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Lebensnahe Verkündigung als Antwort auf die Nöte der Zeit

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Viele Zeitgenossen stehen der Einrichtung Bischofssynode eher kritisch gegenüber. Als Delegierter der österreichischen Bischofskonferenz möchte ich aber auf die bescheidene Bemerkung des Papstes in seiner Eröffnungsansprache hin weisen, die bisherige Synoden hätten zu einer engeren Verbindung und Zusammenarbeit zwischen dem Papst und den Bischöfen beigetragen. Die Einmütigkeit in bezug auf die wesentüche Lehre und das Vorgehen im Leben der Kirche sei gewachsen.

Die derzeit tagende vierte Synode wurde am 30. September mit einer feierlichen Konzelebration der Synodalen mit Paul VI. eröffnet. Für das Thema: „Die Katechese in unserer Zeit (mit besonderer Berücksichtigung der Kinder- und Jugendkatechese)” erschien die Sixtina als Raum der Inauguration geradezu wie geschaffen. Die wuchtigen Bilder von der Schöpfung, die Fresken der Seitenwände mit den Szenen aus dem Alten und Neuen Testament und besonders das Jüngste Gericht Michelangelos an der Altarwand stellen eine einzigartige Bildkatechese der Heilsgeschichte dar, die in der liturgischen Feier erfüllte Gegenwart wird.

Zeugen und Künder

In seiner Homtiie hob der Papst die Erstverantwortiichkeit der Bischöfe für die Katechese als Zeugen und Künder des Evangeliums hervor, sowie den Auftrag des Herrn, in die ganze Welt zu gehen und überall die befreiende Botschaft zu verkünden, da auch unsere Zeit nicht dem Atheismus, sondern dem Glauben zugehöre. Die Glaubensverkündigung habe es heute mit einer Welt zu tun, die sich von Reügion distanziere, sich dem Fortschritt verschrieben habe und angesichts der Entwicklung von Technologie und Wissenschaft meine, daß sie den Glauben nicht mehr brauche. Der fortgeschrittene Mensch vertraue auf seine eigenen Kräfte, sei jedoch, wenn man hinter die Kuüsse schaue, mehr denn je verloren und eines Glaubens- Uchtes bedürftig, das ihm das Geheimnis der Schöpfung und die Welträtsel entschlüsseln kann. Die schwierige Aufgabe, die der Kirche daraus erwachse, erfordere die volle Einheit des Episkopates wie auch die gegenseitige Ermutigung.

Mitvollzug

In zehn Vollversammlungen wurde bis zum 6. Oktober die Generaldebatte abgeführt, um dann durch die nach Sprachengruppen getrennten Arbeitskreise abgelöst zu werden. Die Katechese soll „den Glauben erleuchten und stärken, das Leben im Geist Christi nähren, zum bewußten und aktiven Mitvollzug des Mysteriums der Liturgie führen”, unterstrich der Papst in der ersten Vollversammlung, indem er diese Definition aus dem Erziehungsdekret des 2. Vatikanums aufgriff. Dann legte Erzbischof Johannes Degenhardt (Paderborn), das „Panorama” der kirchlichen Entwicklung seit der letzten Synode vor. Diese sei besonders durch die gesteigerte Mitverantwortung und den missionarischen Einsatz gekennzeichnet, aber auch durch einen fortschreitenden Säkularismus, in dessen Sog Subjektivismus und moratische Aufweichung eingehen. Die besonderen Aufgaben der Ortskirchen seien daher: Bildung lebendiger Gemeinden in der Liturgie, in der Verkündigung und im Zeugnis des Lebens, Stärkung des moralischen Bewußtseins, Studium und Anwendung der katholischen Soziallehre sowie die Auseinandersetzung mit den Ideologien unserer Zeit, um den Menschen Antwort auf die Fragen nach dem Sinn des Lebens und seiner Probleme geben zu können. Den Synodalen war eine Arbeitsunterlage zugegangen, über die Kardinal Lois Lorscheider, Brasilien, Rechenschaft gab.

Darüber gab es nun die Generaldebatte - hieraus einige hervorstechende Aussagen: Vordringlich ist das Anliegen einer lebensnahen Verkündigung als Antwort auf die Nöte der Zeit. Einer Welt des Wettbewerbs, des Konsums und der Machtkonzentration bietet das Evangelium die Botschaft von der Teilhabe, der Stärke im Verzicht, der gemeinsamen Kindschaft Gottes und der umfassenden Nächstenliebe an. Die Katechese müsse die Menschen, vor allem auch Kinder und Jugendliche, dort abholen, wo sie stehen. Der Familie, in unserer fortschrei tenden Industriegesellschaft oft gefährdet, kommt für die Verkündigung erstrangige Bedeutung zu. Im Rahmen der Gemeindekatechese sind die Basisgruppen hervorzuheben, die durch Gebet, Gespräch und Caritas zusammengehalten werden. Die Möglichkeiten, in der Schulkatechese Kinder aus allen Schichten und Milieus, oft auch aus einer glaubensfernen Welt, anzusprechen, müssen genützt werden. Die mühevolle Arbeit zahlreicher Katecheten, auch aus dem Laienstand, verdient Dank und Ermutigung. In Ländern, wo die Möglichkeiten und Mittel der Katechese drastisch eingeschränkt sind, wie im Ostblock, aber auch in einzelnen Gebieten Afrikas, sind dennoch oft erstaunliche Erfolge und Zeichen kräftigen kirchlichen Lebens festzustellen. In anderen Teilen der Erde, vor allem in Südamerika, hat die Katechese sich noch entschiedener in den Dienst des sozialen Fortschritts und der Gerechtigkeit zu stellen. Die ökumenische Ausrichtung darf in der Katechese nicht übersehen werden, vor allem in den Ländern, in denen Christen verschiedener Kirchen Zusammenleben. Überall aber ist es Aufgabe der kirchlichen Katechese, die menschliche Wirklichkeit für Gott und sein Reich aufzuschließen und so die Verkürzung der Sicht vom Menschen und von der Gesellschaft zu überwinden. Es gilt, der falschen Sicht des Materialismus und der innerwelt- tichen Utopien entgegenzutreten, wie auch einem übersteigerten Rationalismus und Intellektualismus, die wesentliche Dimensionen des Menschen außer acht lassen. Daher muß vor allem Christus verkündigt werden, in dem Gott das ganze Menschsein angenommen hat.

Die Generaldebatte war durchwegs von einer realistischen Sicht der Glaubenssituation in aller Welt gekennzeichnet, aber auch vom Geist christlicher Hoffnung und froher Einsatzbereitschaft. Bei aller Beachtung des Fortschrittes der modernen Wissenschaft, wurde die Herstellung eines klaren Konzeptes für die katecheti- sche Verkündigung und Glaubensvermittlung gefordert, getragen von einem apostolischen Dynamismus und vom Wissen und Vertrauen in die Führung des Heiligen Geistes.

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