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Licht im Kopf

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Der Sprecher des Verteidigungsministeriums in Tel Aviv gab mir bereitwillig Auskunft, als ich ihn fragte, was Israel, außer den eroberten Gebieten, im Sechs-Tage-Krieg gewonnen habe: „Eine kürzere Verteidigungslinie, nämlich 600 Kilometer statt 950 Kilometer. Und eine um zehn Minuten verlängerte Alarmzeit.” Das war 1970. Drei Jahre nach dem Sechs-Tage-Krieg, drei Jahre vor dem Jörn Kippur-Krieg.

Zwei Wochen nach Ausbruch des Golfkrieges veröffentlichte eine Gruppe, die sich „Kritische Juden” nennt (mit dem Sitz in Berlin und Zürich), eine Erklärung, in der es unter anderem heißt: „Sollten die USA nebst Verbündeten schließlich diesen Krieg gewinnen, wird langfristig die islamische Welt danach trachten, Israel atomar zu vernichten...Ruhe und Sicherheit kann Israel auf Dauer nur erreichen, wenn den Palästinensern unter Anerkennung des jüdischen Staates das Selbstbestimmungsrecht zugestanden wird.”

Die „Kritischen Juden” sind natürlich Illusionisten. Die Politik verläuft nach anderen Gesetzmäßigkeiten. Israel braucht jetzt mehr Waffen, um sich besser verteidigen zu können. Und die wird es auch bekommen. Israel hat die Atombombe schon. Irgendein arabischer Staat wird früher oder später auch in den Besitz nuklearer Waffen kommen. Jetzt soll die neue Friedensordnung ausgehandelt werden - aber es fehlt an Visionen für einen wirklichen Frieden, und es fehlt vor allem an Menschen, die solche Visionen schrittweise in die Tat umsetzen könnten.

Noch eine Erinnerung an den Israel-Aufenthalt vor mehr als 20 Jahren: Ich äußerte den Wunsch, mit Uri Avnery zu reden, der damals eine EinMann-Opposition in der Knesset bildete. „Was, zu dem Verräterwollen Sie?”, empörtesich mein Führer. Avnery, der dann Journalist wurde, war 1934 als zehnjähriger Harald Ostermann aus Hannover nach Israel gekommen. Er tritt für eine Föderation zwischen Israel und einer zu gründenden arabischen Palästina-Republik ein. In der Folge soll daraus eine große Konföderation aller Staaten in der semitischen Region werden. Vor drei Juhren hat der „Verräter” ein Buch mit dem Titel „Mein Freund, der Feind” veröffentlicht.

Ein Illusionist war auch der jüngst verstorbene Friedrich Dürrenmatt, der in einem Essay über Israel bemerkt, daß das Paradox des Friedens darin bestehe, daß er nicht aus dem Krieg, sondern nur aus dem Frieden heraus entwickelt werden könne.

Und einer der größten Illusionisten schrieb: „Aber es muß zunächst licht in den Köpfen werden.” Das steht ziemlich am Schluß von Theodor Herzls Schrift „Der Judenstaat”.

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