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Man kann damit leben

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Es ist das Schicksal der großen wissenschaftspolitischen Gesetzesmaterien in Österreich, immer erst im Sommerkehraus über die Bühne gebracht zu werden. Auch das Forschungsorganisationsgesetz (FOG) hat dieses Schicksal erlebt. Ihm wurde jedoch zuteil, was seit der Piffl-Ära nicht mehr gelungen war: es erhielt die Zustimmung aller drei Parteien.

Zum ersten Mal werden sämtliche Forschungsaktivitäten und -einrichtun- gen in Österreich in einen gemeinsamen Rahmen gestellt. Das FOG koordiniert alle mit Forschung befaßten Stellen und schafft gesetzliche Grundlagen, wo es solche bisher nicht gegeben hat.

Um Forschungsförderung und Forschungsorganisation stritt man sich seit der unmittelbaren Nachkriegszeit. Stand damals die unzureichende Dotierung im Mittelpunkt der Diskussion, so wollte Herta Firnberg als erste Wissenschaftsministerin der Republik in den siebziger Jahren vor allem klare Verhältnisse und Zuständigkeiten schaffen, nachdem sie die Neustrukturierung der Universitäten über die Bühne gebracht hatte.

In beiden Epochen standen handfeste politische Hindernisse einer raschen Einigung im Wege, obwohl alle Streitparteien einst die Notwendigkeiten einer besseren Dotierung der Forschung, später ebenso die Notwendigkeit gesetzlicher Grundlagen und Gremien anerkannten.

Hubert Rohracher, Psychologe der Wiener Universität, kämpfte zwanzig Jahre hartnäckig dagegen, daß Politiker auf Entscheidungen über Forschungsziele und Forschungsinhalte Einfluß nehmen sollten. Er konnte noch die Genugtuung erleben, daß zwei Fonds - für die universitäre und die gewerbliche Forschung - geschaffen wurden und damit die Forschungsförderung erstmals eine solide Basis erhielt.

Auch dieses Forschungsförderungsgesetz wurde 1967 - unter der Federführung von Unterrichtsminister Piffl- Percevic - einstimmig verabschiedet. Es ist seither von niemandem in Frage gestellt worden.

Die Fonds waren geschaffen und arbeiteten, soweit es die Mittel zuließen, unter allseitiger Anerkennung. Aber nicht nur sie förderten die Forschung. Bundesanstalten, Akademie der Wissenschaften, Bibliotheken, Museen, Spczialinstitute, ganz abgesehen von der an den Universitäten angesiedelten Forschung sollten eine gemeinsame Gesetzesbasis erhalten.

Die ersten Ansätze für ein Forschungsorganisationsgesetz - parallel zum Universitätsorganisationsgesetz - reichen bis in die Diskussion um die Universitätsreform zurück. 1972 legte Herta Firnberg dem Ministerrat eine „Forschungskonzeption“ vor. 1976 wurden 114 Institutionen im Forschungsbereich nach ihren Vorstellungen und Wünschen befragt. 1978 gab es einen Vorentwurf, Ende 1979 die Regierungsvorlage.

Bis in die allerletzte Phase wurde noch um Verbesserungen gerungen. Mit 29. Juli 1981 trat schließlich die letzte, im Nationalrat beschlossene Fassung, in Kraft.

Nun soll es als oberstes Gremium einen „österreichischen Rat für Wissenschaft und Forschung“ geben, der aus einem Dutzend Spitzenvertreter aus Wissenschaft und Wissenschaftspolitik besteht und die Bundesregierung als ganze, wie einzelne, forschungsinteressierte Minister beraten soll. Neben ihm soll eine „Konferenz für Wissenschaft und Forschung“ mit Vertretern der Sozialpartner und der Politik die Verbindung zur Wirtschaft herstellen.

