Corona-Mutationen: Die Krise als Kairos

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Fortschreitende Impfungen haben die Infektionen eingedämmt. Doch das Virus bleibt erhalten, mit weiteren Mutationen ist zu rechnen. Corona wird zur Blaupause der Risikogesellschaft.

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Fortschreitende Impfungen haben die Infektionen eingedämmt. Doch das Virus bleibt erhalten, mit weiteren Mutationen ist zu rechnen. Corona wird zur Blaupause der Risikogesellschaft.

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Krisenbilanzen gab es zwar schon viele, doch das Infektionsgeschehen zeigte bislang eine turbulente, unvorhersehbare Dynamik. Erst jetzt erscheint eine globalere Bewertung sinnvoll. Man sollte diese Krise nicht nur im Wortsinn als „Chance“ begreifen, sondern auch als Katharsis, ja als Kairos. Als Jahrhundert-Ereignis ragt Corona aus der geordneten Zeiterfahrung heraus. Als Schreckensbild, aber auch als „rechter Augenblick“. In der Sprache der griechischen Mythologie: Nicht Chronos, der Gott der Sanduhr, sondern Kairos, der Gott der günstigen Gelegenheit, kommt jetzt, in ihrem Abklingen, zum Vorschein. Das ist eine kahlköpfige Figur mit einem Haarbündel an der Stirn – Sinnbild dafür, dass man die Gelegenheit am Schopf packen sollte.

Das heißt zunächst, die Hausaufgaben zu machen, die aus der Pandemie erwachsen. Es gibt Prinzipien, die aus dieser kollektiven Erfahrung ableitbar sind. Erstens hat sie den unschätzbaren Wert der Forschung, die binnen kurzer Zeit eine effektive Impfung ermöglichte, bestätigt. „Wissenschaft ist die einzige verlässliche Basis, um aktuelle und künftige Krisen zu bewältigen“, bringt es Ex-FWF-Präsident Klement Tockner auf den Punkt. Krisenbekämpfung sollte sich stets an wissenschaftlicher Evidenz orientieren. Die Ereignisse haben freilich gezeigt, dass gesicherte Befunde gerade anfangs nicht oder nur unzureichend vorhanden sind. In diesem Fall hat sich, zweitens, das Vorsichtsprinzip bewährt.

Warnung vor indischer Mutation

März 2020: Die österreichische Regierung hat in einer völlig neuartigen Situation frühzeitig reagiert und dadurch die erste Welle gut unter Kontrolle gebracht. Umgekehrt hat die allzu lockere Haltung letzten Sommer dazu geführt, dass im Herbst eine schmerzhaft große Corona-Welle herangerollt ist. Mit dem Long Covid-Syndrom werden deren Folgen erst jetzt vollständig sichtbar: Nach überstandener Krankheit leiden bis zu 30 Prozent der Genesenen an Langzeitsymptomen, die oft zu beruflichen Ausfällen führen.

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