6872826-1978_31_10.jpg
Digital In Arbeit

Mäzene gesucht!

Werbung
Werbung
Werbung

Zu den beiden Berichten über Entwicklungshilfe in den Nummern 23 und 24 der FURCHE, in denen auch das Institut für Internationale Zusammenarbeit erwähnt worden war, nimmt der Leiter des Institutes, Prof. Dr. Otto Winkler, ergänzend Stellung:

Das Landjugendprojekt in Cipata (Zambia) ist tatsächlich eines unserer afrikanischen Musterprojekte. Es ist aber ein Irrtum, daß die Unterstützung dieses Projektes von staatlicher Seite verweigert wurde. Da es sich um ein ländliches Projekt in einem Schwerpunktland handelt, kann es mit voller Unterstützung der staatlichen Entwicklungshilfe rechnen.

Ich habe den Eindruck, daß die staatliche Entwicklungshilfe zwei Fliegen auf einen Schlag erledigen will: die Förderung österreichischer Wirtschaftsinteressen und die Beachtung entwicklungspolitischer Kriterien, deshalb der Versuch einer gewissen Konzentration auf Schwerpunktsektoren, also auf den ländlichen Raum. Projekte für die ländliche Bevölkerung in Afrika, die in die allgemeine Entwicklungsplanung dieser Staaten mehr oder weniger integriert sind, können durchaus mit Unterstützung aus den Mitteln der bilateralen technischen Hilfe Österreichs rechnen. Gerade das Beispiel von „einem intensiven Einsatz von Entwicklungshelfern”, der „Rinder unter die mittleren Bauern” bringt, „die wenigstens einen Stall bereitstellen können, um ihnen die Grundvoraussetzungen beizubringen, wie eine Kuh und ein Kalb aufgezogen werden müssen”, bezieht sich auf ein ausschließlich aus staatlichen Mitteln finanziertes, ja sogar auf zwischenstaatlichen Verträgen beruhendes Großobjekt.

Das eigentliche Problem liegt wo anders. Die vom Finanzminister für die bilaterale technische Assistenz zur Verfügung gestellten Mittel werden trotz anhaltender weltweiter Inflation auch nominell immer weniger. Für die „Projektförderung” stehen nur mehr Budgetmittel in einer Höhe zur Verfügung, die 100 Millionen knapp übersteigen. Das ist nur ein Siebentel jener berühmt-berüchtigten 0,1 Prozent vom Bruttonationalprodukt, mit dem Österreichs „öffentliche Hilfe” an letzter Stelle unter den Industriestaaten figuriert Das andere sind Pflichtbeiträge zu internationalen Organisationen und Banken sowie Exportförderungsmaßnahmen. Es ist unmöglich, mit 100 Millionen Schilling eine Entwicklungspolitik zu machen, die diesen Namen verdient. Um trotzdem das Bestmögliche daraus zu machen, versucht die Gruppe Entwicklungshilfe im Bundeskanzleramt, durch Konzentration und Sparmaßnahmen wenigstens einige Projekte sicherzustellen, die diesen Namen verdienen. Außerdem ist sie selbstverständlich dem Interessentendruck ausgesetzt, der wirtschaftspolitische oder handelspolitische Gesichtspunkte durchsetzen will, und kann diesen Interessentendruck nicht unbeachtet lassen, solange nicht seitens der Öffentlichkeit ein größerer Interessentendruck hinsichtlich besserer Entwicklungsprojekte ausgeübt wird.

Was nun den von P. Lebret geförderten nationbildenden Mythos anlangt, wollen wir das Kind ruhig ehrlich beim Namen nennen: Afrikanischer Sozialismus. Lebret hat sich Anfang der sechziger Jahre sehr bemüht, diese Ideologie zusammen mit seinem Freund Leopold Senghor zu entwickeln. Die Einsicht, daß in vielen Entwicklungsländern ein auf die betreffende Kultur- und Wirtschaftslage abgestimmter Sozialismus vielleicht die bestmögliche Entwicklung dieser Völker und Staaten orientieren kann, bedeutet natürlich noch lange nicht ein Bekenntnis zu einer bestimmten europäischen Sozialistischen Partei oder zur Sozialistischen Internationale.

Zweifellos ist Afrika tatsächlich der Kontinent vor den Toren Europas, der wirtschaftlich ein Hoffnungsgebiet Europas hinsichtlich seiner Rohstoffe als auch seiner Absatzmärkte darstellt und der heute und in den kommenden Jahren leider zu einem Kampfgebiet zwischen sowjetkommunistischen und amerikakapitalistischen Interessen geworden ist und zu werden droht. Unter diesem Gesichtspunkt ist es sicher nicht falsch, in diesem Kontinent einen Schwerpunktbereich europäischer Interessen zu verfolgen und Leuten, die in einer angemessenen Form des Sozialismus für sich und ihre Länder eine brauchbare Lösung sehen, bei einer möglichst demokratischen und offenen Verwirklichung dieser Ideen beizustehen. In diesem Sinne wird die staatliche Entwicklungshilfe heutzutage sicherlich beeinflußt, obwohl dies nicht offen gesagt wird.

Trotzdem ist die im Artikel gezogene Folgerung, daß „selbst in personeller Hinsicht… nach Parteigesichtspunkten ausgewählt” werde, „so als ob nur Sozialisten allein Entwicklungshilfe leisten könnten”, ungerecht. Parteipolitische Kriterien haben hinsichtlich der Auswahl des Personals weder bei den Entwicklungshelfern noch bei den Experten bis heute irgendeine Rolle gespielt. Wir haben genug echte Probleme mit der wachsenden Gängelung durch die staatlichen Stellen und die damit verbundene Bürokratisierung.

Die in Ihrem Artikel über Lateinamerika (Furche Nr. 24/16. 6. 1978) aufgezählten Personalprojekte wurden und werden gut zur Hälfte von unserem Institut verwirklicht. Hier besteht allerdings tatsächlich die Gefahr, daß infolge der staatlichen Schwerpunktpolitik zugunsten Afrikas uns in Zukunft zu wenig Mittel zur Verfügung stehen. Wir wären daher dankbar, wenn sich, durch Ihre Artikel angeregt, Mäzene finden würden, die unsere Projekte in Lateinamerika auch finanziell unterstützen. Es handelt sich im wesentlichen um Basisprojekte mit indianischer oder mestizi- scher Landbevölkerung sowie um einige Einsätze an sozial aufgeschlossenen Universitäten, die ihrerseits derartige Projekte fördern.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung