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Mehr Solidarität durch Menschen

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In Zeiten wie diesen sieht es mit internationaler Solidarität noch übler aus als sonst. Insofern ist es fast ein kleines Wunder, daß sich dies in der Entwicklungshilfestatistik nicht niederschlägt.

Österreich wird heuer verstärkt den Personaleinsatz in Entwicklungsländern fördern. Österreichischer Entwicklungsdienst (OED) und Institut für internationale Zusammenarbeit (HZ) werden für ihre Aktivitäten im jüngsten Bericht des Bundeskanzlers an den Nationalrat ausdrücklich gelobt.

Obwohl der Anteil der öffentlichen Entwicklungshilfe am Brut-toinlandprodukt von 1980 auf 1981 in;imerhin von 0,22 auf 0,48 Prozent gestiegen ist, liegen wir von der Zielvorgabe für 1990 (0,7 Prozent) noch erheblich entfernt - und Finanzminister Herbert Salcher hat diese von 17 westlichen Industrie-

ländern freiwillig übernommene Verpflichtung bereits als „nicht absolut bindend" relativiert.

Außerdem liegt der Geschenkanteil bei der öffentlichen Entwicklungshilfe, der 86 Prozent betragen sollte, im Fall Österreichs bei nur 55 Prozent. Vorwiegend geben wir günstige Ausfuhrförderungskredite, haben also den Eigenvorteil im Auge (was zwar nicht so schlecht ist, wie Eiferer, aber auch nicht so gut, wie Stati-stikprotzer es hinstellen).

Der Anteil der zusätzlich geleisteten privaten österreichischen Entwicklungshilfe macht zwar auch nur 0,18 Prozent des Brut-toinlandproduktes aus, doch ist diese Hilfe zwischen 1979 und 1981 immerhin um fast 50 Prozent gestiegen.

Daß diese Hilfen „überwiegend aus dem kirchlichen Bereich" kommen, anerkennt auch der Kanzlerreport und registriert einen internationalen Trend in Richtung Nachfrage nach höherqualifizierten Experten. Auch bei Österreichs Entwicklungshelfern ist der Expertenanteil von 1979 bis 1981 bei gleichbleibender Gesamtzahl (rund 200) um etwa die Hälfte gestiegen.

Freilich weiß auch das Kanzleramt, daß diese Nachfrage „ohne das Angebot zusätzlicher Anreize in Zukunft nicht zufriedenstellend zu lösen sein dürfte." Um so enttäuschender nimmt sich im Licht solcher Erkenntnis der Entwurf für ein Entwicklungshelfer-

gesetz aus, das immer noch von der Vorstellung „vornehmlich idealistisch motivierter, also nicht auf Erwerb abzielender" Entwicklungshelfer ausgeht.

Das hat auch Wolf gang Achleit-ner in Nr. 2/1983 der „Entwicklungspolitischen Nachrichten" (EPN) kritisiert: Damit bleibe die Arbeit in der Dritten Welt „im Dunstkreis von Hilfe, Almosen und Barmherzigkeit" und nähre außerdem die Illusion, „es sei gerade diese Eigenschaft, die in den Entwicklungsländern fehle."

Dagegen fehlt es dort sicher nicht an Idealismus, sondern vor allem an Bildung, Wissen (und natürlich Kapital). Ziel der neuen Entwicklungsstrategien selbst der Weltbank ist jetzt, den ländlichen Raum in Entwicklungsstaaten durch „Aufbau von Lager-, Transport- und Vermarktungsstrukturen sowie eine Verbesserung der Grundausstattung von Dörfern zur Deckung der elementaren Bedürfnisse wie Ernährung, Hygiene, Bildung usw." zu fördern.

In geradezu klassischer Weise genügen solchen Kriterien etwa die Entwicklungshelfer von OED und HZ, die in Kindergärten und Schulen, Gesundheitszentren und Werkstätten tätig sind. (Derzeit sucht der OED dringend drei Tischler und drei Landwirte.)

Uber OED-Aktivitäten in Lateinamerika, vor allem Nikaragua, hat die FURCHE vergangenen Herbst berichtet, über die Bildungsarbeit der Institute für Radiounterricht in Kostarika (ICER) und Guatemala (IGER) gleichfalls.

Darüber referierte jüngst wieder einmal Konsul Georg Gaupp-Berghausen anläßlich eines Österreich-Besuches. Auch ein Film dokumentierte die außerordentlich wirkungsvolle Bildungsarbeit via Kleinsender.

Der Vorführung wohnten auch Vertreter des Bundeskanzleramtes sowie des Außenministeriums, aber auch Prinz Philipp von Liechtenstein bei, der Präsident des Instituts zur Förderung der Erwachsenenbildung in Ibero-amerika (Vaduz) ist.

Tatsache ist, daß das Fürstentum Liechtenstein die Förderung dieser Art von Entwicklungshilfe zu einem nationalen Anliegen gemacht hat und es sicher wünschenswert wäre, wenn auch Osterreich quasi regierungsoffiziell in dieses Projekt einstiege, das derzeit aus unserem Land von verschiedenen kirchlichen Institutionen gefördert wird.

Nach achtjähriger Tätigkeit ist vom Erziehungsministerium Kostarikas (dessen Regierungspartei der Sozialistischen Internationale angehört) ICER heute praktisch die gesamte Grundschulbildung für Erwachsene anvertraut, die über Radioschulen billig, wirksam, unparteiisch und menschennah betrieben werden kann.

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