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MANAGER MÜSSEN IN DIE STARTLOCHER

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Die aktuelle wirtschaftliche Situation in der Steiermark ist alles andere als rosig: Assmann-Pleite in der Südsteiermark, Konkurs eines300-Mitarbei-ter-Bauunternehmens in der Obersteiermark,permanente Krisengebiete Südsteirisches Grenzland und die Obersteiermark: ist ein Weg aus der Krise überhaupt zu schaffen? Wo sehen Sie Chancen und welche Maßnahmen müssen gesetzt werden?

PETER SCHACHNER-BLAZIZEK: Wie Sie schon angesprochen haben, brachte uns das vergangene Jahr Rekordinsolvenzen und eine hohe Arbeitslosigkeit. Der 1992 weltweit Platz greifende Konjunkturrückgang hat auch die steirische Industrie mit ihren Exportverflechtungen merklich beeinflußt.

Der Weg aus der Krise wird sicherlich kein leichter sein. Es ist klar, daß die Steiermark den Karren nicht allein wieder in Fahrt bringen kann, sondern daß dafür umfassendere Maßnahmen erforderlich sind.

Ich setze dabei insbesondere auf eine enge Zusammenarbeit mit dem Bund. Das ist etwas Neues für die Steiermark und, wie die derzeitigen Verhandlungen zeigen, von großer Bedeutung.

Wir Steirer müssen allerdings alles daran setzen, unsere Startposition zu verbessern, um zu Beginn des Aufschwungs in der internationalen Wirtschaft präsent zu sein.

Klar ist allerdings, daß die derzeitigen wirtschaftlichen Probleme unter keinen Umständen am Rücken der sozial Schwächsten ausgetragen werden dürfen. Dem werden wir uns entschieden entgegenstellen, denn mit Sozialabbau können keine Konjunkturprobleme gelöst werden. Vielmehr heißt es, durch einkommens- und fiskalpolitische Maßnahmen sowie durch das Vorziehen von Infrastrukturinvestitionen gegenzusteuern. Durch derartige Investitionen könnte einerseits die Auftragslage der heimischen Wirtschaft verbessert werden, andererseits tragen sie dazu bei, die Steiermark als Industriestandort attraktiver zu machen.

Ich denke da in erster Linie an eine bessere verkehrspolitische Anbindung der Steiermark durch den Bau der Süd-Ost-Spange (Koralmtunnel) und durch den raschen Bau des Semme-ring-Basistunnels. Dadurch könnten die Erreichbarkeit und die Attraktivität der Steiermark entscheidend verbessert werden. Die Bemühungen für geeignete Industrieansiedelungen in der Steiermark müssen maßgeblich intensiviert werden. Wir brauchen Betriebe, die weniger auf niedrige Löhne als vielmehr auf die hohe Qualifikation ihrer Mitarbeiter bauen.

Welche Schwerpunkte werden Sie setzen?

SCHACHNER-BLAZIZEK: Wesentlich für die steirische Wirtschaft ist, am internationalen Markt stärker präsent zu sein und Investoren zu gewinnen. Man kann am Weltmarkt nicht erfolgreich tätig sein, ohne aktiv Kontakte zu knüpfen k und für den Industriestandort Steiermark zu werben. Natürlich sind wir derzeit noch mit den gewaltigen handelspolitischen Nachteilen konfrontiert, die sich durch die Verträge zwisehen der EG und den Oststaaten ergeben. Zolldiskriminierungen sowie die fehlende Vernetzung der drei europäischen Freihandelszonen EG/ EFTA, EG/Osten, EFTA/Osten belasten exportorientierte Joint-ventures.

Mit dem EG-Beitritt Österreichs werden diese Probleme teilweise abgeschwächt werden. Der steirischen

Wirtschaft fehlt es derzeit noch an notwendigem Selbstbewußtsein, neue Exportmärkte zu erobern und unser Fachwissen gezielt einzusetzen.

Die Intensivierung der Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft könnte maßgeblich dazu beitragen, unsere Startposition am Weltmarkt zu verbessern. Wir müssen dafür sorgen, daß das universitäre Wissen nicht nur auf Forschungsarbeiten beschränkt bleibt, sondern vermehrt Eingang in die Unternehmen findet. Wenn es uns gelingt, zum Beispiel durch eine Technologietransferbörse einen „direkten Draht” zwischen unseren Wissenschaftlern und den steirischen Unternehmen zu knüpfen, würde das einen wesentlichen Wettbewerbsvorteil für die Steiermark mit sich bringen.

Einen weiteren Punkt habe ich schon zuvor angesprochen, nämlich die notwendigen Infrastrukturmaßnahmen. Nur wer die erforderlichen Voraussetzungen bietet, kann erfolgreich internationale Unternehmen ansiedeln. Was die Bereitstellung qualifizierten Personals betrifft, liegt die Steiermark sicherlich international im Spitzenfeld.

Der Semmering-Tunnel sollte die wirtschaftliche Infrastruktur entscheidend beflügeln. Nach heftigen Diskussionen und Kontroversen ist es aber wieder ruhig geworden. Ist dieses Projekt gestorben? Werden Sie sich für den Semmering-Tunnel stark machen, oder halten Sie dieses Projekt für überholt und politisch als ein zu heißes Eisen?

SCHACHNER-BLAZIZEK: Davon kann überhaupt keine Rede sein. Der Bau des Semmering-Basistun-nels zur Verbesserung der Nord-Süd-Verbindung ist für die Steiermark unverzichtbar.

Seit den jüngsten Landtagswahlen bestimmt das politische Klima der grünen Mark ein „freies Spiel der Kräfte”. Wie sehen Sie die politische Situation? Hat die Umstrukturierung der Machtverhältnisse und das Verschwinden einer absoluten Mehrheit das Klima befruchtet?

SCHACHNER-BLAZIZEK: Das „freie Spiel der Kräfte mit wechselnden Mehrheiten” ,.wie wir es derzeit in der steirischen Politik haben, wird von den Steirerinnen und Steirern positiv aufgenommen. Möglicherweise sind früher Entscheidungen in diesem Land schneller gefallen, daß sie von besserer Qualität waren, möchte ich auf Grund der gemachten Erfahrungen bezweifeln. Der Vorteil der neuen steirischen Politik liegt vor allem darin, daß es in den wichtigen Lebensfragen unseres Landes gelingen muß, den notwendigen Grundkonsens herzustellen.

Letzlich konnte - und das ist entscheidend - durch das Absehen von Absprachen und sonst üblichen Koalitionspakten in vielerlei Hinsicht ein Qualitätssprung in der steirischen Politik erreicht werden.

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