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Man erspart uns nichts

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Zwei Extreme stehen zur Wahl: Einmal der extreme Standpunkt der ÖVP, die jede weitere Steuererhöhung oder Neuerfindung ablehnt und mit Einsparungen das Budget sanieren und die Arbeitsplätze sichern will. Motto: Geld ist genug da, nur wird es falsch ausgegeben.

Und dann ist da die extreme Absicht der regierenden SPÖ, nur mit neuen Belastungen gegen die

Wirtschafts- und Budgetkrise anzukämpfen. Motto: Für die Armut öffentlicher Haushalte muß jetzt der private Reichtum ein Opfer bringen.

Der einleuchtende Mittelweg steht nicht zur Diskussion: Vernünftigerweise wäre der Sparstift zuerst beim Budget anzusetzen, dann erst — aber doch — der Rechenstift für Mehreinnahmen. Ohne Opfer geht es nicht.

Dies den Wählern zu sagen, wäre glaubwürdig: nicht das Entweder-Oder, sondern das Sowohl- Als-auch ist die Alternative, vor der wir stehen.

Wer Opfer für notwendig hält, muß deshalb noch lange nicht die Opfer, die das SPÖ-Belastungs- paket vorsieht, für sinnvoll halten

— vor allem dann, wenn der angeblich „reine Wein“ ^-nachträglich Kopfschmerzen bereiten muß.

Das „kleine Opfer“, das Besserverdienern mit der Besteuerung des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes abverlangt werden soll, nimmt nämlich nur scheinbar, auf soziale Verhältnisse Rücksicht. Denn die gewählte Einkommensgrenze von 20.000 Schilling monatlich, ab der die Besteuerung des 13. und 14. Monatsgehaltes einset- zen soll, täuscht.

Während eine Familie mit zwei Kindern, in der beide Ehepartner je bis zu 20.000 Schilling brutto verdienen, keinen Groschen mehr Steuer als bisher zahlen muß, soll der Alleinerhalter einer Familie, dessen Frau im Haushalt bei den zwei Kindern ist, bei einem Monatssalär von 30.000 Schilling künftig um das über Fünffache mehr Steuer zahlen müssen als bisher, nämlich um 2.200 Schilling

— obwohl das Familieneinkommen insgesamt geringer ist.

Kurzum: Alleinverdiener mit über 20.000 Schilling monatlich sollen — das ist gesellschaftspolitisch bedenklich — benachteiligt werden. Und das ist nicht der einzige Schönheitsfehler der SPÖ- Steuerpläne.

Nicht minder gibt nämlich zu denken, daß die Mehrkinderfamilie steuerlich weit weniger berücksichtigt wird als bisher.

Gab es bisher beim Weih- nachts- und Urlaubsgeld für das erste Kind einen Steuernachlaß von 66 Prozent, fürs zweite einen von über 83 Prozent und ab dem dritten Kind überhaupt Steuer

freiheit, so verschont — sollte das Belastungspaket Gesetz werden — der Fiskus künftig nur eine Familie mit fünf Kindern.

Bei einem Kind würde nur mehr ein Nachlaß von 20 Prozent, bei zwei Kindern einer von 40, bei drei einer von 60 und bei vier einer von 80 Prozent gewährt werden.

Was bleibt da vom vordergründigen Argument, daß ohnehin nur die Reichen zum Handkuß kommen? Die Familien zahlen drauf. Und das ist das Unsoziale an diesem Belastungspaket.

Konkret: Ein Kinderloser mit

30.0 Schilling monatlich soll nach den SPÖ-Plänen zwar fast das Doppelte an Steuer von Weih- nachts- und Urlaubsgeld zahlen, ein Familienvater mit zwei Kindern aber — wie erwähnt — das über Fünffache der bisherigen Belastung.

Außerdem: Bezieher von 15 oder mehr Monatsgehältern werden empfindlich höher besteuert als solche mit 14 — gleichgültig in welcher Einkommenskategorie.

Konkret: Ein Familienvater mit zwei Kindern und 15 Bezügen zu

15.0 Schilling monatlich zahlte bisher für seinen 13. bis 15. Bezug 2.800 Schilling an Steuer, künftig will ihm der Finanzminister, so er wieder Herbert Salcher heißt, rund 5.300 Schilling abziehen, also nahezu das Doppelte.

Weil diese SPÖ-Steuerpläne nicht auf das Familieneinkommen, sondern nur auf das Einkommen des jeweiligen Arbeitnehmers und überhaupt nur unzureichend auf die Familiensitua- tion Rücksicht nehmen sind sie in dieser Form abzulehnen.

Eine Besteuerung des Weih- nachtš- und Urlaubsgeldes, die durchaus diskutiert werden darf, könnte aber nur in einer großen Steuerreform sozial gerecht gelöst werden. Dies gewußt und dies nicht verfolgt zu haben, ist der Vorwurf, den sich Finanzminister Salcher gefallen lassen muß.

Ein weiteres „kleines Opfer“ soll den Sparern abverlangt wer- denfdurch eine Sparzinsensteuer, die dem Staat ein Fünftel des Ertrages sichert — und zwar für Sparbücher ebenso wie für staatlich geförderte (!) Bausparguthaben, für Prämiensparbücher ebenso wie für Sparbriefe und Wertpapiere. Dies sei, so Bundeskanzler Bruno Kreisky, der Preis für das Bankgeheimnis.

Das aber wird mit der Ausnahmeregelung durchlöchert, nach der jeder 100.000 Schilling zum Eckzinssatz steuerfrei anlegen darf, wenn er das namentlich tut. Auch für seine Kinder.

Allerdings genügt schon die nicht behobene Zinsengutschrift eines einzigen Jahres — und schon ist man mit über 100.000 Schilling steuerpflichtig. Eine verhängnisvolle Lösung. Man erspart uns nichts.

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