Anschober-Rücktritt: Über Menschliches

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Art und Weise des Rücktritts von Gesundheitsminister Rudolf Anschober ringen Respekt ab – und geben zu denken. Was Spitzenpolitiker(inne)n zuzumuten ist – und was nicht.

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Art und Weise des Rücktritts von Gesundheitsminister Rudolf Anschober ringen Respekt ab – und geben zu denken. Was Spitzenpolitiker(inne)n zuzumuten ist – und was nicht.

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Wie 15 Jahre hätten sich die letzten 15 Monate angefühlt: Mit dieser Feststellung eröffnete Rudolf Anschober Dienstag dieser Woche seinen als „persönliche Erklärung“ annoncierten Rücktritt als Gesundheitsminister. Wobei er nicht nur dieses Amt innehatte: Da waren auch noch das riesige Sozialministerium, das nicht zu vernachlässigende Konsumentenschutzministerium, die Zuständigkeit für die Pflege(reform) sowie den im grünen Universum besonders heftig eingemahnten Tierschutz.

All das hätte schon in normalen Zeiten eine Überforderung bedeutet; doch in Pandemiezeiten barg dieses Mammutressort die Sollbruchstelle gleichsam in sich. Rudolf Anschober gab also seinen Rücktritt bekannt. Nicht etwa wegen Burnouts wie vor neun Jahren – denn „sonst stünde ich nicht hier“ –, sondern aus schierer Überarbeitung. Weil er sich „nicht kaputtmachen“ lasse und die Republik in dieser schweren Krise einen fitten Minister brauche, lege er seine Funktionen zurück.

Der Rückzug des wichtigsten grünen Ministers dieser Regierung nötigt Respekt ab – und gibt in vielerlei Hinsicht zu denken. Da wäre etwa die für österreichische Verhältnisse einmal mehr tabubrechende Offenheit hinsichtlich eigener Schwächen. So wie Anschober im Abgang die Verwundbarkeit des eigenen Körpers thematisierte, so hatte er schon zuvor stets eigene Fehler einbekannt – als hiesiger Solitär.

Pandemische Pannen

Tatsächlich waren die Fehler zahlreich in seinem Ministerium: Sie reichten von fehlerhaften Erlässen über die viel zu späte Neuaufstellung des von der FPÖ-Vorgängerin derangierten Hauses bis zu dysfunktionalen Corona-Ampeln und Stopp-Corona-Apps. Doch pannenfrei wäre wohl niemand durch diese Krise gekommen – auch keine Person mit größerer Entscheidungsfreude und geringerem Konsensbedürfnis. Dass fast die Hälfte von Anschobers EU-Ressortkollegen seit Pandemiebeginn das Handtuch geworfen hat, spricht für sich.

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