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Mehr Spielraum fur die Museen

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Mit 1,6 Milliarden Schilling sollen die baulichen Wünsche der Bundesmuseen erfüllt werden - Voraussetzung für ein Gesamtkonzept, das in die Zukunft weist, meint Minister Hans Tuppy.

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Mit 1,6 Milliarden Schilling sollen die baulichen Wünsche der Bundesmuseen erfüllt werden - Voraussetzung für ein Gesamtkonzept, das in die Zukunft weist, meint Minister Hans Tuppy.

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FURCHE: Der Bundeskanzler hat den ersten Teil eines neuen Museumskonzeptes präsentiert, Vorschläge für die personelle und strukturelle Reform sollen im Herbst folgen. Wie sehen die Visionen des zuständigen Ministers dazu aus?

HANS TUPPY: Die Museen brauchen, um ihre Kulturaufgaben erfüllen zu können, sowohl gute bauliche Voraussetzungen als auch Mitarbeiter, die wissenschaftlich, im Management- wie auch im handwerklichen und technischen Bereich gut qualifiziert sind und unsere Schätze attraktiv präsentieren können.

Überdies brauchen die Museen größeren Freiraum, um eigene Aktivitäten, eigene Verwaltungskonzepte entwickeln zu können. Es gehört zu unserem Programm, daß staatliche Institutionen, auch wenn sie weiter im staatlichen Bereich bleiben, mehr Eigenverantwortung übernehmen sollen.

FURCHE: Können sie es?

TUPPY: Es gibt Beispiele, etwa die Forschungsf örderungsf onds— sie stehen im gesetzlichen Raum,werden kontrolliert, arbeiten aber weitgehend autonom.

FURCHE: Kann man auch alte, gewachsene Institutionen in diesem Sinn umorganisieren?

TUPPY: Sie können es aus eigener Kraft, vor allem aber mit Hufe von außen. Ich bin zuversichtlich, daß es möglich ist. Wobei wir natürlich mit überlegen müssen, ob die Menschen, die wir bestellen wollen, auch die nötigen Eigenschaften dafür mitbringen.

FURCHE: Haben wir genug Personal? Wie muß es ausgebildet werden?

TUPPY: Wir brauchen Führungskräfte, die sowohl fachlich wie auch im Management befähigt sind. Nicht jeder hervorragende Wissenschaftler ist auch ein guter Manager. Aber es gibt Möglichkeiten, Wissenschaftler zusätzlich im Management auszu-büden und ihnen durch Erweiterung ihres Erfahrungshorizontes auch zusätzliche Qualifikationen zu geben. Ich glaube, daß wir mit dem neuen Direktor des Technischen Museums so einen Typ gefunden haben. (Anmerkung der Redaktion: Der Nachrichtentechniker Peter Rebernik kommt aus der Computerbranche, war längere Zeit in den USA tätig und leitet das Museum seit 1. Juli 1987)

FURCHE: Die drei Aufgaben der Museen liegen im Sammeln und Bewahren der Bestände, in deren wissenschaftlicher Aufarbeitung und in ihrer pädagogischen Präsentation. Sind unsere Museen für alle drei Auf gaben gerüstet?

TUPPY: Konservatorisch zweifellos am besten. Auch die wissenschaftliche Bearbeitung liegt in guten Händen mit engen Querverbindungen zu den Universitäten. In der pädagogischen Aufschließung ist noch viel aufzuholen.

FURCHE: Da gibt das Naturhistorische Museum gute Beispiele...

TUPPY: Auch andere Häuser, etwa mit Sonderausstellungen. Trotzdem steht uns noch viel bevor. Natürlich besteht ein enger Zusammenhang mit den baulichen Maßnahmen. Wenn man keinen Platz hat für die reichen Schätze, wenn man sie auf engstem Raum zusammenpferchen muß und es nicht möglich ist, sie zeitweise anderwärtig zu deponieren, um Sonderausstellungen zu zeigen, tut man sich mit der Präsentierung schwer.

FURCHE: Die stolzen Bilanzen der großen Ausstellungen sind vielfach durch die Schulklassen aufgefettet', die durchgeführt werden, ohne daß bei vielen der Kinder das echte Interesse am Thema vorhanden wäre. Was ließe sich da verbessern?

