Die Welt im Karsamstag
Die Pandemie hat die große wie die kleine Welt im Griff. Die Religionen sind gleichermaßen mitbetroffen. Ostern 2020 wird ein „Fest“ sein, wie es sich niemand vorgestellt hat.
Die Pandemie hat die große wie die kleine Welt im Griff. Die Religionen sind gleichermaßen mitbetroffen. Ostern 2020 wird ein „Fest“ sein, wie es sich niemand vorgestellt hat.
Die Gleichzeitigkeit ist frappierend: Auf der einen Seite erlebt die Welt einen Rückfall in viele nationale Wirs – in Europa besonders augenfällig: Auf mindestens 27 verschiedene Arten wird da versucht, mit der Corona-Pandemie fertig zu werden. Gleichzeitig ähneln sich die Strategien und Maßnahmen, abgesehen vom Zeitpunkt der Anwendung – selbst die Trumps und Bolsonaros dieser Welt sind längst auf diesen globalen Zug aufgesprungen. Globalisierung und Deglobalisierung in einem Atemzug. So etwas hat die Welt noch nie erlebt. Das trifft und betrifft auch die Religionen in ungeahntem Gleichklang: Die Kirchen der Welt sind ebenso leer wie die Moscheen und Synagogen. Und alle stehen gleichermaßen vor Problemen, wie mit dieser Situation im Großen wie persönlich umzugehen ist (vgl. dazu die Gedanken von Mouhanad Khorchide zu "Islam ohne Moschee").
Die katholische Welt und die aus der Reformation hervorgegangenen Kirchen bedenken in diesen Tagen Leiden, Tod und Auferstehung Christi – ihr höchstes religiöses Fest. Mehr als bedrückend, dass diese Feiern, die so mit Gemeinschaft zu tun haben, eben dieser Gemeinschaft entraten müssen. Schnell und mitunter unbeholfen zimmern die Religionsgemeinschaften an virtuellem Zusammensein – ob das funktioniert, und ob das auch die Religion nachhaltig verändert, vermag zurzeit noch niemand zu sagen: ein erzwungenes heiliges Experiment, dem man beiwohnen darf – und muss.
Ein erzwungenes heiliges Experiment
Papst Franziskus, der große Kommunikator der Christenheit katholischer Spielart, hat am 27. März mit dem Segen „Urbi et orbi“ auf dem regennassen leeren Petersplatz ein wirkmächtiges Zeichen für diese Zeit gesetzt (wie auch Gregor Maria Hoff treffend analysiert). Dahingegen kann man an den im Netz und auf den TV-Schirmen übertragenen Gottesdiensten sehen, dass es einfach nicht genügt, auf Gemeinschaft angelegte Liturgien nun ohne Beteiligung eines „Volkes“ einfach abzufilmen.
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