Nach den Wahlen: Eine Portion Demut

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Der Wahlsonntag hat in Berlin und Graz für Erdbeben gesorgt. Aber auch in Linz gibt es keinen Grund für Euphorie. Gefragt sind nun ehrliche Selbstkritik – und Glaubwürdigkeit.

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Der Wahlsonntag hat in Berlin und Graz für Erdbeben gesorgt. Aber auch in Linz gibt es keinen Grund für Euphorie. Gefragt sind nun ehrliche Selbstkritik – und Glaubwürdigkeit.

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War es Realitätsverweigerung, war es Arroganz – oder raffinierte Taktik? Vermutlich war es eine Mischung von allem, die Armin Laschet vergangenen Sonntag im Berliner Konrad-Adenauer-Haus dazu trieb, das schlechteste Wahlergebnis für die Unionsparteien seit 1949 als Auftrag zur Regierungsbildung zu deuten. Tatsächlich birgt Laschets verstörende Ansage nicht nur für ihn selbst, sondern auch für viele Parteifreunde die letzte politische Überlebenschance. Scheitert der Wahlgewinner Olaf Scholz beim Versuch, eine Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP zu zimmern, stünde die CDU/CSU bereit, durch ein Jamaika-Bündnis „Verantwortung zu übernehmen“, wie es so schön heißt.

Gleichwohl liegt die große Christlich Demokratische Union nach dieser Wahl in Trümmern. Es ist das Ende einer Ära, in der es durch persönliche Glaubwürdigkeit, Haltung und Krisenfestigkeit von Angela Merkel gelungen ist, Profilunschärfen und Visionsarmut zu überblenden. Nun steht eine personelle wie programmatische Neuaufstellung an. Ob es klug ist, dafür anno 2021 Anleihen bei Helmut Kohl und Franz Josef Strauß zu nehmen, wie manche meinen, darf freilich bezweifelt werden. Es braucht neue Antworten angesichts einer diverseren Gesellschaft und des anstehenden sozial-ökologischen Umbaus. Auch die Versuchung, die deutsche Union nach österreichischem Vorbild in eine straff orchestrierte charismatische Bewegung umzuformen, birgt Gefahren. Erst recht, wenn dafür das christlich-soziale Wertefundament Schritt für Schritt untergraben wird.

Das Beste aus drei Welten?

„Ich empfehle uns eine Portion Demut“, meinte CDU-Wirtschaftsminister Peter Altmaier. Ein wichtiger Rat – nicht nur für seine Partei, sondern auch für die neuen Königsmacher in Berlin: Robert Habeck, der nach dem enttäuschenden Abschneiden von Annalena Baerbock den neuen grünen Mittelsmann gibt, und FDP-Chef Christian Lindner. Sie müssen nun das „Beste aus zwei Welten“ finden, das auch noch mit dem Besten aus SPD (oder CDU) kompatibel ist. Wie schwer ein solcher Dreierkompromiss werden könnte, zeigt das Beispiel Österreich, wo der Junior schon in einem Zweierpakt darum ringt, einen Rest an Glaubwürdigkeit zu bewahren.

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