EU Fahnen - © Bild von icsilviu auf Pixabay

Ukraine-Krieg: Entsolidarisierung Europas?

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Das Ergebnis der Frankreich-Wahlen zeigt einen gefährlichen Trend. Europa und der Westen treiben nach kurzer „Zeitenwende“ wieder in Richtung nationaler Eigeninteressen. Der Profiteur: Wladimir Putin.

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Das Ergebnis der Frankreich-Wahlen zeigt einen gefährlichen Trend. Europa und der Westen treiben nach kurzer „Zeitenwende“ wieder in Richtung nationaler Eigeninteressen. Der Profiteur: Wladimir Putin.

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E s ist ein bekannter Spruch, dass einem das Hemd stets näher sei als der Rock. Dem „Hemd“, also dem Nächstliegenden, dem Eigenen gebührt in jedem Fall das allerhöchste Interesse, der Rest ist nachgeordnet. Diese Einstellung zum Leben und zur Welt klingt allzu simpel, aber sie ist bestechend erfolgreich: Gute Teile der Konsumgesellschaft und der Politik bauen seit mindestens 30 Jahren auf diesen einen Baustein: Ich-ich-ich. Die Schattenseite dieser Haltung besteht natürlich in der Ablehnung dessen, was nicht ich und mein ist: die Anderen, die bedürftigen Anderen und, noch schlimmer, die Anderen im Ausland.

Das hat sich schon im Umgang mit Griechenland in der Eurokrise 2010 gezeigt, in der Flüchtlingswelle 2015, und es zeigt sich seit Jahren in der Verweigerung, die Erderwärmung zu stoppen – wegen nationaler Interessen. Doch Ende Februar, als Putin die Ukraine angriff, war das plötzlich anders. Alles rief „Zeitenwende“ – und nun war mit einem Mal der Rock gefragter als das Hemd: die Moral, die Werte der Demokratie, die Rechte der Ukrainer, die Freiheitsrechte der Völker, die Kraft, sich gegen Unrecht mit allen Mitteln wehren zu dürfen, solidarisch zu sein. Es gab eine neue Eindeutigkeit: politisch klar in der Kritik, selbst Sanktionen nicht scheuend, die tief ins eigene Fleisch schneiden. Und militärisch war nun alles, was demokratische Beine hatte, im Sprint Richtung NATO unterwegs. Zeitenwende?

Abnützung der Solidarität

Die Parlamentswahl in Frankreich hat auf unverhohlene Weise gezeigt, dass die Botschaft vom „Rock“ noch nicht wirklich angekommen ist. Abseits aller innenpolitischen Krisen, Blasiertheiten und Unfähigkeiten von Emmanuel Macron muss festgestellt werden: Die Franzosen haben durch ihre Wahl mit den Parteien Jean-Luc Mélenchons und Marine Le Pens Politiker massiv gestärkt, die alles andere als Kritiker Wladimir Putins waren. Beide haben für die EU oder die NATO wenig übrig, beide konnten mit ihrer Globalisierungskritik punkten.

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