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Mehr als nüchterne Zahlen
Wieder einmal hat das Statistische Zentralamt die Scheidungsstatistik für ein ganzes Jahr veröffentlicht: 1983 ist demnach die Zahl der Scheidungen wieder gestiegen, um 2 J8 Prozent auf 14.692.
Österreich liegt damit zwar international nicht im Spitzenfeld, denn lß Scheidungen auf 1000 Einwohner ist eine Zahl, die in Ost und West durchaus überboten wird. Ist das ein Grund, erleichtert festzustellen, daß alles ohnedies nicht so arg sei?
Nein, die Lage ist schlimm genug: Auf zehn Eheschließungen im Jahr kommen drei Scheidungen, in Wien sind es sogar mehr als fünf! Und dabei muß man bedenken, daß die Zahl der Paare, die überhaupt noch den Weg zum Standesamt einschlagen, laufend abnimmt. Wie instabil die Mann-Frau-Beziehungen geworden sind, kommt somit in den Scheidung szif fern gar nicht mehr zum Ausdruck. Denn Beziehungen ohne Trauschein sind erfahrungsgemäß nicht dauerhafter als Ehen.
Nicht um den Niedergang der Institution Ehe zu beklagen, geheich auf diese Zahlen ein, sondern weil mich die vielen menschlichen Tragödien betreffen, die diese nüchternen Zahlen ja keinesfalls zum Ausdruck bringen. Da heißt es zwar, mehr als 10.000 Ehen seien einvernehmlich geschieden worden. Das Wort erweckt Assoziationen an ein in aller Ruhe gelöstes Vertragsverhältnis. Aber dieser Schein trügt.
Man muß mit Müttern von Kinder dorffamilien sprechen. Da staunt man, wie viele der dort aufgenommenen Kinder Scheidungswaisen sind, über deren Los sich die Eltern nicht einigen konnten. Dann erahnt man auch, welche Tragödie hinter der Zahl von 16.258 von Scheidung betroffenen Kindern steht. Sie waren Zeugen der Zerrüttung vor dem Auseinandergehen ihrer Eltern. Sie werden nach der Trennung ihrer Eltern weiter unter den Folgen der Trennung leiden.
Es ist wirklich höchste Zeit, daß mehr für die Ehevorbereitung getan wird. In der Kirche gibt es mit den eintägigen Bheseminaren erst zaghafte Versuche. Aber auch andere Stellen sind aufgerufen, hier zu helfen. Denn Ehevorbereitung ist mehr, als den Ruf nach mehr Sexualaufklärung zu wiederholen.
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