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Literaturpreis für Nichtschreibende
Man kann sagen, daß es zu wenig Literaturpreise gibt. Jeder Autor, der sich für preiswürdig hält - also praktisch jeder Schreibende - wird es bestätigen. Man kann aber auch sagen, daß es zu viele Literaturpreise gibt, wenn man sieht, wie sie immer wieder an einige berühmte Schriftsteller verteilt werden. Was ein weiterer Preis für den einen oder aftderen Bestseller-Giganten bedeutet, kann ich mir nicht vorstellen: Er kann weder sein Vermögen noch sein Prestige nennenswert erhöhen, also auch keine neuen Impulse fürs Schreiben geben. In solchen Fällen dient die Erteilung des Preises nur dem Preis selbst - sein Prestige wächst, wenn seine Preisträger große Namen tragen.
Die Frage ist indes: Ist es gut, Menschen zum Schreiben zu ermuntern? Gibt es nicht bedrucktes Papier genug? Sicher: Ein junger oder weniger junger Anfänger, durch einen Preis zum Weitermachen beflügelt, kann bedeutende literarische Werke schaffen, die ihn und auch die Leser glücklich machen oder zumindest bereichern werden.
Es kann aber auch sein, daß der Text, der bei einer Jury Beachtung fand, ein einmaliger oder ein zufälliger Treffer war. Und der Autor, mit dem Preisdiplom als Bestätigung seines Könnens in der Hand, sich nun ein Leben lang mit dem Schreiben herumplagt, ohne daß etwas dabei herauskommt. Nur wenige Schicksale sind schlimmer als das Los eines verkannten Dichters, besonders, wenn er zu Recht nicht anerkannt wird.
Natürlich ist privates Schreiben eine harmlose Beschäftigung. Sie hat eindeutig positive Auswirkungen auf den Schreiber selbst -manchmal erweckt sie sogar bei ihm Interesse für Literatur und Kunst, und auch für Allgemeinheit.
In der Zeit, in der man mit dem Schreiben beschäftigt ist, treibt man keinen anderen Unfug.
Wer allerdings glaubt, daß er nur für sich allein schreibe, belügt sich selbst. Geschriebenes Wort ist eine Mitteilung an andere Menschen, es will an die Öffentlichkeit kommen. Was oft für den Autor - und zum Teil sogar für die Öffentlichkeit -ungute Folgen haben kann.
Deshalb wäre es nötig, für das Nichtschreiben zumindest gleich starke Anreize zu schaffen wie für das Schreiben. Ein Preis zum Beispiel für nichtgeschriebene Lyrik -genauso ehrenvoll und mit der gleichen Summe dotiert, wie einer für geschriebene - könnte viele Verseschmiede für andere Hobbies frei machen. Ich bin überzeugt, daß Medienredakteure und Verlagslektoren gerne so einen Preis aus eigener Tasche subventionieren würden. Jeder Bewerber müßte nur den Plan seines Romans einreichen, und dazu eine eidesstattliche Erklärung, daß er ihn nie schreiben werde.
Solche Preise für nichtgeschriebene Werke würden zumindest diejenigen vom Schreiben abhalten, die es nur deshalb tun, weil sie glauben, daß sie so zu Ruhm und Geld kommen. Die anderen kann nichts vom Schreiben abhalten.
Das Problem ist die Dotierung der Preise. Literaturpreise in der heute üblichen Höhe können nur Amateure, Anfänger und solche professionelle Autoren vom Schreiben wegführen, die auf dem Markt wenig Erfolg haben. Diese Kategorien von Schreibern sind aber nicht sehr gefährlich - bei ihnen ist der Weg vom Manuskript zur Veröffentlichung lang und dornig. Viel wichtiger wäre, manche Bestsellerschreiber zum Berufswechsel zu animieren. Woher aber soll man die Gelder nehmen, die sie bewegen könnten, auf ihr Geschäft zu verzichten.
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