Aus dem bisherigen „Forschungsrat“ - dem aus beiden Präsidien gebildeten Dachgremium der beiden Fonds - wird ein „Forschungsförderungsrat“, der die Koordinierung der Fonds sichern soll. Ihm wurde in letzter Phase noch die Aufgabe zugewiesen, Vorsorge für den Technologietransfer und die Verwertung der Ergebnisse geförderter Forschungsprojekte zu treffen.

Weitere wichtige Punkte des neuen Gesetzes sind:

• Jeder Minister,der Fprschungsgelder vergibt, und jeder Auftragsempfänger muß das Wissenschaftsministerium ausführlich informieren.

• Für die Vergabe von Aufträgen und Geldern von Bundesdienststellen wurde eine einheitliche Regelung getroffen.

• Die Verwendung von „Drittgeldern“, etwa von der Industrie an einzelne Universitätsinstitute, wird geregelt. Auch die Kunsthochschulen erhalten entsprechende Vprschriften.

• Die Universitäten erhalten die Möglichkeit, mit ausländischen Universitäten und Akademien Forschungs-Partnerschaften einzugehen.

• Verschiedene Dienststellen des Wissenschaftsministeriums wie die Geologische Bundesanstalt, die Zentralanstalt für Meteorologie, aber auch die Nationalbibliothek und die Museen, erhalten Rechtsgrundlagen, die ihre Forschungsaufgaben genau festlegen.

• Schließlich wird den beiden Fonds als neue Aufgabe ausdrücklich die Förderung von Nachwuchswissenschaftlern aufgetragen.

Das Echo unter den Betroffenen zum neuen Gesetz ist gedämpft zufrieden. „Man kann damit leben“, meint der Generalsekretär des Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung, Raoul Kneucker.

Diesmal hat sich das alte Wort bewährt, daß gut Ding Weile braucht. Gab es in der Anfangsphase der Diskussion Extrempositionen, einerseits solche, die die bewährten Fonds auflö- sen und alle Entscheidungen ins Ministerium verlegen, anderseits solche, die jede gesetzliche Festlegung, jeden gesellschaftlichen Einfluß abwehren wollten, so hat man sich in diesem Jahrzehnt an einander gewöhnt!

Kein ernstzunehmender Wissenschaftler würde heute verneinen, daß die „Gesellschaftsrelevanz“ der Wissenschaft dem. Forscher Auskunftsund dem Politiker Aufsichtspflichten ‘ auferlegt. Kein ernstzunehmender (Forschungs)Politiker würde bestreiten, daß die Wissenschaftler am besten wissen, wo sie forschen sollen, und daß die seit 1967 praktizierten Methoden der beiden Fonds kaum durch bessere ersetzt werden könnten.

Zum Unterschied zum Universitäts organisationsgesetz - dessen ideologische Relevanz auch viel deutlicher war - entstand das FOG in ständigem Kontakt mit den Beteiligten, deren Einwände und Vorstellungen weitgehend Berücksichtigung fanden.

Was das FOG nicht gebracht hat, ist die Zusicherung vermehrter Mittel. Das schmerzt die sonst zufriedenen Wissenschaftler. Denn ohne mehr Geld nützt auch die beste Struktur nichts.

1980 hat der Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung knappe 240 Millionen Schilling ausgeschüttet -davon aber fast 67 Millionen schon in Vorgriff auf 1981. Heuer sind die Mittel für das ganze Budgetjahr schon vergeben - und die Inflation steigt gerade in diesem Bereich überdimensional.

Der österreichische Forschungsrat legt daher ein Memorandum vor; in dem er betont: In einer Zeit dringender Strukturverbesserungen, schneller Umstellungen im staatlichen und industriell-gewerblichen Sektor sowie erhöhter Zahlungs- und Leistungsbilanzdefizite müsse die Förderung der Forschung und Entwicklung Priorität erhalten.

Deshalb fordert der Forschungsrat im Budget 1982 250 Millionen für den Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung und 490 Millionen Schilling für den Forschungsförderungsfonds der gewerblichen Wirtschaft an.

Ob die Fonds diese Millionen angesichts der allgemeinen Budgetmisere auch tatsächlich bekommen, scheint fraglich.

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