SPÖ und ÖVP - die Selbstvergessenen

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Der Sozialdemokratie sind ihre Ideale abhandengekommen, die ÖVP verkauft ihre Werte zugunsten der Macht – und beide ignorieren die Jungen: über die Abdankung zweier Volksparteien.

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Der Sozialdemokratie sind ihre Ideale abhandengekommen, die ÖVP verkauft ihre Werte zugunsten der Macht – und beide ignorieren die Jungen: über die Abdankung zweier Volksparteien.

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„Man könnte in Versuchung kommen, die Vorgänge in der SPÖ als eine Tragikomödie zu sehen“: Diesen Satz formulierte Anton Pelinka anno 1966 in einem FURCHE-Kommentar über den Zustand der Roten. Tatsächlich war es ein erbärmliches Bild, das die einst so stolze Partei damals, nach dem Wahlverlust im März desselben Jahres, abgab. Die ÖVP hatte unter Josef Klaus die absolute Mandatsmehrheit errungen und stellte eine Alleinregierung, man fand sich auf der Oppositionsbank wieder und rang um einen Kurs. Innerparteiliche Kritik an fehlender Strategie angesichts bloßen Taktierens sowie an der Führung Bruno Pittermanns versuchte man mit dem Hinweis auf „Wirrköpfe“ zu ersticken – freilich vergebens. „Man könnte ruhig zusehen, wie eine noch immer große und noch immer mächtige demokratische Partei in eine Sackgasse läuft“, schrieb Pelinka daraufhin. „Aber man kann eben nicht ruhig zusehen, denn von der Zukunft des österreichischen Sozialismus hängt zuviel ab.“

Auch die Sozialdemokratie von heute befindet sich in einer Sackgasse und Tragikomödie – und deren Ausweglosigkeit bzw. Absurdität scheint noch größer zu sein als ehedem. Nach Jahren des kraft- und ideenlosen Verwaltens in der Löwelstraße sowie des lustvollen Querschießens in Eisenstadt hat sich der Frust in einer kafkaesken Mitgliederbefragungs-Posse samt kandidierender Giraffen entladen, in der am Ende niemand gewinnen kann. Pamela Rendi-Wagner (samt Geschäftsführer Christian Deutsch) ist nachhaltig beschädigt, nicht minder der ausgetrickste Kontrahent Hans Peter Doskozil. Weder der einen noch dem anderen kann mittlerweile zugetraut werden, die zerrissene Partei zu einen und geschlossen in die nächste Nationalratswahl zu führen.

Erfolg auch jenseits der (Twitter-)Blase?

Lachender Dritter könnte der Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler sein, der die Gunst der konfusen Stunde nutzte und sich als künftiger Parteichef in Stellung bringt. Tatsächlich verkörpert er als bislang Einziger eine (rote) Vision – und die Hoffnung, mit glaubwürdiger Politik und einem geerdeten Habitus auch über die linke Twitter-Blase hinauszuragen. Ob ihm das gelingt – und ob es überhaupt möglich ist, ohne Ressentiments die wachsende Anzahl jener Menschen zu gewinnen, die sich angesichts multipler Krisen und der digitalen Transformation überfordert fühlen und in einfachen Botschaften, alternativen Wahrheiten sowie Freund-Feind-Schemata Halt und Selbstvergewisserung suchen, wird sich zeigen.

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