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Digital In Arbeit

Lexika auf CD ?

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Der Bildschirm hat Millionen Arbeitsplätze revolutioniert, nicht immer zur Freude derer, die vor ihm sitzen. Vielen Selbständigen wiederum, die ohne Hilfskräfte auskommen müssen, brachte vor allem die Textverarbeitung im Computer so große Vorteüe, daß für jene, die sich umgestellt haben, die Versuchung, zur Schreibmaschine zurückzukehren, ungefähr so groß ist wie vor zwei Menschenaltern die, wieder mit der Hand zu schreiben.

Aber die nächste große Revolution lauert vor der Tür: Die Veränderungen, welche die Verkleinerung und Verbüligung der Speichermedien bringen wird, sind noch nicht abzusehen.

Der „kleine Textverarbeiter“, der seine Zeitungsartikel, Romane, Geschäftsbriefe, kaufmännischen Angebote mit der Textverarbeitung schreibt, tut dies heute mit Geräten, die vielleicht ein- bis zweimal so viel wie eine gute elektrische Büroschreibmaschine kosten, und speichert auf seiner Festplatte mühelos mehrere tausend Maschinschreibseiten Text, die in beliebig vielen Versionen greifbar bleiben und immer wieder variiert werden können. Manche lassen sich von entsprechen-. den Programmen die Rechtschreibung kontrollieren, die „Trefferzahl“ alltäglicher Silbentrennungsprogramme hegt heute bei schätzungsweise 90 Prozent.

In Redaktionen, Verlagen,Theatern gehört das nicht mit der Schreibmaschine getippte, sondern „ausgedruckte“ Manuskript zum Alltag.

Die Bibel ist bereits auf 16 Disketten zu haben, speichert man sie auf Festplatte, kann man über ein Suchprogramm jede Textstelle in kürzester Zeit auffinden und mit etwas mehr Zeit auch jede einzelne Stelle, an der ein bestimmter Name aufscheint.

Gesellschaftspolitisch fragwürdige Veränderungen kommen möglicherweise von der Weiterentwicklung der ROM's, der ,.Read only memories“, das heißt von Speichermedien, deren Inhalt dem Benutzer zur Verfügung steht, aber nicht verändert werden kann. Also vom elektronischen Gegenstück zum Buch.

Dafür bietet sich die jedem Musikliebhaber bekannte Compact Disc (CD) an. Sie eignet sich nicht nur zum Speichern von Musik,sondern ebenso von gewaltigen Textmengen. Speichert man den gesamten Inhalt eines der heutigen 25bändigen Großlexika auf einer CD, wird sie schätzungsweise zu einem Drittel ausgenützt.

Beim Lesegerät wird es sich wohl um ein Ding für wenige tausend Schilling handeln, da die wesentlichen Bauteüe mit denen der in Massen produzierten CD-Spieler ident sind. Es wird die Möglichkeit bestehen, ein und dasselbe Gerät als Lese- und als Plat-tenspielgerät zu benützen.

Das Problematische dabei ist, daß dieses Medium hohen Kapitaleinsatz erfordert, daß die Mutterplatte der Großserie außerordentlich teuer sein wird, daß dann aber riesige Mengen davon billig hergestellt werden können. Dies würde, sollte sich die CD als Speichermedium für Computer durchsetzen, ein Informationsprivüeg bedeuten: Institutionen, Konzerne, Interessierte jeder Art könnten der Masse jener, für die das Buch out und der Computer in ist, die ihnen genehmen Inhalte, „pur“ oder kombiniert mit dem, was gerade gefragt ist, auf die Büdschirme und in die Hirne schaufeln.

Eine Chance für den „Großen Bruder“? Gerade im Windschatten der technischen Faszination, die von solchen Innovationen ausgeht, segelt er gut. Derartige Entwicklungen dürfen daher nicht ignoriert werden.

Eine mächtige Konkurrenz für die CD als Datenspeicher wird der Zugriff zu Datenbanken per Telefon büden, weü Datenbanken leicht up to date gehalten werden können. Auch hier ist eine Nutzung als Beeinflussungsmedium gut denkbar, etwa im „Huckepack-Verfahren“ als Zugabe zu kostenlosen Informationsangeboten. Im Privatbereich steht und fällt die Nutzung solcher Angebote mit den Telefonkosten. Uber-tragungsverfahren für 20 Megabyte pro Sekunde (= rund 5.000 Seiten A4) sind in Arbeit und werden die benötigten Telefonzeiten drastisch reduzieren.

Auch die Festplatte Bekommt Konkurrenz. Ihre Speicherkapazität ist auf den ersten Blick gewaltig, aber sie ist mit ihrer hohen Umdrehungszahl ein heikler mechanischer BaüteU, ein grober Stoß kann nicht nur das Gerät, sondern auch den gesamten gespeicherten Inhalt vernichten. Ist er nicht auf Duplikat-Disketten gesichert, bedeutet dies für den Betroffenen eventuell eine Katastrophe.

Heute sind Festplatten für PC's, also auf dem Schreibtisch stehende Personalcomputer, mit einer Speicherkapazität von über 90.000 30zeiligen Seiten A4 in Entwicklung, Speichermedien ohne bewegliche Bauteüe mit ähnlichen Kapazitäten werden vorerst viel teurer sein.

Während aber mechanische Elemente immer ihr Geld kosten, tendieren rein elektronische Bauteüe zu drastischen Preisstürzen — beim PC in den letzten Jahren um bis zu 90 Prozent.

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