7072499-1993_06_10.jpg
Digital In Arbeit

LOS-VON-ROM MIT GEZÜCKTEM SCHWERT

Werbung
Werbung
Werbung

Die Lega Nord ist 1989 aus der schon früher gegründeten Lega Lom-barda und anderen regionalen Vereinigungen hervorgegangen. Als Protestpartei wird sie vom Senator Umberto Bossi aus Varese straff autoritär geführt. Den ersten großen Erfolg bescherten ihr die Wähler letzten April bei den Parlamentswahlen, als die Lega Nord viertstärkste politische Kraft in Italien wurde. Ein gigantischer Triumph gelang ihr bei den Kommunalwahlen in der norditalienischen Provinz Mantua (300.000 Wähler) 1992. Die Parteien der Regierungskoalition stürzten von insgesamt 44,3 auf 23,3 Prozent der Stimmen ab. Die Lega Nord wuchs von 20,5 auf 34,2 Prozent an. Ein schlimmes Ergebnis fuhren die Christdemokraten - Rückgang von 21 auf 14,8 Prozent - und die Sozialisten von Ministerpräsident Giuliano Amato ein, die von 12,7 auf 6,4 Prozent abfielen. Die ehemaligen Kommunisten (jetzt PDS) wurden mit 18 Prozent zweitstärkste Partei in der Provinz.

In Mantua manifestierte sich der Protest gegen das italienische Parteiensystem: der Korruptionsskandal von Mailand, in dem es um dreistellige Millionenbeträge von Schmiergeld an Parteien für öffentliche Aufträge geht, der weite Kreise gezogen hat, war für die Wähler Grund genug, gegen den Betrug zu stimmen. •*

Bei den Gemeindewahlen in Varese, Monza und Reggio Calabria am 13. und 14. Dezember des Vorjahres gab es eine erneute Niederlage für die DC und den PSI. In der Lega Hochbürg Varese erreichte Bossis Bewegung 36 Prozent - doppelt soviel wie die dort seit Jahrzehnten fuhrende DC. Auch in Monza erhielt die Lega mehr als 30 Prozent. Im Süden, wo die Lega Nord nichts verloren hat, wandten sich die Wähler dem Movimento Sociale Italiano (MSI), den Neofaschi-sten, zu. Die vier Regierungsparteien DC, PSI, PSDI und PLI kamen in Reggio Calabria auf rund die Hälfte der Stimmen. Gewinner bei diesen

Kommunalwahlen war auch eine Protestbewegung aus Sizilien, ,La Rete” (das Netz), die vom früheren Bürgermeister von Palermo, Leoluca Orlando, im Kampf gegen die Mafia ins Leben gerufen wurde.

Zurück zur Lega Nord: Ihre Symbolfigur ist ein Ritter, der mit gezücktem Schwert sich zum Angriff bereit darstellt. Damit greift die Lega auf ein historisches Vorbild aus dem 12. Jahrhundert zurück, als eine Liga lombardischer Städte sich den zentralisti-schen Herrschaftsansprüchen Kaiser Friedrich Barbarossas erfolgreich widersetzte.

Ihre Hauptstoßrichtung geht gegen die durch Skandale angeschlagenen Christdemokraten und Sozialisten. Sie polemisiert erfolgreich gegen die römische Regierung und versucht den Eindruck zu erwecken, der in Norditalien erarbeitete Reichtum werde im Mafia-verseuchten Süden verpulvert. Die Lega Nord steht für die Aufteilung Italiens in autonome Makro-Regionen, wegen ihres Wirtschaftsegoismus haben sich Kirchenvertreter gegen die Lega ausgesprochen.

Der im Eingangsartikel (Seite 9) zitierte Publizist Rolf Uesseler schreibt über die Zusammensetzung der Lega-Anhänger: „Die Reihen der Aktiven wie Repräsentanten der Lega in Parlamenten und Institutionen spiegeln von allen Parteien und politischen Bewegungen am genauesten die Zusammensetzung der italienischen Gesellschaft wider. Rund ein Drittel der Mitglieder ist unter dreißig Jahre alt, und damit ist die Lega jünger als die Grünen es sind. Knapp die Hälfte hat Hauptschulabschluß und knapp ein Drittel der Funktionäre/Parlamentarier sind Arbeiter - mehr als in der alten PCI (der Kommunistischen Partei). Einziges demographisches Handicap der Lega sind die Frauen. Zwar kommen von ihnen 50 Prozent der Wahlstimmen, aber sie stellen nur acht Prozent der Mitglieder.” Uesseler will die Lega Nord nicht ins rechte Eck abgedrängt wissen, die Leghi-sten vertreten seiner Ansicht nach die „Interessen der egoistischen Mitte der Systemgewinner”.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung