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LEICHTES SPIEL FÜR GURUS

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Pater Johannes Schasching, der „geistige Vater" des Sozialhirtenbriefes der österreichischen Bischöfe und vieler anderer kirchlicher Lehrdokumente, nennt drei Imperative unternehmerischen Handelns:

□ sachgerechtes Wirtschaften als Voraussetzung und Unterbau von

□ persönlichkeitsgerechtem Wirtschaften, was wiederum gemeinsam mit dem ersten Ansatz die Grundlage für

□ gesellschaftsgerechtes Wirtschaften schafft.

Diesen drei Forderungen wird nachstehend ein gesamthafter Ansatz zur Persönlichkeitsentwicklung von Führungskräften und Unternehmern zugeordnet. Um sachgerecht wirtschaften zu können, benötigt die Führungskraft die notwendige fachliche Aus-und Weiterbildung. Diese Forderung wird von bestehenden Einrichtungen weitgehend abgedeckt. In der Überbetonung der Sachkomponente ist jedoch das Risiko eines Ungleichgewichtes angelegt.

Um personengerecht wirtschaften zu können, benötigt die Führungskraft ein Training seiner sozialen Fähigkeiten. In diesem Bereich wird zwar bereits reichlich Geld und Zeit investiert, jedoch führt ein mechanistischer Grundansatz dazu, daß vielfach „Soziotechniken" vermittelt und aufgenommen werden. Es versteht sich fast von selbst, daß Mitarbeiter, die mit diesen „Tricks" konfrontiert werden, sehr rasch den Etikettenschwindel merken und das Gegenteil -nämlich Demotivation statt Motivation - erreicht wird. Die alleinige Vermittlung von Führungstechniken, ohne dem Manager gleichzeitig ein Reifen seiner Persönlichkeit zu ermöglichen, führt also nicht zum notwendigen Erfolg.

Völlig unterentwickelt ist die Ausbildung im Bereich des gesellschaftsgerechten Wirtschaftens. Die Über-strapazierung der „Ethik im Management" beziehungsweise der Begriffe „Holistik" und „Gesamthaftigkeit" sind kontraproduktiv. Ähnlich verhält es sich mit der Überbetonung von ökologischen Ansätzen. Konsumenten und interessierte Öffentlichkeit wissen nämlich sehr wohl zu unterscheiden, ob ein Unternehmen „Öko-Schmähs" macht oder wirklich seine Einstellung zur Frage eines umweltgerechten Wirtschaftens gefunden hat. Die Erkenntnis zur Umweltfrage, daß kurzfristiger Altruismus die langfristige Überlebensfähigkeit sicherstellt, ist auch im Bereich ethischer Unternehmensführung gefordert.

Diesem Umstand Rechnung tragend, haben die Unternehmen zunehmend ihre strategischen Pläne (Leitbilder, Corporate Identity und ähnliches) um eine normative Komponente erweitert. Solche „Visionen" beinhalten neben langfristigen innovativen Orientierungsmarken für die künftige Entwicklung auch ethische Elemente wie Verpflichtungserklärungen zu ökologischem und sozialem Verhalten über den Betrieb hinaus.

Entwicklungsmaßnahmen für Unternehmer und Führungskräfte haben daher auch auf der Ebene persönlicher Einstellungen und Wertehaltungen anzusetzen, um Verhaltensweisen im Sinne einer positiven Vorbildwirkung auszulösen.

In diesem Feld versagt - so wie alle anderen aufgerufenen Institutionen auch - die Kirche. Anstatt auf die immer häufiger geäußerte Sinn- und Wertefrage, insbesondere auch bei Unternehmern und Führungskräften, nach glaubwürdigen Antworten im Dialog zu suchen, werden ex cathedra Dogmen verkündet.

Welche Lösungen für einige Problembereiche könnten sich anbieten?

Die Forderung nach „lebenslangem Lernen" wird häufig und zurecht gestellt. Desgleichen die Bereitschaft zum „Sozialen Lernen". Unser klassisches Schulsystem vermittelt diese Fähigkeiten nur ungenügend. Überfrachtete Lehrpläne und durch ein bürokratisches Schulsystem demotivierte Lehrkräfte betreiben schematische Wissensvermittlung. Dies schafft weder die kognitiven Voraussetzungen und erst recht nicht die notwendige Freude am Lernen.

Ähnlich verhält es sich mit Universitäten und Hochschulen. In einem komplexen High-Tech-Unternehmen - wie zum Beispiel jenem, das ich leite - sind einjährige Trainee-Pro-gramme erforderlich, um die meist berufsunerfahrenen Absolventen auf berufliche Aufgaben vorzubereiten. Insbesondere wird dabei die Fähigkeit zum Kommunizieren und Inter-agieren, also dem oben schon angesprochenen Sozialen Lernen, gefördert. Diese Lern-, Erfahrungs- und Entwicklungsprozesse können wohl an überfüllten Massenuniversitäten, die unter dem bürokratischen Joch des Hochschulorganisationsgesetzes leiden, nur in Ausnahmefällen von besonders wirtschaftsnahen, unternehmerisch denkenden und handelnden Professoren ausgelöst werden.

Die Lücke, welche unsere Schulen und Universitäten im Bereich der sachlichen und sozialen Vorbereitung von jungen Menschen für die Übernahme von Führungsaufgaben lassen, ist von den Unternehmen durch „trai-ning on the job" beziehungsweise externe Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen zu schließen.

Anders verhält es sich mit dem Angebot im Bereich des gesellschaftsgerechten Handelns. Dieses Feld wird von den dazu eigentlich berufenen Institutionen, wie der Kirche aber auch Standes- und Interessensvertretungen, vielzu leichtfertig unberufenen Ma-nagementgurus und Heilspredigern der New-Age-Esoterik überlassen. Es bleibt zu hoffen, daß Einzelinitiativen, wie zum Beispiel der Versuch innerhalb des katholischen Laienrates Österreichs eine Führungsakademie in Kooperation mit professionellen Ausbildungsinstituten zu entwik-keln, erfolgreich sein werden.

Wo liegen die großen Herausforderangen für die Zukunft?

Auf der Sachebene wird es in der sich abzeichnenden Informationsgesellschaft darauf ankommen, aus der Überfülle von Informationen, die für eine bestimmte Frage- oder Aufgabenstellung relevanten Informationen herauszufiltern.

Auf der sozialen Ebene wird das klassische, hierarchisch-bürokratische Organisationsmodell durch vernetzte Systeme abgelöst werden. Besser ausgebildete und motivierte Mitarbeiter, die sich an postmateriellen Werten orientieren, werden mit den klassischen Führangsformen nicht zufrieden sein.

Die Wandlung unserer Wirtschaftsund Gesellschaftsordnung zu einer um- und mitweltverträglichen Wirtschaft im Sinne eines sozioökologi-schen Umbaues wird volle Ausprägung und Ausformung der ethischen Gesamtverantwortung von Führungskräften notwendig machen. In diesem Bereich liegt die größte Herausforderang zur Entwicklung des gegenwärtigen System der Manageraus- und -Weiterbildung.

Der Autor ist stellv. Generaldirektor der Digital Equipment Corp.

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