Grund-Sätze auch in der Pandemie hochhalten

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Die Pandemie wirkt wie ein Brennglas – auch auf die Lage der Grundrechte. Versammlungs- oder Religionsfreiheit etwa dürfen genauso wenig zur Disposition stehen wie die Kinderrechte.

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Die Pandemie wirkt wie ein Brennglas – auch auf die Lage der Grundrechte. Versammlungs- oder Religionsfreiheit etwa dürfen genauso wenig zur Disposition stehen wie die Kinderrechte.

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Der deutsche Publizist Heribert Prantl, langjähriger Spitzenjournalist bei der Süddeutschen Zeitung und zuvor Richter und Staatsanwalt, wird seit Pandemiebeginn nicht müde, auf die Aushöhlung der Grundrechte unter dem Titel der Pandemiebekämpfung hinzuweisen. Prantls Ceterum censeo, das er nun auch in Buchform („Not und Gebot. Grundrechte in Quarantäne“, C. H. Beck 2021) wiederholt, lautet: Grundrechte gelten auch in der Pandemie, sie dürfen durch „Gesundheitsschutz“ nicht über Bord geworfen werden.

Auch wenn sich in Österreich kein geachteter Zeitzeuge vom Kaliber eines Heribert Prantl öffentlich so engagiert für die Grundrechte ins Zeug wirft, gibt es die diesbezügliche Debatte natürlich längst. Man erinnere sich an die flapsige Bemerkung, mit der Bundeskanzler Sebastian Kurz vor Jahresfrist die Kritik an den ersten Lockdown-Maßnahmen abgetan hat – der Verfassungsgerichtshof würde eh erst zusammentreten, wenn die Beschränkungen wieder außer Kraft seien. Bekanntlich hat der VfGH dann einigen dieser Maßnahmen doch Verfassungswidrigkeit bescheinigt, was für das Corona-Regime danach eine Beschränkung staatlicher Maßnahmen gebracht hat beziehungsweise das Bewusstsein dafür, was rechtlich (noch) möglich ist. „Das ist das Wunderbare an den Grundrechten: Sie gelten unabhängig vom Alter, unabhängig vom Einkommen, unabhängig von Rang und Hautfarbe, unabhängig von Glauben und Weltanschauung, unabhängig von Gesundheitszustand und Intelligenzquotient“, so Heribert Prantl in einem seiner Kommentare zum Thema.

Legistischer Aktivismus

Man muss diese Grund-Sätze des Gemeinwesens hochhalten – ob einem das nun gelegen kommt oder nicht: Ja auch, wenn es unsympathisch ist, dass rechte Agitatoren wie Herbert Kickl die Versammlungsfreiheit just in jenem Moment entdecken, in dem es in ihre populistische Agenda passt, gilt es, dieses Grundrecht zu verteidigen. Es bleibt ein Nachgeschmack, wenn sich der Staat hier polizeilich verteidigen zu müssen glaubt.

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