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Liberalismus als nationales Bekenntnis

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Ob Norbert Steger, bisher Wiener Landesobmann der Freiheitlichen und Abgeordneter zum Nationalrat, die Alexander-Götz-Nachfolge als FPÖ-Bundesparteiobmann antreten kann, soll ein umstrittener Parteitag Anfang März entscheiden. Exklusiv für die FURCHE schreibt er heute über die ihm von uns gestellte Frage, wie er als Obmann liberale Wähler für die FPÖ hinzugewinnen und gleichzeitig die nationalen FP-Stammwähler halten möchte.

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Ob Norbert Steger, bisher Wiener Landesobmann der Freiheitlichen und Abgeordneter zum Nationalrat, die Alexander-Götz-Nachfolge als FPÖ-Bundesparteiobmann antreten kann, soll ein umstrittener Parteitag Anfang März entscheiden. Exklusiv für die FURCHE schreibt er heute über die ihm von uns gestellte Frage, wie er als Obmann liberale Wähler für die FPÖ hinzugewinnen und gleichzeitig die nationalen FP-Stammwähler halten möchte.

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Bittet man heute politisch engagierte Menschen, den Begriff Liberalismus näher zu definieren, stößt man in den meisten Fällen auf Unkenntnis seitens der Befragten.

Eine Erklärung dafür ist leicht gegeben. Der Liberalismus ist nämlich zu einem „Streitobjekt" politischer Verbände geworden und nahezu jede größere wahlwerbende Gruppe beansprucht für sich das Recht, die eigentliche Heimstätte liberaler Menschen zu sein.

Wie kann man daher vom umworbenen Wähler, dem einfachen Staatsbürger, verlangen, Auskunft über den Liberalismusbegriff zu geben? Viel zu verworren sind die dafür strapazierten Schlagworte, fließend die ideologischen Grenzen, so daß die Standortbestimmung des wahren Liberalismus (?) nicht leichtfällt.

Wenn sich eine politische Partei wie die FPÖ für die Verwirklichung liberaler Wertvorstellungen einsetzt, so ist dies nicht jener taktische Opportunismus, der zu mehr Wählerstimmen führen soll. Liberal im heutigen, modernen Sinn - und nur so kann diese politische Wertvorstellung interpretiert werden - bedeutet auf der Grundlage des freiheitlichen Manifest zur Gesellschaftspolitik absolute Priorität auf die Individual-, Grund- und Freiheitsrechte des Menschen auf allen gesellschaftlichen Ebenen.

Es sind keine billigen Schlagworte, wenn davon die Rede ist, wie sehr der Mensch in seiner Umwelt von Institutionen wie einer hydraartigen Bürokratie oder einem immer allmächtiger werdenden Staat förmlich erdrückt wird und dadurch seine eigentlichen Lebensbereiche immer mehr eingeengt werden. Als Rufer in der Wüste hat die Freiheitliehe Partei immer vor gefährlichen Entwicklungen dieser Art gewarnt und wird jetzt, da die Menschen der 80er Jahre diese echten Gefahren zu spüren beginnen, ihr politisches Engagement besonders in dieser Richtung noch mehr verstärken. Den klassisch-liberalen Bürger unserer Zeit kennzeichnet heute ein hohes Maß an Toleranz, eine starke Weltoffenheit auf der einen sowie der Kampf gegen Chauvinismus und Bürokratie auf der anderen Seite.

Ein moderner Liberalismus, so wie wir ihn verstehen, braucht jedoch in seiner Verwirklichung unbedingt ein Ordnungsprinzip. Dieses muß anerkannt und eingehalten werden, um die uns wertvollen Freiheitsbegriffe in unserem Gesellschaftssystem auch mit Inhalten beleben zu können. Aus der Sicht der FPÖ kann einem falschen Liberalismus, der zur Beseitigung erhaltenswürdiger Traditionen führt, keinesfalls das Wort geredet werden.

Wir müssen zur Kenntnis nehmen, daß es in unserer Gesellschaft tatsächlich heute viele historisch gewachsene Wertvorstellungen gibt, die ein Liberaler einfach verteidigen muß. In möglichst vielen Bereichen des täglichen Lebens eigene Entscheidungen zu treffen und die Gestaltung desselben nicht anonymen Machtapparaten oder Institutionen zu überlassen, muß daher ebenso zum politischen Credo eines freiheitlich liberalen Wählers zählen.

Alle diese hier kurz angeschnittenen Definitionen vertragen sich gleichzeitig mit dem zweiten politischen „Standbein", das immer mit der FPÖ verbunden wird. Dem nationalen Element in der Partei. Auch dieses kann man am Beginn der 80er Jahre und an der Schwelle eines neuen Jahrhunderts nur modern definieren und mit zukunftsbezogenen Zielsetzungen erfüllen.

Die Basis aller „nationalen Arbeit" gilt daher der Erhaltung gewachsener Gemeinschaften und Strukturen. Die kleinste ist dabei die Familie, die größte gegenwärtig das von uns im politischen Programm angestrebte

vereinte Europa. Modern-national ist vor allem das vorher erwähnte und absolut notwendige Ordnungsprinzip zur Verwirklichung der liberalen Gemeinschaft. Als Beispiel einer modernen nationalen Poütik für die Erhaltung des, Volkstums sei hier nur am Rand unsere Stellung zur Atomfrage angeführt. Als medizinische Gefahrenquelle hat die Kernkraft erwiesenermaßen negativen Einfluß

auf die Erhaltung des menschlichen Lebens und somit auf die Gesundheit unseres Volkes.

Die FPÖ wird sich dem allgemeinen Buhlen um jene oftmals wahlentscheidenden Liberalen nicht anschließen. Sie hat auch für die Zukunft Inhalte und Wertvorstellungen anzubieten, die einer modernen Interpretation des Liberalismusbegriffes standhalten, ohne damit bisherige

Stammwählerschichten abzuschrek-ken.

Was wir uns wünschen, sind kritisch-engagierte Staatsbürger, die Begriffe wie Eigenverantwortung und persönliche Initiative im Zeitalter des aussterbenden Individualismus zu schätzen wissen. Wir haben keine Sorgen, daß die Befürworter dieses Standpunktes dabei nicht an die FPÖ denken.

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