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Land der Vielfalt

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Die zunehmende Komplexität der modernen Wirtschaftspoliitik sowie die steigende räumliche Integration der Wirtschaft erforderte in fast allen modernen Industriestaaten die Einrichtung eines gut geschulten und ausgebauten Beamtenapparates, der ökonomisch effizient in aller Regel nur auf zentraler Ebene eingerichtet werden kann.

Der regionalen Wirtschaftspolitik fällt dabei in einem föderalistisch organisierten Staat wie Österreich die Aufgabe zu, über gesamtstaatliche Maßnahmen hinaus, subsidiär durch entsprechenden Mitteleinsatz die intraregionalen Wohlstands- Unterschiede zu verringern.

Eine Analyse der oberösterreichischen Wirtschaftsstruktur zeigt, daß in den vergangenen Jahren — aus verschiedenen Gründen — das Ziel, die Chancengleichheit der Entwicklung sicherzustellen, und in allen Wirtschaftsregionen unseres Bundeslandes gleichwertige Lebens- bedingungen zu gewährleisten, noch nicht vollständig erreicht werden konnte.

Die wirtschaftliche Struktur unseres Bundeslandes zeigt eine deutliche Differenzierung, die durch eine Reihe von Ursachen, wie Verkehrslage, Wasser- und Rohstoffvorkommen, sowie nicht zuletzt durch die geschichtliche Entwicklung bedingt wurde. Schon eine grobe Betrachtung läßt mehrere unterschiedliche Regionen erkennen.

Es sind dies: der Öberösterreichische Zentralraum mit den Statutar- städten Linz, Wels und Steyr, das , Mühlviertel, das Inn- und Hausruckviertel, das Salzkammergut . (Vöckia-Ager-Zone und oberöster- . reichisches Seengebiet) sowie die . Steyr-Enns-Zone.

Die Wirtschaftskraft des Landes konzentriert sich im oberösterreichi- . sehen Zentralraum mit seiner stark i differenzierten Industriestruktur, i darunter Betriebe, wie die VÖESt- Alpine-Montan-AG und die Chemie- ! Linz-AG, die zu den bedeutendsten

Österreichs zählen. Im Zentralraum werden derzeit etwa zwei Drittel der gesamten industriellen Produktion Oberösterreichs erzeugt.

Mit einigem Abstand folgen das r Innvierted und Hausruckviertel mit einem Anteil von 12 Prozent, der j Raum von Vöcklabruck mit 10 Pro- zent, die Trauntal-Zone im Bezirk . Gmunden mit 7 Prozent, das Mühl- viertel mit 3,5 Prozent und das Krems-, Steyr- und Ennstal mit 2 Prozent.

Die unterschiedliche Wirtschafts- ( kraft dieser Regionen verlangt naturgemäß die Konzentration der Förderungsmaßnahmen des Landes £ Oberösterreich auf gewisse Schwer- ] punkte.

Die Wirtschaftsförderung des Lan- des Oberösterreich, die bis zum Herbst 1973 von zwei Referenten i durchgeführt wurde, konnte seit ; diesem Zeitpunkt in meinem Referat c vereinigt werden.

Diese konzentrierte und koordi- 1 nierte Wirtschaftsförderungspolitik j des Landes Oberösterreich wurde Į dabei nach folgenden Leitlinien 1 durchgeführt:

• Zur Erreichung des Zieles „opti- malęs Wirtschaftswachstum und Er- (haltung der Vollbeschäftigung“ wurden Groß- und Mittelprojekte der Industrie und des Gewerbes schwerpunktmäßig gefördert.

• Bei der Wirtkchaftsförderung mi1 der Zielsetzung „Aufrechterhaltung und Stärkung der wirtschaftlichen Infrastruktur“ fand vor allem die Tatsache besondere Berücksichtigung, daß die wirtschaftliche Dienstleistung unentbehrlicher Bestandteil der gesamten Infrastruktur ist. Gefördert wurde unter diesem Ansatz daher vor allem das Dienst- leistungsgewerbe, der Handel, das Verkehrsgewerbe sowie Mittel- und Kleinprojekte.

• Besondere Berücksichtigung fane auch die Förderung des Fremdenverkehrs, dessen Probleme regional, saisonal und in vielen anderen Belangen anders gelagert sind als in den übrigen Wirtschaftssektoren.

• Einen weiteren Schwerpunkt bildete zudem die Wirtschaftsförderung aus sozialen Aspekten. Dazu zählen sowohl die Förderung unter dem Titel „Arbeitsplatzverbesserung“ als auch Beihilfen für Kleinstuntemehmer, deren Sozial- probleme im Rahmen der Sozialgesetzgebung nicht oder nur unzulänglich gelöst sind.

Primäres Ziel bei all diesen Förderungsmaßnahmen war, wie bereits erwähnt, die sehwergewichtige För-

derung jener Regionen, deren Wirtschaftskraft unter dem Landesdurchschnitt lag- Dazu zählte vor allem der Grenzraum nach Bayern, der in den vergangenen Jahren stark unter der Arbeitskräfteabwanderung gelitten hat und nunmehr, nach den zahlreichen Entlassungen österreichischer Arbeitskräfte im bayrischen Grenzraum, mit dem Problem der Rückwanderung konfrontiert wird. Die oö. Landesregierung hat diese Problematik rechtzeitig erkannt und im abgelaufenen Jahr ihre Förderungsmittel konzentriert in den Grenzraum, das ist der Bezirk Rohrbach, sowie das Inn- und Hausruckviertel, gelenkt.

Von den rund 26 Millionen Schilling, die das Land Oberösterreich vom 1. Dezember 1973 bis zum 30. November 1974 für die Förderung von Groß- und Mittelprojekiten zur Schaffung neuer Arbeitsplätze, oder zur Arbeitsplaitzsicherung vergeben hat, flössen allein 14 Millionen Schilling, das sind also mehr als 50 Prozent, in das Grenzgebiet. Dadurch konnten Investitionen in der Höhe von rund 235 Millionen Schilling gestützt, und damit rund 850 neue Arbeitsplätze geschaffen werden.

Zu dieser allgemeinen Wirt- schäftsförderungspolitik tritt als notwendige Ergänzung die sogenannte „informative Regionalpolitik“. Sie besteht in der Erhöhung der Markttransparenz der Marktpartner durch Informationen über Arbeitskräftereserven, Rohstoffe und Energiequellen, Beratung über Standortvorteile sowie in Mitteilungen über allenfalls verfügbare leerstehende Baulichkeiten. Diese Auskünfte werden in Oberösterreich von der Wirt- schaftsabteilung der oö. Landesregierung in Zusammenarbeit mit der oö. Handelskammer gegeben.

Weitere Ergänzungen der Wirtschaftsförderung sind die sowohl innerhalb der oö. Landesregierung als auch mit den Interessensvertretungen abgestimmten Maßnahmen zur Förderung der Infrastruktur. Diese Koordination im Rahmen des oö. Raumordnungstoeirates erfolgte in der Absicht, den Zielerreichungsgrad der regionalpolitischen Ziele zu erhöhen.

Dies gilt in erster Linie für die materielle Infrastruktur, deren externe Effekte die Privatwirtschaft-

liehen Kosten eines Produktionsbetriebes bedeutend zu senken vermögen. Sie schafft damit die Voraussetzungen zur Kapazitätsausweitung bestehender Unternehmen und/oder zur Ansiedlung neuer Unternehmen und damit zur Aus- schöpfung des räumlichen Entwicklungspotentiales. Als Beispiel sei die Bedeutung der Verkehrsinfrastruktur für die Entwicklung einer Region angeführt.

