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Meer von Schulden
Mit Reagans politischen Erfolgen hat George Bush die Wahl gewonnen. Doch die Gegenwart läßt sich kaum in die Zukunft fortschreiben. Das Erbe kann zur Last werden.
Mit Reagans politischen Erfolgen hat George Bush die Wahl gewonnen. Doch die Gegenwart läßt sich kaum in die Zukunft fortschreiben. Das Erbe kann zur Last werden.
Das Weiße Haus bleibt in den Händen der Republikaner. Dennoch kann man lediglich von einem bedingten Sieg der Bushmänner sprechen; aus dreierlei Gründen.
Erstens ist es dem Vizepräsidenten nicht gelungen, es seinem noch im Amt befindlichen Vorgänger gleichzutun und einen Erdrutschsieg zu verbuchen. Ronald Reagan gelang es 1984, 59 Prozent der Stimmen auf sjch zu vereinen, Bush kam auf 54 Prozent. Reagan konnte sich rühmen, in allen Bundesstaaten mit Ausnahme des Heimatstaates seines politischen Gegners die Mehrheit der Stimmen errungen zu haben.
Zweitens ist es Bush und seinen Parteigängern nicht gelungen, den Wahlerfolg auf die gleichzeitig abgehaltenen Kongreßwahlen auszudehnen. Im Gegenteil: Während die Präsidentschaft Domäne der Republikaner blieb, gewannen die Demokraten Mandate im Kongreß hinzu, fünf im Repräsentantenhaus, eines im Senat. Damit sieht sich Bush einer noch stärkeren Mehrheit der gegnerischen Partei in beiden Kammern gegenüber. Um erfolgreich zu sein, wird er den Konsens der Demokraten suchen müssen.
Drittens schließlich zeigen Umfragen sehr deutlich, daß Bush nicht über den Charme eines Ronald Reagans verfügt, der diesen zu einem so erfolgreichen und beliebten Politiker gemacht hatte. Im Unterschied zu Reagan kann sich Bush auf die persönliche Ergebenheit derer, die ihm die Stimme gaben, kaum verlassen. Er ist vom Wesen her zu aristokratisch, als daß er als Mann des Volkes überzeugend wirken könnte.
Gewiß kann Bush auf eine lange Liste illustrer Ämter zurückblik-ken, die er bekleidet hat. Er war Kongreßabgeordneter, Parteivorsitzender der Republikaner, Botschafter, Direktor des Geheimdienstes CIA. In keinem dieser Ämter hat er erkennbare Spuren seines Wirkens hinterlassen. Und seine Aufgabe als Vizepräsident habe darin bestanden — so sagt man —, von einem Staatsbesuch zum anderen zu eilen.
Andererseits kann man George Bush, dem Wahl-Texaner, aber auch nicht nachsagen, ein Versager gewesen zu sein. Er war stets ambitioniert und hat es verstanden, sich auf dem Weg nach oben ein weitreichendes Netz von. Freunden und Unterstützern zu knüpfen.
Sein großer Vorteil bestand darin, als designierter Thronfolger Reagans seinen Führungsanspruch geltend machen zu können. Er verstand es, sich mit den Erfolgen der Reagan-Administration unter dem Motto „Peace and Prosperity“ zu schmücken. Inflation und Arbeitslosigkeit hatte man im Griff, und das Budgetdefizit hatte sich noch nicht auf die Brieftasche der Bürger ausgewirkt. Warum sollte der Mittelstand also die Zugsgarnitur auswechseln?
Daß auch den Demokraten die Vorliebe der Wählerschaft für Kontinuität zugute kam, zeigt sich darin, daß sie sowohl im Repräsentantenhaus als auch im Senat die Mehrheit behielten. Das Wahlergebnis bestätigt offenbar, daß die Wählerschaft nicht alle Macht beim Präsidenten wissen will und voll und ganz mit der Gewaltenteilung zwischen beiden Institutionen und politischen Parteien einverstanden ist.
Trotz aller Kontinuität wird sich die Administration Bushs von Jener Reagans unterscheiden. Bush wird sich der Tatsache stellen müssen, daß er Reagan nicht nur seinen Wahlsieg, sondern auch horrende Schulden, ein riesiges Handelsdefizit (siehe
Graphik) und die Krise des Sparkassen- und Kreditwesens als Erbe verdankt.
Seine Parole „Achten Sie auf meine Lippen! Keine neuen Steuern!“ mag sich wahltaktisch bezahlt gemacht haben. Als Präsident wird es ihm wohl kaum gelingen, die Gesetze der Mathematik auf den Kopf zu stellen. Genausowenig kann er damit rechnen, daß ihm die Demokraten im Kongreß die politische Verantwortung für Steuererhöhungen und Budgetsanierungen abnehmen werden.
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