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Digital In Arbeit

Leistung achten und anerkennen

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Arbeit ist in der Regel kein Vergnügen. Je nachdem, um welche Arbeit es sich handelt, kann sie dem Menschen mehr oder weniger von dem abfordern, was man heute gelegentlich als Arbeitsleid bezeichnet. Es gehört sicher zu den Verpflichtungen des Unternehmers, daß er sich bemüht, dieses Arbeitsleid in seinem Bereich nach Möglichkeit zu verringern.

Man hat heute manchmal den Eindruck, daß von Seiten der Arbeitnehmer etwas zu ausschließlich um eine Verkürzung der Arbeitszeit und um eine Erhöhung der Löhne und' verschiedener finanzieller Leistungen gekämpft wird. Man sollte sich aber doch fragen, ob es nicht manchmal wichtiger wäre, die Arbeit selber attraktiver zu gestalten.

Und auch hier dürfte es nicht nur darum gehen, die materiellen Bedingungen zu ändern und vielleicht die körperliche Anstrengung zu vermindern. Etwas vom Wichtigsten für die Humanisierung der Arbeit scheint mir die Gestaltung der zwischenmenschlichen Beziehungen zu sein. Wenn einzelne Mitarbeiter um Lohnerhöhung oder Beförderung kämpfen, dann steht dahinter ja häufig auch der Kampf um mehr Anerkennung ihrer Leistung.

Aber ist es nicht fragwürdig, wenn man diese Anerkennung immer wieder nur im finanziellen Bereich zum Ausdruck bringt. Wäre es nicht manchmal wichtiger, erst einmal auf der Ebene der menschlichen Beziehungen dem Mitarbeiter zu zeigen, daß man seine Leistung achtet, daß er nicht bloß eine Nummer ist und daß ihm das Unternehmen dankbar ist...

Der Mitarbeiter soll wissen, daß er seinen Vorgesetzten und wenn möglich der Unternehmensleitung persönlich als Mensch etwas bedeutet. Wo er dieses Bewußtsein hat, wird er sich sicher auch mit dem ganzen Unternehmen mehr verbunden wissen und es vielleicht auch durch eine verbesserte Leistung lohnen.

Zur Anerkennung der individuellen Person des Mitarbeiters gehört auch, daß man seiner Freiheit soweit möglich Raum gib't. Sicher verlangt ein moderner Betrieb sehr viel Koordination, sehr viel Regelung der Tätigkeiten des einzelnen. Aber diese Regelung sollte nur soweit gehen, wie es unbedingt notwendig ist. Denn je mehr der einzelne seine Freiheit entfalten kann, desto wohler wird er sich bei seiner Tätigkeit auch fühlen, desto eher wird er darin einen wirklichen Sinn finden können.

Es gibt Modelle, die dem einzelnen einen gewissen Spielraum lassen, seine Arbeitszeit einzuteilen und die Arbeitsintensität auf seine individuelle Leistungsfähigkeit abzustimmen. Nicht nur aus rein wirtschaftlichen Gründen jst es auch wichtig, nach Möglichkeit den einzelnen an Problemlösungen zu beteiligen, ihn Vorschläge über die Gestaltung seiner Arbeit machen zu lassen und eventuelle Erfindungen anzuerkennen und wenn möglich auszuwerten.

Es sollte ganz bewußt gefördert werden, daß der einzelne Mitarbeiter auch mit seinen geistigen Fähigkeiten, mit seiner Erfahrung und seiner Phantasie zur Gestaltung der Arbeit beitragen kann. Er bekommt dadurch mehr das Bewußtsein, daß es sich um seine ganz persönliche Aufgabe handelt und daß dann auch die Arbeitsleistung tatsächlich ihm zuerkannt wird. Arbeit soll nicht einfach Selbstentfremdung sein, wo der Mensch das Bewußtsein hat, nur als Funktion anderer Personen tätig zu sein, sondern es soll sich in der Arbeit auch eine Selbstverwirklichung vollziehen, wo der einzelne stolz sein kann auf das, was er erbracht hat.

Die katholische Soziallehre legt großen Wert auf den Freiheitsraum des Menschen, denn nur dort, wo der Mensch das Gefühl hat, daß er freie Entscheidungen zu treffen hat, kann er sich als Person einbringen und Sinn in seinem Leben finden. Ebenso muß die katholische Soziallehre aber auch den Gedanken der Gleichheit unterstreichen...

Worin soll aber nun das christliche Ideal der Gleichheit bestehen? Die Werte, die das Christentum vertritt, sind nie bloß äußerlich zu verstehen, sondern betreffen in erster Linie den personalen Bereich.

Das bedeutet hier, daß die Gleichheit der Menschen zunächst einmal die Personwürde betrifft und die Achtung, die man jedem einzelnen in gleicher Weise schuldet.

Das bedeutet weiter, daß die äußeren Unterschiede, die eine Gesellschaftsordnung zuläßt, nicht Ausdruck dafür werden dürfen, daß man zwischen Menschen,erster und Menschen zweiter Klasse unterscheidet und dadurch doch in der Personwürde Unterschiede macht.

Das heißt dann weiter, daß äußere Unterschiede in den Lebensbedingungen nur soweit zulässig sind, wie sie dieses Bewußtsein der grundsätzlichen Gleichwertigkeit aller Menschen nicht zerstören.

Es geht also darum, daß vorhandene Unterschiede nur soweit zulässig sind, als sie als begründet und gerecht erkannt werden können und nicht dazu führen, daß einzelne Personenkreise entwürdigt und in unerträgliche Konfliktsituationen hineingetrieben werden.

Dieser Beitrag ist auszugsweise einem Referat entnommen, das Dr. Hans Rotter SJ, Professor für Moraltheologie an der Universität Innsbruck, im Vorjahr vor dem Verband christlicher Unternehmer Österreichs gehalten hat

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