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Magere Beute

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J~l s fällt schwer, hier keine Sa-Jjj tire zu schreiben. Der „offene Krieg“, den laut „Kurier“ Wiens Universitäts-Rektor Seitel-berger seiner Ministerin erklärt hat, wird zwar nicht mit Kanonen ausgetragen. Im Gegenteil, man bleibt bei aller Härte der Standpunkte akademisch höflich. Der Streit um die Assistentenposten, besser: um jenen Erlaß des Ministeriums, der die Ausschreibung dieser Posten von einer besonderen Genehmigung abhängig macht, zeigt jedoch schlagartig, was das UOG, das erst vor einem Jahr in Kraft getretene Reformgesetz für Österreichs Universitäten, an Bürokratismus und Konfliktstoffen wuchern ließ.

Niemand, auch nicht der „standesbewußteste“ Ordinarius, bezweifelt, daß die Zuweisung der Dienstposten — auch jener für die Assistenten — Sache des Ministeriums ist. Dann fallen Ausschreibung und Beschluß über Aufnahme oder Weiterbestellung in den autonomen Wirkungskreis, die Genehmigung der Bestellung wieder in den staatlichen, exekutiert durch das Ministerium. Nun aber dekretiert vor etwa einem Monat das Ministerium, daß vor einer Neuausschreibung angefragt werden müsse — denn man müsse einsparen.

Seither geht der Streit. Der Akademische Senat der Universität Wien beschloß, sich nicht an die Weisung zu halten, da die — nun behinderte — Ausschreibung in den autonomen Bereich falle. Der Rektor setzte den Beschluß aus, um die Tür nicht zuzuschlagen. Drei Aussprachen mit der Ressortchefin blieben ohne Erfolg. Ein Nacherläß, den versammelten Rektoren telegraphisch nach Linz übermittelt, enthielt nicht das, was man glaubte, ausgemacht zu haben. Erneut sagte der Senat „Nein“ — nun weigerte sich der Universitätsdirektor, gegen die „alleroberste Kriegsherrin“ zu handeln. Und die Gazetten hatten ihren Aufmacher...

Und der Erfolg der „Sparaktion“? Bisher zwei Ordinariate und vier Assistentenposten. Zwei Ordinariate an Kunsthochschulen — wohlweislich nicht an den großen Universitäten. Fürchtete man deren Widerstand mehr als jenen der Künstler? Aber einer der eingesparten Posten ist jener des Kunsthistorikers an der Akademie der bildenden Künste — in einem Pflichtfach, das auf jeden Fall angeboten werden muß. Wo ist da. die Ersparnis? Eine wahrhaft magere Jagdbeute.

Frau Firnberg begründete der „Presse“ gegenüber, sie glaube nicht, daß die Professoren in der Lage seien, von sich aus einzusparen. Nun •— vier Assistentenposten von 5000 wären wohl auch bei einem einvernehmlichen Gespräch mit den Professoren abgefallen. Im übrigen gingen trotz Streits und Kampfbeschlüssen die Modalitäten zur Besetzung freigewordener Posten auch in den vergangenen Wochen unverändert weiter. Auch im Ministerium gab es in den meisten Fällen nicht mehr Verzögerung als normal. Dafür aber mußten die zuständigen Beamten am Minoritenplatz der Materie zehn Sitzungen widmen, an der Universität Wien tagte der Senat zweimal, an den elf anderen plus sechs Kunsthochschulen wird es nicht seltener gewesen sein. Auch die Rektorenkonferenz konnte das Thema nicht ausklammern.

Und das alles für vier Assistentenposten (denn nur um sie geht eigentlich der Streit). Auch wenn in der weiteren Auseinandersetzung noch ein paar weitere dazukommen sollten, bleibt das Ergebnis dünn. Es geht auch gar nicht um das materielle Ergebnis, kaum um die Modalitäten eines Verwaltungsablaufes, der früher auch nicht anders war — denn auch ohne den Sparerlaß hatte das Ministerium die Möglichkeit, eine vorgeschlagene Bestellung zu verweigern.

Abgesehen davon, daß wieder einmal deutlich wurde, wie sehr Ministerium und Universitäten unter einem gestörten Verhältnis leiden, beweist der ganze Streit doch nur, wie sehr die Skepsis gegenüber dem herannahenden UOG berechtigt war. Der Griff des Staates nach den höchsten Bildungsanstalten ist fester geworden •— und das sollte auch einmal demonstriert werden. An einem einvernehmlichen Vorgehen scheint man wenig Interesse zu haben. Und die Bindung des Universitätsdirektors an das Ministerium hat sich bereits „bewährt“ — im Zweifelsfall entscheidet er sich für den Mächtigeren (und wird dies sicherlich einwandfrei begründen können). Quod erat demonstrandum, pflegte man einst auf akademischem Boden zu sagen.

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