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Macht der neuen Bilder

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Zwei bemerkenswerte Beispiele für Kunst in kirchlichen Räumen gibt es in Kärnten - die neue Pfarrkirche von Wölfnitz und die neuausgestaltete Seminarkirche in Tanzenberg.

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Zwei bemerkenswerte Beispiele für Kunst in kirchlichen Räumen gibt es in Kärnten - die neue Pfarrkirche von Wölfnitz und die neuausgestaltete Seminarkirche in Tanzenberg.

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Winzige Dörfer im Hügelland um Klagenfurt, einige Bauernhäuser um eine Kirche geschart — das waren Tultschnig, Lendorf, St. Andrä. Die meist in ihrer Grundsubstanz romanischen Kirchen in der Gegend wurden durch die Siedlungstätigkeit im Umkreis der Landeshauptstadt in den letzten Jahrzehnten zu klein. In Wölfnitz mit seinen heute etwa 2600 Katholiken gab es bisher keine Kirche. Schon 1967 war ein Baugrund erworben worden, wegen Geldmangel kam das Vorhaben eines Kirchenneubaues nicht über das Stadium eines ersten Entwurfes hinaus.

Der Pfarrer und der seit 1978 in Wölfnitz existierende Pfarrgemeinderat waren hocherfreut, als 1983 der neue Diözesanbischof Egon Kapellan den längst anstehenden Kirchenneubau versprach. Eine gemeinsame Besichtigungsfahrt zu Kirchenneubauten in den Diözesen Salzburg und Linz brachte die Entscheidungsgrundlagen für einen beschränkten Architektenwettbewerb, aus dem der Entwurf des Villachers Gernot Kulterer einstimmig von den Fachleuten und den Pfarrvertretern zur Durchführung ausgewählt wurde (siehe auch Interview mit Bischof Kapellan auf dieser Seite). Nach etwa zweijähriger Bauzeit wurde heuer im Juni die Kirche Johannes dem Täufer geweiht.

Kirchenraum und Glockenturm der Pfarrkirche Wölfnitz erinnern an von den Kärntner Scheunen und den romanischen Kirchtürmen vertraute Formen. Die auf einem Hügel gelegene Baugruppe — Pfarrzentrum und Pfarrhof gehören noch dazu - fügt sich von der Bundesstraße her und von den gegenüberliegenden Hügeln der umgebenden Landschaft harmonisch ein.

Im Kircheninneren eine sichtbare Dachkonstruktion aus hellem Holz, eine Empore, eine kleine Werktagskapelle, rötlicher Fliesenboden. Der Pfarrsaal bietet variable Gestaltungsmöglichkeiten, Kinder- und Jugendräume in Keller- und Dachgeschoß.

Der Platz vor dur Kirche ist nach einer Seite zu einer Spielwiese offen, für Ostern oder Fronleichnam gibt es eine Festwiese, dazwischen Kieswege, die freundliche Kärntner Landschaft ist einbezogen. Wechselnde Wolkenstimmungen erhellen oder verdunkeln das Kircheninnere.

Die flache Altarwand — der Tabernakel steht in einer kleinen Rundapsis - hat der Kärntner Johannes Zechner künstlerisch gestaltet: auf weißem Hintergrund ein Lamm, scherenschnittartig, eine Taube, aus Industrieglas. Links vom Tabernakel Szenen aus dem Leben des Täufers, auf neben- und übereinander montierten Tafeln in kräftigen Eitem-perafarben, manche sind zusätzlich mit Filz oder Metall beklebt, sehr abstrakt. Die Wege, die „dem Herrn bereitet“ werden sollen, ähneln den hölzernen Schienen einer Kindereisenbahn. Auf dem rechten Teil der Altarwand ein Glasfenster mit „Taufmond“, daneben ein „Taufberg“. Auf seinem blauen Untergrund werden in Hinkunft alle Täuflinge mit Vornamen und Taufdatum verewigt. Für die Werktagskapelle fehlt noch der Bilderschmuck — vielleicht wird es eine alte Marienstatue aus dem Dorf?

Manche Pfarrangehörige, auch andere Kirchenbesucher, sind nicht glücklich mit dieser Innenausstattung, über sie wurde auch nicht durch einen gemeinsamen Meinungsbildungsprozeß entschieden, der Vorgang des An-nehmens steht wohl noch aus. Aber die Ausstattung läßt Raum für Phantasie, für Assoziationen.

Inmitten geschichtsträchtigen Kärntner Bodens, auf dem Zollfeld, erhebt sich auf einem Hügel das Schloß Tanzenberg. Ende des vorigen Jahrhunderts baute der Olivetanerorden das Renaissanceschloß um zu einer Abtei, der prunkvolle Festsaal mußte einer neuromanischen, dreischiffigen Emporenbasilika mit Rundapsis weichen. 1953 kam das Kloster in Besitz der Diözese, das bischöfliche Seminar „Maria-num“, Knabenseminar und Bundesgymnasium mit Tagesheim zog in die bei erster Annäherung Monumentalität und Geschlossenheit signalisierenden Räumlichkeiten.

Die unvollendet gebliebene überdimensionierte neuromanische Kirche erhielt in den letzten Jahren eine ornamentierte Holzdecke, einen Fußboden aus Kärntner Marmor und einen steinernen Altar. Die künstlerische Ausgestaltung der Apsis wurde dem 1935 geborenen Kärntner Valentin Oman, einem ehemaligen Tänzenberg-Zögling, “übertragen. (Siehe auch Interviews mit Bischof Kapellari und mit Valentin Oman auf dieser Seite.) Von Mai 1986 bis Juni 1987 arbeitete Oman an der Gestaltung eines Flügelaltars, der Wände in den Seitenapsiden und der Chorwände.

Der Flügelaltar ist aus Holzplatten zusammengesetzt und zeigt eine vom Christus-Antlitz bekrönte T-Kreuzform auf Goldgrund, im geschlossenen Zustand wird ein Kreuz auf violettem Grund sichtbar. Starker Lichteinfall hinter den in Bogen endenden Altarflügeln verstärkt den Kontrast zwischen blau-rotem Kreuz und Goldgrund.

Für die Wandmalerei hat Oman Kaseintemperafarben in mehreren Schichten aufgetragen, diese jeweils mit Gazetüchern überklebt und nach dem Trocknen die Tücher - samt Farbresten - wieder abgezogen. Der Eindruck alter Fresken ist entstanden. Die schreitenden Menschen an den Wänden haben verschwommene Umrisse, ihre Gesichter sind nur angedeutet, sie wirken nüchtern und einfach. Trotzdem lockt es, sich dem Zug einzuordnen. Die Menschen sind miteinander unterwegs, gehen auf ein Ziel zu.

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