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Länger arbeiten bis zur Pension? Nein danke!
Der Fachbefund ist eindeutig: Auf Grund der steigenden Lebenserwartung müssen bei Beibehaltung des derzeitigen Pensionsantrittsalters immer weniger Erwerbstätige immer mehr Pensionisten finanzieren. Weil auf Grund des in Österreich angewandten Umlageverfahrens mit dem Beitrag zur Pensionsversicherung nicht die eigene künftige Pension, sondern die Pensionen der schon im Ruhestand Befindlichen finanziert wird.
Ungeachtet aller dialektischen Kunstgriffe unserer Politiker gibt es daher logischerweise nur drei Möglichkeiten:
1. Bei gleichbleibender Beitragsleistung werden die Pensionen immer kleiner.
2. Die Beiträge werden saftig erhöht (auf über 50 Prozent des Erwerbseinkommens, haben Experten errechnet).
3. Wir arbeiten länger.
Die dritte Variante - höheres Pensionsantrittsalter - wäre zweifellos die sachlich beste Antwort auf die längeren Ausbildungszeiten und die steigende Lebenserwartung. Erst später in Pension zu gehen, dürfte (eine Meinungsforschung dazu ist mir nicht bekannt) freilich auch das sein, was die Österreicher am wenigsten wollen. Nicht nur unsere Spitzenstellung bei den Frühpensionisten, auch alle Erfahrungen deuten darauf hin, daß ein möglichst früher Pensionsantritt einen extrem hohen Stellenwert hat. Einen höheren jedenfalls als eine höhere Pension.
Aus Gesprächen mit Mitarbeitern der Nationalbank habe ich den Eindruck mitgenommen, daß sie als Konsequenz der aktuellen Diskussion nichts mehr fürchten, als länger als bis 55 arbeiten zu müssen. Die Chance, schon mit 55 Jahren in Pension zu gehen, sei schließlich ein wesentliches Motiv für die Wahl des Arbeitgebers gewesen. Ähnliches habe ich auch immer dann von Freunden bei der Bundesbahn gehört, wenn dort von „Privilegienabbau" die Rede war.
In privaten Unternehmen muß zwar, ASVG bedingt, länger gearbeitet werden; die Interessenlage scheint mir aber nicht anders zu sein: Da werden in den letzten Arbeitsjahren Urlaube gehortet, Krankheiten erfunden, et cetera, um de facto wenigstens um ein paar Monate früher in den Ruhestand zu kommen. (Sehr oft übrigens mit großer Unterstützung des Arbeitgebers!)
Was ist der Grund für diesen Drang in die Pension? Sind die Österreicher so ausgepowert oder so faul? Beides kann man, meine ich, ausschließen. Möglicherweise läßt die überdurchschnittliche Lebensqualität in Österreich - allen Unkenrufen zum Trotz - eine frühe Pension so erstrebenswert erscheinen. Es wäre jedenfalls nützlich, mehr über die Motive unseres Hanges zur Frühpension zu wissen, bevor man versucht, uns ein höheres Pensionsantrittsalter schmackhaft zu machen.
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