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Angst um die Kirche
Ein von Papst Johannes Paul II. unterzeichneter Brief 'an die österreichischen Bischöfe hat einiges Befremden ausgelöst. Aus der jüngeren Kirchengeschichte ist kein vergleichbares Schreiben aus Anlaß eines Bischofswechsels bekannt. Der Papst weist darin das „Kirchenvolks-Begehren” zurück, vermutet hinter allen jüngsten Angriffen auf Bischöfe eine auf „Zerstörung” und „Zerstreuung der Schafe der Herde” gerichtete „Strategie” und vergleicht sie mit den Anklagen gegen Jesus Christus und dessen Apostel. Der Text läßt vermuten, daß wesentliche Passagen nicht hinter vatikanischen, sondern hinter österreichischen Mauern entstanden sein könnten. Fragen drängen sich auf: Geht es nur um Kirchenpolitik? Wie kam der Brief zustande? Wem nützt er?
Sicher nicht jenen Bischöfen, die bezüglich des „Kirchen-volks-Begehrens” Dialogbereitschaft erkennen ließen - wie der neue Wiener Erzbischof Christoph Schönborn. Aber auch nicht Kardinal Hans Hermann Groer, dessen „Causa” undifferenziert mit dem „Outing” angeblich homosexueller Bischöfe gleichgesetzt und zu einem Zeitpunkt wieder in Erinnerung gerufen wird, wo man dem nun abgetretenen Wiener Oberhirten Ruhe gewünscht hätte. Und auch nicht dem Papst und seinem Lehramt, wobei deutlichst festzuhalten ist: Der Brief ist keine Äußerung des kirchlichen Lehramtes, schon gar nicht eine unfehlbare.
Ob das Schreiben für die weitere Entwicklung der Kirche und des Glaubens in Österreich relevant sein wird, erscheint eher fraglich. Im Grunde war es völlig überflüssig. Es wirft allerdings auf die Situation der Kirche, und zwar nicht nur der österreichischen, ein bezeichnendes Licht: Die Angst, fast alles habe sich gegen die Kirche verschworen, hat im Vatikan offenbar alarmierende Ausmaße angenommen.
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