Medien und Politik: Abstand ist Anstand

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Die letzten Wochen haben ungekannte Einblicke in den politmedialen Maschinenraum offenbart – und zutage trat nichts Schönes. Nun braucht es einen Neustart – und mehr Distanz.

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Die letzten Wochen haben ungekannte Einblicke in den politmedialen Maschinenraum offenbart – und zutage trat nichts Schönes. Nun braucht es einen Neustart – und mehr Distanz.

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Es war eine Mischung aus Kammerspiel und Coaching-Stunde, die sich vergangenen Sonntagabend „Im Zentrum“ vor den Augen der Öffentlichkeit entfaltete. Historisch war die Sendung jedenfalls. „Elli, es ist vorbei!“ raunte Matthias Strolz seinem Vis-à-Vis Elisabeth Köstinger zu. Und je nach politischer Präferenz war man als Zuseher(in) von der Grandiosität oder auch Chuzpe dieses ikonischen Satzes, der die enge politische Vertraute von Sebastian Kurz plötzlich wie ein Sektenmitglied aussehen ließ, gepackt.

„Es ist vorbei“: Dieser Satz lässt sich freilich trefflich analysieren, und es beginnt gleich mit dem Subjekt. „Es“, das ist für die einen ein habituell korruptes „System Kurz“, dessen Machiavellismus und Menschenverachtung durch die Veröffentlichung abertausender Chats von Thomas Schmid endlich offenbar wurden. Entgegengesetzt die Wahrnehmung der unter Schock stehenden Sympathisanten: Sie empfanden „es“ eher als in der Geschichte der Volkspartei einzigartige Phase von Professionalität, Geschlossenheit und Sensorium für das, was „im Volk“ tatsächlich gewünscht wird und ankommt. Dass (zur Not frisierte) Umfragen eine wesentliche Grundlage dieser Politik darstellten und die eigenen Werte und Haltungen den Umfrageergebnissen relativ flexibel angepasst wurden, scheint indes klar. Ebenso klar ist, dass der Streit um die Legitimität oder Grundrechtswidrigkeit der Chat-Veröffentlichungen auf eine höhere Ebene gehoben und grundsätzlich geklärt werden muss.

Im „Vorhof der Macht“

„Es ist vorbei“: Dieser Satz muss freilich auch und besonders für die Verfilzungen zwischen Politik und einzelnen Medien gelten. Persönliche Bekanntschaften sind in einem kleinen Land wie Österreich nicht zu vermeiden, ja, Netzwerkpflege ist wesentlicher Teil der journalistischen Arbeit. Problematisch wird es dort, wo ein System gegenseitiger Abhängigkeiten und Erpressbarkeiten entsteht.

Genau ein solches hat freilich in Österreich Wurzeln geschlagen – beginnend mit dem trauten Stelldichein der Politik in Hans Dichands „Vorhof der Macht“ in der Kronenzeitung, über die legendären Boulevard-Deals des früheren Wiener Wohnbaustadtrats und späteren Ministers und Kanzlers Werner Faymann bis zur neuen türkisen Eskalationsstufe, geschönte Umfragen mit Scheinrechnungen auf Steuerkosten zu bezahlen.

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