Fragen der Machttechnik

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Mit Migrationsthemen und den Muslimen kann man polarisieren. Und Wahlkampf machen. Türkise Politik versucht dies einmal mehr. Aber das ist noch kein Plan für die Gesellschaft.

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Mit Migrationsthemen und den Muslimen kann man polarisieren. Und Wahlkampf machen. Türkise Politik versucht dies einmal mehr. Aber das ist noch kein Plan für die Gesellschaft.

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Auch in der Demokratie geht es um Macht und um deren Erhalt. Das ist per se nicht verwerflich. Man muss gar nicht Macchiavelli bemühen, um zu konstatieren, dass im Widerstreit von politischen Konzepten Machttechniken ein wesentlicher Faktor zur Durchsetzung und eben Erhaltung von Macht sind.

Heute heißt derartige Machttechnik beispielsweise Message Control, an der Performance der türkisen Regierenden kann man den Erfolg dieser Methode ermessen. In der Demokratie richten sich die Machttechniken am Ziel aus, Wahlen zu gewinnen. Weil aber immer irgendeine Wahl dräut, gilt es, die Strategien darauf abzustellen. Nun also findet demnächst der Urnengang in Wien statt, und auch wenn die Bundesregierung eigentlich erst in gut vier Jahren wieder zur Wahl steht, sieht sich der türkise Mehrheitspartner der Koalition, der im Wiener Landesparlament bekanntlich auf nie gekannte Kleinheit geschrumpft ist, einmal mehr veranlasst, die Karte Migration im Allgemeinen und Muslime im Besonderen zu spielen.

Es ist kein Zufall, dass gerade jetzt die Diskussion um den „politischen Islam“ wieder hochkocht. Keine Frage, dass natürlich zu religiösem Extremismus und dem Vorfeld dazu hierzulande nachzudenken und politisch zu handeln ist. Aber wenn eine derart komplexe und genau nicht in einfache Slogans zu fassende Materie (es beginnt schon damit, sich darüber zu verständigen, was „politischer Islam“ genau ist) in einen Wahlkampf gezogen wird, kommt dabei kaum Gutes heraus. Zumindest nichts, was der Integration, also dem Zusammenleben dient.

Integration heißt zusammenführen

Als ob es eines Beweises für die neue „Zeit fokussierter Unintelligenz“ (© der damalige Wiener Bürgermeister Michael Häupl) be­durfte, kam Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka mit der Forderung heraus, Muslime müssten sich zu Verfassung und Rechtsstaat bekennen. Dass der zweite Mann im Staat sich eines derartigen Generalverdachts gegen die Angehörigen einer Religion befleißigt, ist alles andere als integrationsfördernd. Aber Sobotka ist in seiner Partei beileibe kein Einzelfall.

Auch Integrationsministerin Susanne Raab tut sich da erneut hervor. Integration heißt zusammenführen, meinte man, nicht: polarisieren. Aber die Ministerin will etwa über den – sachlich gut argumentierbaren – Vorstoß des grünen Koalitionspartners, ausgebildete Asylwerber in Mangelberufen nicht abzuschieben, nicht einmal reden. Und „romantischen Vorstellungen von Multi­kulti“ erteilt sie brüsk eine Absage, anstatt festzustellen, dass Multikulturalität einfach eine Tatsache ist, mit der man produktiv und nicht spaltend umgehen sollte.

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