7033497-1989_40_11.jpg
Digital In Arbeit

Mäuse machen Medien

19451960198020002020

Mit der Übertragung ihres kompletten Umbruchs via Standleitung in eine fast 200 Kilometer von der Redaktion entfernte Druckerei setzt die FURCHE im Medienwesen neue Maßstäbe.

19451960198020002020

Mit der Übertragung ihres kompletten Umbruchs via Standleitung in eine fast 200 Kilometer von der Redaktion entfernte Druckerei setzt die FURCHE im Medienwesen neue Maßstäbe.

Werbung
Werbung
Werbung

Die Zeiten, in denen sich der Journalist, um einen Artikel zu schreiben, an die Schreibmaschine setzte und ein Blatt Papier einspannte, gehörennun auch in der FURCHE der Vergangenheit an. Schon im April 1989 haben Computer der Marke „Apple“ Einzug in die Redaktion gehalten, und fast alle Kolleginnen und Kollegen der Redaktion haben sich-inzwischen auf die neue Technik ein- und umgestellt. Sie haben gelernt, wieman am Bildschirm Texte schreibt, berechnet und bearbeitet, wie man sie

speichert und wie man sie auf Disketten überspielt. An der rein journalistischen Arbeit hat sich ansonsten nicht allzu viel geändert, abgesehen davon, daß noch ein paar Codes gelernt werden mußten, die den Texten hinzuzufügen sind, damit der so hergestellte „Satz“ auch in der richtigen Schrift in die Produktion der Zeitung geht.

Das faszinierend Neue besteht darin, daß sich diese Produktion dank der modernen Technik nun fast völlig innerhalb von Redaktion und Verwaltung der FURCHE abspielt und ein Teil des ohnehin kleinen FURCHE-Teams sich jetzt auch dieser Aufgabe widmet. Vermehrt widmet.

Da die FURCHE Neuerungen, auch aus Kostengründen, stets aufgeschlossen war, hatte sie schon in den letzten Jahren nicht nur Manuskripte, sondern vor allem von FUR-CHE-Texterfasserinnen - nicht Redakteuren - erstellte „Typoskrip-te“, die auch bereits einmal auf Korrektur gelesen waren, in die bisherige Druckerei, das Nieder-österreichische Pressehaus in St. Pölten, geschickt.

Diese „Typoskripte“ waren mit Codes versehen, die ein Lesecomputer in der Druckerei entzifferte, worauf er den Satz in der richtigen Schrift auswarf. Dieser Satz wurde nebst Illustrationen nach einem vorgezeichneten Layout auf der entsprechenden Seite plaziert. Von dieser stellte man nach einem nochmaligen Korrekturgang dann die Druckplatte her.

Nun schreiben die FURCHE-Texterfasserinnen keine Typoskripte mehr, sondern widmen sich zunächst den vielen Beiträgen von Gastautoren (während ja die meisten FURCHE-Redaktionsmit-glieder ihre Artikel schon selbst in den Computer tippen) und später den notwendigen Korrekturen. Jeder Beitrag wird zweimal ausgedruckt und korrigiert, einmal nur als Beitrag für sich und einmal auf der bereits fertiggestellten Seite; in diesem Arbeitsgang werden auch notwendige Kürzungen vorgenommen oder auch noch fehlende Elemente - etwa Zwischentitel - eingefügt. Mit den Computern hat die FURCHE zu diesem Zweck auch zwei Druckgeräte, einen Nadeldrucker „Image Writer II“ von Apple und einen Laserdrucker „P3400PS“ von Agfa, angeschafft.

Geschrieben werden die Beiträge auf mehreren Apple-Geräten derTy-pen „Macintosh SE“ und „Macintosh Plus“ mit dem Programm „Microsoft Word“, gestaltet wird die Zeitung auf einem „Macintosh II“. Das Softwareprogramm „Pagemaker“ der Firma Aldus macht es möglich, in Sekundenschnelle Beiträge in der gewünschten Schriftgröße und Spaltenbreite auf dem Bildschirm zu plazieren und ganze Seiten dort nach einem geplanten Layout zu „umbrechen“', wie es in der Branchensprache heißt. Standardelemente

wie Seitenüberschriften oder Kolumnentitel sind natürlich auf Dauer im Computer eingespeichert.

Ein wichtiges Hilfsmittel dabei ist die „Maus“. Durch Hin- und Herbewegen dieses kleinen grauen Gerätes auf einer glatten Unterlage lassen sich auf dem Bildschirm nach Wunsch Titel, Fotos oder Absätze plazieren oder verschieben, mit entsprechenden Kommandos auch vergrößern oder verkleinern. Durch das Erlernen bestimmter Kurzkom-mandos für die Computertastatur läßt sich der Gebrauch der Maus auch etwas reduzieren und Zeit bei der insgesamt doch recht zeitaufwendigen Arbeit gewinnen.

Mit den von der Diskette abgerufenen Texten läßt sich zwar auf dem Bildschirm schon der Großteil einer Zeitungsseite gestalten, aber noch fehlen die Illustrationen. Um sie einzufügen, gibt es zwei Möglich-

keiten. Entweder man schickt die entsprechenden Fotos oder sonstigen Vorlagen in die Druckerei, läßt dort eine Reproduktion herstellen und diese in die ansonsten fertige Seite einbauen. Meist haben dann die Bilder eine etwas bessere Qualität. Oder man bedient sich eines Scanners, um die Seite bereits auf dem Bildschirm komplett zu machen.

Die FURCHE arbeitet mit einem Scanner der Type „Focus S 800 GS“ der Firma Agfa und dem Programm „MacView Plus“. Damit lassen sich im wahrsten Sinn des Wortes die Licht- und Schattenseiten von Bildern abtasten und, mit einiger Geduld und sehr viel Fingerspitzengefühl, die richtigen Kontraste ermitteln und im Optimalfall sogar ähnliche Ergebnisse wie bei der herkömmlichen Reproduktion in der Druckerei erzielen. Viel einfacher ist es natürlich mit Strichzeichnungen - etwa Karikaturen -oder Schwarz-weiß-Graphiken.

Sind nun auch die Illustrationen am richtigen Platz, ist zwar die Bildschirmseite komplett und kann ausgedruckt und einem letzten Korrekturgang unterzogen werden, aber die Zeitung ist - auch wenn Seite um Seite gestaltet ist - damit natürlich noch nicht fertig. „Medienhersteller“ bleibt die Druckerei, wenn auch praktisch alle wichtigen Vorarbeiten zum Druck bereits in der Redaktion passiert sind.

rungen mit derartigen Übertragungen von Hartberg nach Graz. Der Einsatz modernster Software erwies sich als notwendig, um wirklich schnell via Standleitung die nötigen Daten aus der Wiener Singerstraße in die Grazer Schönaugasse übertragen zu können.

Um das „Paket“, das da nach Graz geschickt wird, gut schnüren zu können, wird das Komprimierungsprogramm „Stuffit f“ verwendet, die eigentliche Übertragung besorgt das Programm „VersaTerm Pro“. Damit wurde es möglich, die Übertragungszeit einer kompletten FUR-CHE-Nummer (ohne Fotos, diese werden noch zum Großteil per Boten in die Mur-Stadt gebracht) auf etwa anderthalb Stunden zu senken.

Die erste so produzierte und in Graz gedruckte FURCHE halten Sie in Händen. Wenn man weiß, wieviel Arbeit und technisches Know-how dahintersteckt, zweifelt man sicher nicht mehr daran, daß es sich bei der FURCHE um ein „intelligentes Produkt“ handelt.

Das einfachste wäre nun, mit einer oder mehreren Disketten in eine Druckerei zu wandern, die mit den entsprechenden Geräten zum Ausdruck dieses Materials ausgestattet ist. Ist sie das (noch) nicht, kann man natürlich auch - wie die FURCHE in den letzten Monaten - ohne besonderen Qualitätsverlust einen Laserdrucker-Ausdruck als Druckvorlage in die Druckerei schicken (wobei die Fotos allerdings gesondert behandelt werden müssen).

Die FURCHE druckt nun ab dieser Nummer in einer entsprechend ausgestatteten Druckerei, bei Styria in Graz, kämpfte aber in den Wochen vor dieser Umstellung um die Lösung folgender Frage: Wie befördert man die fertigen Seiten rasch über eine Entfernung von 200 Kilometern? Selbst in unserem hoch-technisierten Zeitalter betritt die FURCHE damit, zumindest in Österreich, aber vermutlich sogar weit darüber hinaus, Neuland. Auch Styria sammelte gerade erst Erfah-

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung