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Leben Frauen von der Kunst?

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Kann man von der Kunst leben? Diese Frage ist natürlich nicht generell zu beantworten. Eines ist jedoch eindeutig. Von Künstlerinnen wird man darauf noch wesentlich öfter ein Nein zur Antwort bekommen als von Künstlern.

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Kann man von der Kunst leben? Diese Frage ist natürlich nicht generell zu beantworten. Eines ist jedoch eindeutig. Von Künstlerinnen wird man darauf noch wesentlich öfter ein Nein zur Antwort bekommen als von Künstlern.

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Einige Hinweise dazu gaben nun in Salzburg durchgeführte Erhebungen und Gespräche mit Künstlerinnen, die für den Ende 1992 erschienenen Salzburger Frauenbericht, die erste umfassende Studie über die Situation der Frauen in einem Bundesland, geführt wurden. Demnach zählte man hier im vergangenen Jahr rund 450 bildende Künstler, von denen ein gutes Drittel weiblichen Geschlechts war. In Salzburger Galerien und Ausstellungen findet man Künstlerinnen jedoch nicht mit diesem Anteil vertreten.

In der Regel ist nur jeder sechste Künstler, der von einer Galerie betreut wird, eine Frau. Dementsprechend schwieriger ist es auch für die Malerinnen, Graphikerinnen, Bildhauerinnen, etwas von ihren Werken an potentielle Käufer heranzubringen und dafür auch einen guten Preis zu bekommen. Nicht nur in Österreich, sondern international ist es nämlich nach wie vor so, berichtet Barbara Wally, die Geschäftsführerin der Internationalen Sommerakademie für Bildende Kunst, daß Kunstwerke von Frauen, weniger einbringen als solche von Männern. Eine Regel, von der es bis jetzt nur ganz wenige Ausnahmen gibt.

Barbara Wally hat sich übrigens sehr genau mit der Situation von Künstlerinnen in Salzburg von der Barockzeit bis in die Gegenwart beschäftigt und 1991 ein Buch zu diesem Thema herausgegeben. In einem eigenen Lexikonteil sind die Daten von 235 Malerinnen, Bildhauerinnen, Keramikerinnen, Fotokünstlerinnen, Bühnenbildnerinnen erfaßt, die vom Ende des 17. Jahrhunderts bis heute in Salzburg lebten und wirkten.

Im Schatten der Männerkunst

Bei ihren Untersuchungen war Barbara Wally immer wieder damit konfrontiert, daß es viel schwieriger ist, eine Geschichte der Kunst von Frauen zu schreiben als eine solche der „Männerkunst" (Wer heute Kunstgeschichte studiert hört immer noch in erster Linie etwas darüber!). Der Grund: Viele Künstlerinnen waren und sind auch heute alleinstehend. Niemand kümmert sich also um ihren Nachlaß.

Weit mehr als der männliche Künstlernachwuchs sind Künstlerinnen auch im Laufe ihrer Ausbildung auf sich selbst gestellt. Es fehlen weibliche Vorbilder und Lehrer. Eine Ausnahme bildet diesbezüglich die Salzburger Sommerakademie für Bildende Kunst, wo sich heuer unter 25 Lehrenden zehn Frauen befinden. An der Hochschule „Mozarteum" gibt es beispielsweise keine einzige Professorin.

Was für die bildenden Künstlerinnen gilt, bestätigte die Salzburger Schriftstellerin Christine Haidegger auch für die Autorinnen. Vom Schreiben leben kann in Österreich vielleicht ein gutes Dutzend von ihnen. Meistens handelt es sich um Kinderbuchautorinnen. Aber auch den männlichen Autoren geht es oft nicht besser. So hat praktisch jeder beziehungsweise jede, die im Salzburger Literaturhandbuch (Otto Müller Verlag, 1990) angeführt sind, einen Brotberuf.

Als Hindernis für viele Schriftstellerinnen ebenso wie für bildende Künstlerinnen wirkt sich aus, daß Kunstförderung oft an Altersgrenzen gebunden ist (35 oder 40 Jahre). Bis 40 haben aber viele Frauen keine Zeit zum Malen oder Schreiben. Sie müssen für ihre Familie sorgen.

Als im Land Salzburg 1990 versuchsweise ein Literaturförderpreis für Vierzig- bis Sechzigjährige ausgeschrieben wurde, reichten mehr Frauen Arbeiten ein als Männer. Als Maßnahmen, die mithelfen sollen, die Situation der Künstlerinnen zu verbessern, nennt die Salzburger Frauenlandesrätin Gerheid Widrich eine Kunstförderung ohne Altersgrenze und daß in jeder Jury die Preise und Stipendien an Künstler und Künstlerinnen vergibt, mindestens eine Frau vertreten ist.

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