produziert wird, ob dem Werk nicht durch eine Kürzung ■um mindestens 20 Minuten mehr gedient wäre, als durch die von der Scala benützte Originalfassung. *

Der Weg Gaetano Donizettis führte von Bergamo, wo er 1797 geboren wurde, über Venedig und Neapel nach Paris und Wien — als Dirigent am Kärntnertortheater. Bereits 1845 fiel er in geistige Umnachtung. In den 26 Jahren seines Wirkens hat er die doppelte Zahl Opern geschrieben. Das Textbuch zu „L'Elisir d'Amore“ bekam er von Feiice Romani. Es ist eine simple Geschichte, deren Hauptperson die schöne, junge, reiche Pächterin Adina ist, um die sich der Bauernbursch Nemorino und der Sergeant Belcore bemühen, ersterer mit Hilfe eines Liebestrankes, den der Wunderdoktor Dulcamara vertreibt. — Donizetti besaß ein leichtes, lockeres Handgelenk. Zwar gibt es auch in dieser Oper — eine Art italienischer Lortzing — ein paar handfeste Banalitäten, aber die Vorteile dieser Musik sind Natürlichkeit und

ein gewisses Raffinement, und neben Buffogeschnatter stehen einige sehr sangbare Arien.

Das geräumig-helle, freundliche und sehr zweckmäßige Bühnenbild sowie die Kostüme schuf Jürgen Rose, dessen spezifische Handschrift an ihnen freilich nicht abzulesen war. Um so deutlicher zeigte das Spiel die des Regisseurs Otto Schenk. Er führte die heiteren Aktionen mit allergrößter Natürlichkeit und beschränkte sich erfreulicherweise nicht auf die Protagonisten, sondern er hat sich auch intensiv mit dem Chor, ja man könnte meinen: mit jedem Mitglied einzeln beschäftigt — wobei sich die ungewöhnlich sauber und deutlich singenden Angehörigen des Wiener Akademie-Kammerchores als

überaus spielfreudig und spielbegabt erwiesen.

Eine bezaubernd anmutige und schön singende Adina war Reri' Grist, die so ganz und gar keine Allüren der neckischen Soubrette zeigte (wodurch diese Lortzingiade unerträglich würde). Und was für ein hervorragender Sänger und Komödiant ist Nicolai Gedda, der seinen Spielleiter zu kopieren schien. Hervorragend auch Robert Kerns als eitler, siegessicherer Sergeant und Eberhard Wächter als Wunderdoktor, der sein Liebeselixier — das seinerzeit der „Regina Isotta“ soviel Liebesfreud und Leid bereitete — gleich flaschenweise verkauft. (Es ist Rotwein drin, der ja auch seine Wirkung tut!)

Wieder einmal bewährten sich die Wienei',.tSy,ro!phomk,er glänzend als Opernorchester, obwohl Silvio Var-viso nicht gerade von zündendem Temperament ist. Aber davon merkte man am Premierenabend nichts. —-Sehr wünschenswert wäre es, diese kostspielige Produktion (man spricht von etwa 3 Millionen Schilling) mehr als nur viermal zu wiederholen. Vielleicht später. Denn sie kann als mustergültig bezeichnet werden, und möglichst viele sollten sie sehen.

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