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Massengrab Kampuchea

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Es gehört zu den Seltenheiten, daß ein amerikanischer Präsident von Ereignissen Kenntnis nimmt, die in Norwegen stattfinden. Doch in der letzten Woche gab es eine Ausnahme: Jimmy Carter sandte dem „Kambodscha-Hearing“ in Oslo seinen Gruß und fügte eine Stellungnahme hinzu, die an Schärfe ihresgleichen sucht. Er forderte alle Länder auf, ihre Stimme gegen die „brutalen Menschenrechtsverletzungen“ in dem Land, das sich nun Kampuchea nennt, zu erheben und nannte die Übergriffe die schwersten, die die Welt von heute kenne. Die Zeugenaussagen in Oslo bestätigten mit wenigen Ausnahmen die Berichte, die aus Asien gekommen sind, seit die Roten Khmer vor nunmehr drei Jahren die Macht übernommen haben: Kambodscha als Massengrab.

„Die Roten Khmer packten mein Kind, das meine Frau auf dem Arm hielt, und die beiden anderen, die daneben standen“, schildert der 43jäh-rige Pam Moeun, der wie Hunderttausende andere aus Pnom Phen verjagt wurde. „Sie zwangen meine Frau, sich zu entkleiden. Ich selbst wurde zu einer Gruft geführt und wußte sofort, daß ich hingerichtet werden sollte. Da gelang es mir, mich zu befreien, und ich lief auf den Wald zu. Die Roten Khmer eröffneten das Feuer aus ihren Maschinenpistolen, aber ich entkam. Später hörte ich Schußsalven und wußte, daß meine Familie tot war.“

Es ist einer von den vielen Berichten der Flüchtlinge, aus denen sich das Greuelbild von Kambodscha zusammensetzt. Einige wenige Aussagen widersprechen dem allgemeinen Konnex. So sagte in Oslo der Pilot Pech Lim Koun, er habe von keinen Hinrichtungen oder anderen Grausamkeiten gehört. Pech war seinerseits vor dem Regime Präsident Lon Nols zu den Roten Khmer geflüchtet, setzte sich aber ein Jahr nach der Machtübernahme ins Ausland ab, da Kambodscha - wie er sagte - ein unfreies Land sei.

Nach der Machtübernahme hätten die Roten Khmer eine sogenannte „demokratische Revolution“ durchgeführt. Im Land gebe es zwei Klassen: das „Altvolk“, das schon vor 1975 unter der Kontrolle der Partisanen lebte, und die „Neuen“, die zuvor in jenen Gebieten gewohnt hatten, die die Regierung Lon Nols kontrollierte. Diese „Neuen“ wurden nach der Machtübernahme aus ihren Dörfern und Städten vertrieben, in Landwirtschaftskollektiven zwangsangesiedelt, büden heute eine

Art „Sklavenkaste“ und führen so alle Programme einer „klassenlosen Gesellschaft“ ad absurdum.

„In den fünf Kriegsjahren 1970 bis 1975 wurden 50.000 Menschen getötet“, sagte der Flüchtling Ear Soth, 40 Jahre alt, in Oslo. „Vor dem Krieg war eine Bevölkerung von sieben Millionen Menschen im Land. 1978 sind nicht einmal vier Millionen übriggeblieben. Die Massaker setzen in immer rascherem Tempo fort, und dazu kommt die Hungersnot, die das Land lähmt.“

Keine Hoffnung für Kambodscha? Nur ein Umsturz von innen könnte helfen, meint Charles Meyer, der 25 Jahre in Kabodscha gelebt hat und lange Zeit persönlicher Ratgeber von Prinz Sih-anouk gewesen ist. „Die Anklagen gegen das Regime in Kampuchea - so berechtigt sie auch sind - dürfen nicht als Motiv für eine Invasion von Seiten Vietnams gebraucht werden.“ Vietnam dürfe seine Großmachtträume nicht unter dem Deckmantel der „Befreiung“ von den Roten Khmer verwirklichen.

Organisator in Oslo war eine unabhängige „Aktion für ein freies Kambodscha“, der Vorsitzende des Veranstaltungskomitees war Hans Henrik Ramm, Mitglied der Jugendorganisation der norwegischen Konservativen. Die äußerste Linke Norwegens versuchte, das Hearing als konservatives Tribunal zu verteufeln, sie mußte aber zur Kenntnis nehmen, daß sich auch die Arbeiterpartei und die sozialdemokratische Regierung hinter die Veranstalter stellten. Das Außenministerium gab einen Zuschuß von 125.000 Kronen und deckte so 50 Prozent der Ausgaben. Nur die Linkssozialisten hielten sich fern, weil sie die Veranstaltung für einseitig hielten.

Der „Freundschaftsbund Norwe-gen-Kampuchea“ veranstaltete ein „Gegen-Hearing“, in dem Experten zu Wort kommen sollten, die den Roten Khmer positiv gegenüberstehen. Diese Kontra-Veranstaltung verlor jedoch schnell an Interesse, als sich herausstellte, daß keiner derer, die dort auftraten, nach der Machtübernahme in Kambodscha gewesen ist. Wenn die Kritiker aus den Reihen der äußersten Linken also den Zeugen des offiziellen Hearings vorwarfen, nicht selbst Erlebtes, sondern ungeprüft Gehörtes wiederzugeben, dann trafen diese Vorwürfe in Wahrheit auf die Teilnehmer ihres eigenen Tribunals zu.

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