Investitionen in die personelle Infrastruktur bezwecken die verbesserte Ausbildung der Arbeitskräfte. Sie erfordern neben einer Verbesserung des allgemeinbildenden Schulwesens auch eine Förderung der Fortbildung und Umschulurtgs- möglichkeiten. In allen diesen Angelegenheiten des Bildungswesens hält die oö. Landesregierung engen Kontakt mit der oö. Handelskammer, der oö. Arbeiterkammer, dam Wirtschaftsförderungsinstitut und dem Berufsförderungsinstitut. Sie stellt auch jährlich zur Unterstützung dieser Fortbildungsinstitute finanzielle Mittel bereit.

Regionale Wirtschaftspolitik und Raumordnungspolitik unterscheiden sich zwar in ihrer Zielsetzung — Raumordnung bezweckt eine optimale Zuordnung von Mensch und Raum, regionale Wirtschaftspolitik versucht eine Mobilisierung ungenutzter Produktionsfaktoren —, sie halben jedoch ein gemeinsames Erkenntnisobjekt, nämlich die Steuerung der Wirtschafltsabläufe in ihrer räumlichen Dimension. Ergebnis dieser gemeinsamen Schau sind zahlreiche Studien über Öberösterreichische Teilregionen, wie

• eine Studie über den oberösterreichischen Zentralraum,

• ein Entwicklungsprogramm Mühlviertel,

• eine Studie über den Sauwald,

• eine Strukturuntersuchung der Stadtregion Linz,

• eine Strukturuntersuchung Mat- tigtal,

• eine Untersuchung über den Raum untere Enns,

• eine Voruntersuchung über die Regionalplanung Innviertel,

• ein Strukturprogramm Unteres Mühlviertel, westliches Mühlviertel,

• ein oö. Fremdenverkehrskonzept,

• arbeitsmarktpolitische Untersuchungen.

Regionale Wirtschaftspolitik wird von einer Vielzahl von privaten und öffentlichen Institutionen betrieben. Sie kann nur dann das Ziel einer optimalen Faktorallokation erreichen, wenn die verschiedenen Träger der Regionalpolitik ihre Aktivitäten koordinieren.

Als aktuelles Beispiel möchte ich auf die Planungsarbeiten für das Entwicklungskonzept Linz-Enms- Rerg hinweisen — nach Aussagen von Fachleuten die größte in Österreich je geplante Industriezome überhaupt —, an denen neben Architekten und Ingenieuren Klimatolo- gen, Meteorologen, Mediziner, Geologen, Hydrographen und Juristen beteiligt sind. Es geht dabei um die Lösung von Aufgaben, die gegenüber der nicht selten wenig sachbezogenen örtlichen Meinung wertfrei, ohne Emotionen und unter Beachtung der Entwicklung des größeren Raumes erarbeitet werden müssen, soll aus den Einzelplanungen schließlich ein vertretbares Gesämt- konzept entstehen. Dazu habe ich im Aufträge des Landeshauptmannes von Oberösterreieh, Herrn Dr. Erwin Wenzl, Vertreter der VÖESt-Alpine, der Stadtgemeinde Linz, der Stadtgemeinde Enns, der Stadtbetriebe Linz, der Arbeiterkammer, der Handelskammer, der Planungsgruppe für Raumordnung und Städtebau, den Projektsleiter Hafen Enns, das Landesarbedtsamt für Oberösterreich sowie Vertreter zweier Wohnungsgenossenschaften zu vielen ausführlichen Koordinationsgesprächen in das Landhaus geladen. Bei diesen Kontakten. zeigte sieh deutlich, daß die verschiedenen Träger der Regiooalpolitik sieh verständlicherweise oft mehr an lokalen Sonderinteressen als an gesamtwirtschaftlichen Zielen orientieren. Da sich bei einem Einzelprojekt vom Ausmaß der Industriezone Enns die divergierenden Faktoren überdurchschnittlich häufen, verstärkt sich in diesem konkreten Fall dementsprechend auch der Zwang zu einer an den gesamtwirtschaftlichen Zielen ausgerichteten Koordination.

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