TUPPY: Vielleicht wären sie noch interessierter, wenn sie nicht im Klassenverband kommen müßten. Das wäre zu erreichen durch eine gute Darbietung, aber auch durch vorherige Hinführung durch die Eltern, durch die Medien, auch in der Schule, aber ohne Zwang. In England gibt es da gute Beispiele.

FURCHE: Was können die Museen dazu beitragen?

TUPPY: Museen könnten doch eine Spielwiese für Kinder sein. Im modernen Museum können sie mit Computerhilfe auch selbst eigentätig werden, sich etwas vorführen. Sie können sich Filme anschauen, selbst Abläufe lenken. Beispiele hierfür haben wir in der Ausstellung „Die Geschichte der Menschheit” im Naturhistorischen Museum oder im Linzer Landesmuseum. Die Museen müssen in die Erlebniswelt der Kinder einbezogen werden.

FURCHE: 1,6 Milliarden Schilling, in fünf Jahren zu verbauen, sind eine riesige Summe. Deckt

Tuppy: „Hilfe von außen” sie den derzeitigen Baubedarf?

TUPPY: Ja, einschließlich der Schausammlungen des Bundes wie Schönbrunn, Mobiliendepot, Kaiserappartements.

FURCHE: Die Rückzahlungen sollen durch erhöhte Einnahmen gedeckt werden — wird damit nicht die angepeilte Autonomie, gerade bei der Eigenverwendung zusätzlicher Einnahmen, wieder in Frage gestellt?

TUPPY: Der Fmanzrninister erwartet, daß durch bauliche Maßnahmen und attraktivere Aufmachung zusätzliche Besucher auch vermehrte Einnahmen bewirken — sie sollen zum Teü für die Rückzahlung verwendet werden. Die Eigenverantwortung der Direktoren kann nur gestärkt werden, wenn sie über Mehreinnahmen auch selbst verfügen können. Andrerseits braucht auch der Finanzminister eine Motivation, so große Beträge aufzubringen. Eine gewisse Erhöhung der Einkünfte zugunsten des Staats ist eine durchaus legitime Forderung.

FURCHE: Die Rückzahlung ist für zehn Jahre vorgesehen, also 240 Millionen im Jahr — sind sie aufzubringen?

TUPPY: Einschließlich der Schausammlungen schon. Für den Fmanzrninister ist auch attraktiv, daß die Museen eine Umwegrentabilität besitzen, die—wie sich zeigt — über jene der Bundestheater hinausgeht. Wenn wir wirklich attraktive Museen haben, wird die Wirtschaft nicht nur durch direkte Mehreinnahmen angekurbelt, sondern auch durch längere Aufenthalte der ausländischen Besucher.

FURCHE: Das Bauprogramm umfaßt nur die bestehenden Häuser — das Projekt Messepalast bleibt also Wunschtraum?

TUPPY: Es läuft weiter als Wunschziel, keinesfalls kurzfristig erfüllbar. Wir stehen erst im Stadium der umfassenden städtebaulichen und kulturbaulichen Konzeption. Noch läuft der Architektenwettbewerb, noch liegt kein ausgereiftes Konzept vor.

Die Architekten sollen aber nicht nur die eigentlich architektonischen Ideen einbringen, sondern sich auch zur inhaltlichen Gestaltung äußern. Auf jeden Fall soll das Projekt multifunktional werden, wobei der größte Bedarf wohl in zusätzlichen Ausstellungsmöglichkeiten liegt.

FURCHE: Erhard Busek erhofft sich die Verwirklichung bis zum Millenium 1996 — halten Sie das für möglich?

TUPPY: Ich habe immer den Wunsch geäußert, den Messepalast noch in diesem Jahrhundert' verwirklicht zu sehen. 1996 wäre sicherlich ein realistisches Zeitziel, doch halte ich das Jahr 2000 als Zielpunkt für besser, weil mehr in die Zukunft gerichtet. Die Museen dürfen nicht nur historisch betrachtet werden. Auch die Geschichte hat die Funktion, uns den Weg zu weisen über die Gegenwart in die Zukunft.

Das Interview mit Wissenschaftsminister Hans Tuppy führte Felix Gamillscheg.

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