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Mafia sucht Geldwäscher

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Weil das Geschäft gut geht, schwimmen Rauschgifthändler in Geld. Die „schmutzigen“ Banknoten via Kreditinstitut zu „waschen“, wird aber immer schwieriger.

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Weil das Geschäft gut geht, schwimmen Rauschgifthändler in Geld. Die „schmutzigen“ Banknoten via Kreditinstitut zu „waschen“, wird aber immer schwieriger.

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Vor wenigen Monaten war in einer bundesdeutschen Wirtschaftszeitung in einem Bericht über den Iran folgende bemerkenswerte Formulierung zu lesen: „Das Dilemma der Mullahs mit dem Grundübel aller Arten von illegaler Bereicherung ist symptomatisch für die meisten Regime des Nahen Ostens, wo sich Kor-

ruption so tief in die Systeme eingefressen hat, daß sie zu deren Erhaltung lebensnotwendig geworden ist… Hinzukommen freilich auch noch sehr unterschiedliche Vorstellungen der Europäer und Orientalen darüber, was ethisch vertretbar ist. So gilt im Nahen Osten zweifellos manches noch als legitim, was in Europa längst die Gerichte befassen würde.“

In der Zwischenzeit sind Ereignisse eingetreten, die an der Berechtigung einer derartigen europäischen Überheblichkeit zwei he der Einlage und schon gar nicht über deren Herkunft müssen Auskünfte erteilt werden. Es sei denn, Polizei- oder Finanzbehörden hegen den dringenden Verdacht auf kriminelle Hintergründe. Nachweise gelingen da bekanntlich nicht sehr häufig.

Nun hat die Schweiz für solche „Anlageprobleme“ immer schon Lösungen angeboten. Und so fließt auch ein großer Teil—genau kennt man ihn natürlich nicht — der Drogen- und Mafia-Gelder in unser kleines Nachbarland. Kofferweise werden Banknoten von Kurieren der mehr oder weniger ehrenwerten Gesellschaften in Zürich abgeladen und dort in Franken umgetauscht. Allen ist dabei gedient: Die Händler brauchen nicht auf ihren Geldbergen zu sitzen und haben sie auch noch recht gut versteckt. Die Banken zahlen einen eher bescheidenen Einlagenzins, veranlagen ihrerseits die Beträge aber zu wesentlich günstigeren Konditionen.

Bisher haben sich die schweizerischen Banken lediglich in einer

Bei der Bank für internationalen Zahlungsausgleich in Basel ist ein Ausschuß installiert, dessen Aufgabe die Kontrolle und Vereinheitlichung aller Bankenbestimmungen und die Bankenüberwachung ist. Dieser Ausschuß, in dem Vertreter der Zentralbanken und Aufsichtsbehörden der einzelnen Länder vereinigt sind, hat vor kurzem eine Grundsatzerklärung zur Verhütung des Mißbrauchs des Bankensystems für Geldwäscherei verabschiedet. Darin werden die Banken weltweit angehalten, ihre Kunden genauer zu identifizieren und illegale Transaktionen abzuwehren.

Falls die Schweiz nun tatsächlich unter dem Eindruck der Affäre Kopp ihre Vorschriften und deren Durchsetzung verschärft, könnte sich für Österreich Handlungsbedarf ergeben. Der österreichische Bankplatz mit seinem Bankgeheimnis bietet nämlich ei-

ne hervorragende Ausweichmöglichkeit. Bisher sind bei uns keine Geldwäscherei-Skandale bekannt geworden. Zwar gibt es auch bei uns ein Gentleman- Agreement, daß Einleger größerer Barbeträge zur Ausweisleistung „geladen“ werden; doch ist die Grenze mit 100.000 Dollar relativ großzügig gesetzt. Wie durchsetzbar eine solche „Ladung“ ist, wenn um die Ecke ein anderes Institut vielleicht weniger penibel ist, steht auf einem anderen Blatt. Jedenfalls könnten hier demnächst einige Probleme auf uns zukommen.

fein lassen. Dabei wird gar nicht auf die österreichische Lucona- Affäre angespielt. Diese ist im internationalen Vergleich imdurchsichtiger Geschäfte eher eine Lappalie.

Die Schweiz hat hier wieder einmal wesentlich mehr Format bewiesen. Das zeigen die Ursachen, die den Rücktritt der Bundesrätin Elisabeth Kopp bewirkt haben. Die Tatbestände in dieser Angelegenheit führen geradewegs zur internationalen Geldwäscher-Szene, deren Problem die Verschiebung einiger hundert Milliarden Dollar ist. Diese Gelder stammen hauptsächlich aus dem Rauschgifthandel, der aus Vorsichts- und Sicherheitsgründen praktisch nur in Bargeld abgewickelt wird. Dadurch sammeln sich bei den Rauschgiftgrossisten riesige Mengen Banknoten. Nach Schätzungen der UNO werden pro Jahr etwa 300 bis 400 Milliarden Dollar im Rauschgifthandel lungesetzt. Rund neun Prozent des gesamten Welthandels heißt es in anderen Untersuchungen, entfallen auf diese „Branche“.

Was tun die Händler mit ihrem Geld? Das Nächstliegende — sie bedienen sich der Banken. Das hat außerdem den unbezahlbaren Vorteil, daß—sobald die Banknoten im Schlund eines Kreditinstituts verschwunden sind - in manchen Ländern auch das segensreiche Instrument des Bankgeheimnisses in Anspruch genommen werden kann. Weder über die Hö freiwilligen Vereinbarung bereit erklärt, die Daten von Personen die mehr als 5.000 Franken einle- gen, festzuhalten. (Merkwürdigerweise muß jedoch jemand, der für Millionen-Beträge in bar etwa Goldbarren kauft, seine Identität nicht bekanntgeben.)

Seit längerem üben die USA im Zuge der Drogenbekämpfung Druck auf die Schweiz aus, ihre Kontrollen zu verschärfen. In den USA selbst ist das Geldwaschen („money laundring“) weitgehend unterbunden. Bareinzahlungen von mehr als 10.000 Dollar am Bankschalter müssen zusammen mit den Personalien des Einlegers der Aufsichtsbehörde angezeigt werden. Dieser Betrag soll sogar auf 3.000 Dollar gesenkt werden.

Gerade im Ministerium von Frau Kopp, die über Geldwaschgeschäfte ihres Ehemannes stürzte, wird an Gesetzesentwürfen gearbeitet, die die Geldwäscherei als Verbrechen mit mehrjährigen Gefängnisstrafen einstufen soll.

Auch auf internationaler Ebene wird versucht, die Geldwäscherei • in den Griff zu bekommen. Sie zeigt nämlich auch auf vielen anderen Gebieten unvermutet ihre Auswirkungen. Die exorbitanten Preise beispielsweise, die in letzter Zeit auf Kunstmärkten erzielt wurden, kamen zumindest teilweise dadurch zustande, daß gleichfalls für nicht ganz lupenreine Gelder Anlagemöglichkeiten gesucht wurden, sagen Insider.

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