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Die Ermächtigung des Herbert Kickl: Sein Reich komme?

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„Euer Wille geschehe“, lässt Herbert Kickls FPÖ neuerdings plakatieren. Die Botschaft ist mehr als Blasphemie: Sie beschwört das Ende der parlamentarischen Demokratie, wie wir sie kennen.

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„Euer Wille geschehe“, lässt Herbert Kickls FPÖ neuerdings plakatieren. Die Botschaft ist mehr als Blasphemie: Sie beschwört das Ende der parlamentarischen Demokratie, wie wir sie kennen.

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Ein gekreuzigter Frosch. Ein Fastentuch mit Totenschädel. Eine gebärende Maria. Oder ein (Letztes?) Abendmahl in Paris: Zahlreich waren zuletzt die Debatten darüber, wo die Freiheit der Kunst endet und wo „Blasphemie“ – im Wortsinn „Gotteslästerung“, faktisch eher die Verletzung religiöser Gefühle von Menschen – beginnt. So heftig das mediale Strohfeuer stets loderte: Oft haftete der Empörung etwas Forciertes, ja Unernstes an. „Haben wir keine anderen Sorgen?“, wollte man fragen.

Außerdem: Was wäre das für ein Gott, der sich durch (mehr oder weniger anspruchsvolle) Kunst eher gelästert fühlte als durch menschliche Barbarei und Terror, ausgeführt womöglich in seinem eigenen Namen? „Gott braucht die Verteidigung durch eifernde Hasser nicht“, meinte FURCHE-Chefredakteur Hubert Feichtlbauer schon 1980 anlässlich der Empörung über Gottfried von Einems Oper „Jesu Hochzeit“.

Auch in die neuen FPÖ-Wahlplakate mit dem Slogan „Euer Wille geschehe“ ist bislang kein göttlicher Blitz gefahren – obschon der Rückgriff auf das Vaterunser überdeutlich ist. Und doch ist diese kalkulierte Provokation aus der Werkstatt des selbsternannten „Volkskanzlers“ und nunmehr auch weichgezeichneten „Familienvaters“ Herbert Kickl von neuer Qualität. Es geht schließlich nicht nur um das zen­trale Gebet aller Christinnen und Christen; es geht um dessen völlige Umdeutung, ja Pervertierung: Das „Volk“ und dessen Wille werden an die Stelle Gottes gesetzt; und dieser wird – samt parlamentarischer Demokratie und Rechtsstaat – eliminiert.

Dämonische Kräfte bekämpfen

„Das Plakat ist nicht ,nur‘ Blasphemie, sondern Ausdruck einer postmodernen Dämonie“, meint dazu die Wiener Pastoraltheologin Regina Polak im FURCHE-Gastkommentar. „Euer Wille geschehe“: Das sei die „nichts und niemanden ernst nehmende Ankündigung eines politischen Projektes zur Zerstörung der liberalen, menschenrechtsbasierten Demokratie und ihrer Institutionen im Namen eines divinisierten ,Volkwillens‘ auf Kosten von ethnisch und religiös ,Anderen‘“. Mit solch dämonischen Kräften könne man am Ende nicht verhandeln oder kooperieren, man könne sie nur bekämpfen – ohne freilich vorhandene Probleme (konkret etwa jene im Bereich von Flucht und Migration) schönzureden oder gar zu leugnen. „Unterscheidung der Geister“: Auf diese Gabe kommt es also bis zum 29. September an.

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