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Mehr Lebensgefuhl in Krisenregionen pumpen

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Endogene Erneuerung -ein plakatives Wort. Doch welchen Stellenwert kann diese Aufforderung zur Selbsthilfe bei der Förderung von Krisenregionen haben?

Die Strategie erinnert jedenfalls an die Geschichte der internationalen Entwicklungshilfe. Auch afrikanischen, asiatischen, südamerikanischen Ländern glaubte man zu helfen, als man ihnen riesige Fabrikshallen vor die Hütten stellte.

Auch als in den späten siebziger Jahren das Scheitern der herkömmlichen Entwicklungshilfe offenkundig wurde, postulierte man als Gegenstrategie die Hilfe zur Selbsthilfe. Unter anderen auch Gunnar Myrdal, jene linksideologisch orientierte, schwedische Gallionsfigur unter den Entwicklungstheoretikern.

Aber den Theoretikern der „endogenen Erneuerung“ in der österreichischen Raumordnungskonferenz ist klar, daß es schwierig ist, Menschen aus einer Versorgungsmentalität herauszulösen. Sie wegzubringen von der Vorstellung, „die da oben“ werden „uns da unten“ ein Konzept präsentieren, das mit einem Schlag die gewünschte Zahl von Arbeitsplätzen bringt.

Mitverantwortlich für diese mangelnde Flexibilität im Suchen von Alternativen sind zweifellos auch jene Politiker, die nach wie vor „ihre“ Regionen lieber noch mehr zu Tode jammern, statt ihnen das nötige Selbstvertrauen zu vermitteln.

Es ist schon klar, daß so ein mentaler Aufbau einer Krisenregion nicht von heute auf morgen geht. Aber mitunter sollte doch nicht vergessen werden, daß auch Gebiete, die schon lange das Etikett Krisenregion tragen, glänzend geführte Betriebe haben. Daß es Unternehmen im Hochtechnologiebereich hier ebenso gibt wie erfolgreiche Spinnereien, Webereien oder Sonderkulturen in der Landwirtschaft sowie Ansätze zu Unternehmensgründungen (siehe nebenstehenden Beitrag).

Krisenregionen haben selbstverständlich auch etwas zu tun mit der kulturellen Identität einer Region.

Ein Beispiel: Die Oststeiermark und das Südburgenland sind Problemzonen mit wenig Industrie und Gewerbe, aber vielen landwirtschaftlichen Betrieben. Das Burgenland hat einen extrem hohen Rückgang in der Landwirtschaft und hohe Pendlerquoten. In der Oststeiermark dominiert hingegen der Versuch, so viele Arbeitsplätze wie möglich im bäuerlichen Bereich zu halten. Ein.e mögliche Erklärung dafür ist sicherlich, daß die Burgenländer schon seit Generationen Landarbeiter waren, gewohnt, dahin zu gehen, wo es Arbeit gab. Die steirischen Bauern zeigen wenig Bereitschaft umzusteigen und zu pendeln. Sie bewirtschaften seit Generationen bäuerliche Kleinstbetriebe und sind mit Grund und Boden mehr verflochten, suchen lieber eigene Alternativen.

Daß die Bevölkerung bei der Suche nach sinnvollen Arbeits- und Einkommensmöglichkeiten miteinbezogen werden sollte, ist auch schon ansatzweise im auf Seite 13 erwähnten Raumordnungskonzept verankert. Dementsprechend werden auch schon eigene Regionalbetreuer eingesetzt, die die nötigen Informationen und Anstöße vermitteln. Meist sind es Raumplaner, aber auch zurückgekehrte Entwicklungshelfer.

Allein 1985 wurden mehr als zwanzig solcher Projekte mit 8,9 Millionen Schilling gefördert. Auch hier geht's noch nicht ohne Hilfe des Staates. Der Bund hat dafür die „Aktion für eigenständige Regionalentwicklung“ eingerichtet. Unter den Projekten sind solche wie eine Imkereigemeinschaft in den Eisenwurzen oder Lammfleischerzeugung durch Bergbauern im Pinzgau.

Natürlich können durch solche Aktionen keine spektakulären Erfolge erzielt werden. Aber jeder Arbeitsplatz zählt, und mitunter sind „selbstgeschaffene“ sicherer garantierte.

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