7060010-1991_32_13.jpg
Digital In Arbeit

Märchenprinz im Flugzeug

19451960198020002020

Theater für Kinder und Jugendliche, das ist doch keine Kunst, das ist doch allenfalls ein Mittel zur Rettung verregneter Samstagnachmittage, oder? Das Festival „Luaga & Losna" in Bludenz und Umgebung beweist das Gegenteil.

19451960198020002020

Theater für Kinder und Jugendliche, das ist doch keine Kunst, das ist doch allenfalls ein Mittel zur Rettung verregneter Samstagnachmittage, oder? Das Festival „Luaga & Losna" in Bludenz und Umgebung beweist das Gegenteil.

Werbung
Werbung
Werbung

Dieses Festival, das heuer zum dritten Mal stattfand, ist mittlerweile ein Fixpunkt in der sommerlichen Kulturlandschaft Vorarlbergs geworden. Das läßt sich auch an den Zuschauerzahlen ablesen: rund hundert Personen pro Vorstellung schätzt Veranstalterin Margit Rausch-Daves. Und das, obwohl die Spielorte keineswegs zentral lagen: zum Beispiel die Freizeithalle in Brand oder der umfunktionierte Stall auf der Rinderalpe, in dem es Puppentheater zu sehen gab.

Das Angebot für die kleinen Leute und deren (oft ebenso begeisterte) große Begleiter war reich und vielfältig: Märchenaufführungen gab es da genauso wie von den jeweiligen Gruppen selbst erarbeitete Stücke oder moderne Klassiker der Kinderliteratur wie Janoschs „Oh, wie schön ist Panama". Situationskomik und Clownereien wechselten ab mit Pantomime und tanzorientierten Darbietungen. Auch in sprachlicher Hinsicht gab es einiges Ungewöhnliches. So etwa das Stück „Sunday, Sunday" des Schweizer „Theätre de la Grenouille" (in Zusammenarbeit mit den Australiern Clark Crystal und Arthur Baratta), das in erfundener Sprache gespielt wurde oder das Puppentheater Domröschen des ENSV Riiklik Nukutheaters aus Estland, das in deutscher und estischer Sprache geboten wurde.

Ein Element, das aber so gut wie nirgends fehlte, war die Musik. Sei es nun in Form einer Klangkulisse aus Blas- und Schlaginstrumenten, sei es in Form von Liedern, die eben im Stück gesungen wurden.

„Luaga & Losna", das ist mehr als eine Reihe von Theateraufführungen für Kinder. Es ist auch dazu da, österreichischen und internationalen Theatergruppen eitlen Einblick in die Arbeit der Kollegen zu bieten. Deshalb wurde nach den jeweiligen Stücken angeregt diskutiert, ob die Rahmenerzählung passend war, was von Regie und Dramaturgie zu halten war und wo die Stärken und Schwächen der betreffenden Schauspieler gelegen sind. Bei aller Kollegialität: die Kritik war ehrlich und - oft unerwartet - streng, ohne jedoch unfair oder verletzend zu werden.

Austausch unter Kollegen

Die Schauspieler und Theatermacher kritisierten aber nicht nur, sie tauschten auch untereinander Erfahrungen aus, machten einander Angebote zur Zusammenarbeit und hatten - abseits der harten Arbeitsrealität, die das Festival für sie darstellte -auch eine Menge Spaß miteinander. Da wurde außerhalb der professionell inszenierten Stücke viel miteinander geblödelt und spielerisch improvisiert.

Die Schauspielerin Andrea La-tritsch-Karlbauer von der Kärntner Theatergruppe „Nanu" stellt den Organisatoren ein hervorragendes Zeugnis aus: „Hier hat man wirklich das Gefühl, daß man rundherum gut betreut ist", meinte sie, „das ist längst nicht bei allen solchen Festivals der

Fall. Manchmal kommt es vor, daß man behandelt wird wie das Letzte." Das Lob der Kärntnerin gilt hier vor allem dem Ehepaar Margit Rausch-Daves und Johannes Rausch, die das Festival in Zusammenarbeit mit dem Verkehrsverband Bludenz/Brand organisiert haben. Wie eine Mitarbeiterin der beiden erzählt, ist das Paar eigentlich das ganze Jahr hindurch damit beschäftigt, neue, interessante Theatergruppen aufzustöbern, die dann nach Bludenz eingeladen werden. Und - so ganz nebenbei - haben sie auch noch eine eigene Theatergruppe, in ihrem Heimatort Nen-zing.

Kindertheater keine Kultur?

Vorarlberg ist offenbar ein guter Boden für Kinder- und Jugendtheater, möglicherweise nicht zuletzt wegen der räumlichen Nähe zur Schweiz, wo sich auf diesem Gebiet einiges tut. In Österreich ist die Lage der freien Gruppen je nach Bundesland recht unterschiedlich. Finanziell sieht es in Vorarlberg, Salzburg und Linz recht gut aus. „Dann wird's aber traurig", erklärt Myrto Dimitriadou, Obfrau der ASSITEJ (Österreichischer Verein Kinder- und Jugend-Theater). Besonders schlimm soll es in Kärnten sein. Dabei wurde die einzige Kärntner Gruppe, das oben erwähnte Ensemble „Nanu" erst jüngst vom Unterrichtsministerium ausgezeichnet. Aber „Kinder- und Jugendtheater wird von den Subventionsgebern kaum als Kultur betrachtet sondern eher als .Kinderkacke'", meint Dimitriadou. Der Stellenwert, den die jüngsten Staatsbürger hierzulande haben, sei auch daran abzulesen, wie mit dem Kinder- und Jugendtheater umgegangen werde.

Trotzdem, es tut sich was auf diesem Gebiet, und das ist wohl in der Hauptsache dem Idealismus, dem Improvisationstalent und der Kreativität der - meist selbst noch sehr jungen - Theaterleute zu verdanken. Die können zwar damit kaum Reichtümer verdienen, aber dafür umso mehr ehrliche Begeisterung ernten, von ihren kleinen Zuschauem und von den Großen, die nicht vergessen haben, daß sie selbst auch einmal Kinder waren.

Architekturschätze im Jüdischen Museum

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung