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Mäzenatentum aus Vorstandsetagen

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Auf Mäzene und Förderer hat die Kunst noch nie verzichten können. Unter dem Diktat der leeren Kassen sollen und dürfen jetzt auch in Österreich die Unternehmer einspringen und dem Staat aus der Finanzklemme helfen. Ist das gut für die Kunst oder nur für die Wirtschaft?

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Auf Mäzene und Förderer hat die Kunst noch nie verzichten können. Unter dem Diktat der leeren Kassen sollen und dürfen jetzt auch in Österreich die Unternehmer einspringen und dem Staat aus der Finanzklemme helfen. Ist das gut für die Kunst oder nur für die Wirtschaft?

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Wird man in Österreich wie im Sport auch bald in der Kunst vom „Millionen-Poker“ oder vom „Millionen-Deal“ reden? Seit Jahrzehnten gehen Sport und Kommerz Hand in Hand, fließen Milliarden in Fußball, Tennis, den Motor- oder Skisport. Relativ schnell konnten die Unternehmer Werbebotschaften transportieren und ein großes Publikum via Fußballeiberl oder Rennanzug mit „ihrem“ Markenbild vertraut machen.

In kaum eine Branche wird soviel hineingesteckt wie in den Sport. Auch — neben wirtschaftlichen Überlegungen — aus purer Lust, aus Spaß an der Freud', als Mäzen auftreten zu können und sonstigen kleinen Eitelkeiten.

Jetzt haben die Unternehmer ihr Herz für die Kunst entdeckt. Kunst und Wirtschaft sollen nun endlich auch in Österreich verknüpft werden, und das im beiderseitigen Interesse.

Daß die Finanzkraft von Betrieben und Konzernen verstärkt in mehr Kultursponsoring umgeleitet wird, klingt positiv. Einerseits, weil unter dem Druck der leeren Staatskassen der Förderungstopf für Kunstschaffende ohnehin nicht mehr so voll wird. Andererseits, weil durch Sponsoren Künstler die Möglichkeit haben, sich nicht mehr ihre Brotherren allein unter den politischen Kräften suchen zu müssen.

So hart wie beispielsweise in Großbritannien soll hingegen diese Verschiebung nicht stattfinden. Der Staat, so machte Frau Thatcher ihren Künstlern klar, hat endgültig als „big Spender“ ausgedient. Es ist Schluß mit der Wohlfahrtsmentalität und den staatlichen Dauerzuschüssen. Auch die Kultur muß sich dem freien Wettbewerb aussetzen, dem harten Brot des Wirtschaftslebens, und schauen, wo sie ihr Geld herkriegt. Wer da nicht überlebensfähig ist, der muß halt zusperren.

Daß die Unternehmen jetzt einspringen sollen und dürfen, ist ein europaweiter Trend. Schätzungen zufolge haben zwar erst rund

800 Unternehmen auf dem alten Kontinent eine erfolgreiche Brük-ke zur Kultur gesehlagen und Sponsoraktivitäten in ihre Unternehmensphilosophie aufgenommen, aber die Tendenz ist stark steigend.

Auch in Österreich gibt es sogar schon eine Kunstprojektbörse, durch die Firmen animiert werden sollen, sich via attraktiver Sponsoringangebote an Kunstprojekten zu beteiligen, an Konzerttourneen, Tonbandführer für Museen, Kindertheater oder Rockkomödien. Ob Film, Musik, Design, Theater - den Förderungswilligen sind plötzlich keine Grenzen mehr gesetzt.

Dabei ist in Österreich dieses Interesse der Wirtschaft an der Kunst gar nicht neu. Es überraschen sogar die Leistungen, die schon geschehen sind. Teilweise fast unter Ausschluß der Öffentlichkeit, teilweise unter großer Medienbeachtung, frei nach dem Motto: Tue Gutes und rede darüber, schreib“ und laß“ viel schreiben (dazu Beispiele auf den folgenden Seiten).

Selten ist es reines Mäzenatentum, also die ideelle Anerkennung, mit der ein Betrieb oder ein Konzern der Kunst Finanz- oder Sachhilfe gewährt. Eher kommt ein durchdachtes Geben und Nehmen im beiderseitigen Interesse zum Tragen. Zwar stehen auch da Kunstkenntnis und Interesse Pate bei den Sponsoring-Entscheidungen, aber Betriebe sind genötigt zu rechnen und ihr Geld eher in Kunstaktivitäten zu stecken, für die es sich auch lohnt. Kaum ein Unternehmen hat in Österreich wirklich etwas zu verschenken, dafür sorgen letztlich der Fiskus, die Mitinhaber, Aktionäre oder die Belegschaft. Kunst und Kommerz werden daher meist in der Hoffnung verknüpft, Produkte oder Dienstleistungen besser verkaufen zu können. Auch das Liebäugeln mit Prestigegewinn spielt eine Rolle. Immerhin ist gerade heute der Stellenwert der Wirtschaft und des Unternehmertums nicht gerade hoch. Das Management dieser Sponsoraktivitäten übernimmt daher meist die jeweilige PR-Abteilung, wirkliche Kunstsachverständige wie Germanisten, Musikwissenschafter oder Kunsthistoriker leistet sich hingegen kaum jemand.

Trotzdem muß man die Anfänge und die langjährigen Tätigkeiten des Kunstsponsoring in Osterreich positiv beurteilen. Einerseits konnte die Kunst noch nie auf Mäzene verzichten, andererseits vermehrt sich auch die Künstlerschar trotz schlechter Zukunftschancen und gestiegenen Ansprüchen.

Unbemerkt von der Öffentlichkeit. Denn die wird hauptsächlich über das heimische Kulturleben durch Berichte über baufällige Museen oder defizitäre Theater informiert. Kaum jemand interessiert sich für die rund 800 österreichischen Autoren, deren Einkommen laut Wiener Zeitung durchschnittlich 6.000 S&ülling beträgt, das der jüngeren liegt noch darunter.

In der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung Österreichs betrugen hingegen 1986 die unver-teilten Gewinne und das Einkommen aus Besitz und Unternehmungen 340 Milliarden Schilling, schreibt Kontrollbank-Chef Helmut H. Haschek in einer Broschüre. Würde nur ein Prozent davon für Kunst im weitesten Sinn verwendet, sind das satte drei Milliarden. Und damit kann man schon etwas anfangen.

. Welche Art Kunst die Wirtschaft nun fördern will und wird, muß wohl ihr überlassen bleiben. Was sich jedoch der Staat erspart, das kann er stärker den weniger publikumswirksamen und mehr risikobehafteten Projekten widmen. Das ergäbe ein sinnvolles Neben- und Miteinander der öffentlichen und privaten Förderung.

Ein Miteinander, das auch angestrebt wird, und ohne das die Kunst wohl nicht auskommt.

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