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Liberale ohne Ideologie

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Was ist los mit der FPÖ? Seit ihrer Niederlage bei den letzten Nationalratswahlen im Oktober des Vorjahres — immerhin wähnte sich FP-Obmann Friedrich Peter schon als Vizekanzler in einer SP/FP-Koa-litiönsregierung — und seit der Aufdeckung der mit „problematisch“ äußerst unzulänglich beschriebenen früheren Vergangenheit des obersten Chefs tritt die FPÖ im Schatten der österreichischen Innenpolitik auf auf der Stelle. Alles, was sie in den letzten elf. Monaten tat oder unterließ, war von der Absicht bestimmt, Gras über die Ereignisse im Herbst 1975 wachsen zu lassen. Diese Strategie hat sich für den Langzeitobmann insofern bewährt, als seine Wiederwahl beim Vil'lacher Parteitag am 18. und 19. September wieder gesichert ist. Dadurch steht heute schon fest, daß Friedrieh Peter 1978 ein Jubiläum besonderer Art im Schoß seiner Partei wird feiern können: Das Jubiläum der zwanzigjährigen Parteiführung; nie lenkte in Österreich ein Bundesobmann länger die Geschicke einer Partei.

Friedrich Peter hat den Villacher Parteitag sehr geschickt inszeniert: Seine schärfsten Kritiker — die Jungen, die Kärntner und die Tiroler Landesorganisation — hat er teilweise besänftigt, teilweise in die Verantwortung eingebunden. Die Jun-gen läßt er hoffen, daß er 1978 — im Jahr des Jubiläums — endgültig als Parteiobmann abtreten werde. Den Kärntner Parteiobmann Ferrari-Brunnenfeld machte er gegen den Widerstand der Landes-Parteiorga-nisation zu seinem fünften Stellvertreter. Dem Tiroler Parteiobmann Gerulf Stix machte er klar, daß seine Landesorganisation zu schmalbrüstig ist, um an der Spitze mitreden zu können.

Als die Gefahr bestand, daß Peter die Zahl seiner Stellvertreter von vier auf drei werde reduzieren müssen, daß also buchstäblich alles beim alten bliebe, setzte er Ferrari und den oberösterreichischen Parteiobmann Horst Sehender als seine Stellvertreter durch. Man darf Friedrich Peter durchaus zutrauen, daß er — wenn möglicherweise nicht auch schon 1978 — seinen Nachfolger an der Spitze der FPÖ wird selbst be-

stimmen dürfen. Wie die Dinge liegen, heißt sein Favorit Horst Sehender, kein Mann der großen Perspektiven, ein Mann des Apparats, dem es gelang, in verhältnismäßig kurzer Zeit die oberösterreichische FP-Organisation zur größten unter den B undesl ä nd er- F ilialen aufzubauen. Dagegen blieb er im oberösterreichischen Landtag bislang eher farb-und erfolglos.

Seinen sachpolitischen Rückstand macht er freilich durch machtpolitische Bedeutung wett. Im Hinblick auf die nächste Landtagswahl in Oberösterreich ist er derzeit nach beiden Seiten offen. Noch 1973 neigte er eher zur Volkspartei, heute zeigt er auch sehr gute Verbindungen zum neuen SP-Obmann Oberösterreichs, zu Rupert Hartl. In dieser Beziehung scheint der der deutschnationalen Tradition verpflichtete Sehender tatsächlich ein würdiger Nachfolger seines ehemaligen Schwiegervaters Peter zu sein.

Die jüngeren FP-Funktionäre (Jörg Haider, Norbert Steger, John Gudenus, Holger Bauer, Karl Sevel-da) genießen in der Öffentlichkeit den Ruf, liberale Vorreiter in der eigenen Partei zu sein. Obwohl sie alle akademisch geschult sind, ist freilich noch keiner von ihnen mit liberalen Standpunkten an die Öffentlichkeit getreten.

Was immer sich die Freiheitliche Partei in den letzten Jahren vornahm — die durchschlagskräftige Vertretung der sozialen Aufsteiger, des neuen Mittelstandes, der leistungsbewußten höheren Angestellten, der genossensebaftsvenirosse-nen Bauern —, das alles hat fehlgeschlagen. Geblieben ist sie ein sehr kleines Auffangnetz für jene Wähler, die aus welchen Gründen immer, weder die eine noch die andere Groß-partei in einer bestimmten Situation aus ganz bestimmten Gründen wählen wollten. Es ist ihr nicht einmal gelungen, so eine Art „Mode“-Pairtei zu werden, die man wählt, um Individualität zu demonstrieren.

Seit Anfang der siebziger Jahre ist die FPÖ in einer Situation, in der sie nichts ist, wenn sie nicht Drehpunkt der Bewegungen der anderen Parteien in Wahikämpfen war.

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