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Mehr Unternehmergeist in die Politik

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Warum geht ein Unternehmer in die Politik? Weil Politik heute zu 7 0 Prozent Wirtschaftspolitik ist. Und Wirtschaftspolitik bestimmt die Rahmenbedingungen für alle Wirt-schaftstreibenden nicht nur heute, sondern meist auch langfristig. Es geht um unsere Wettbewerbsfähig-keit von morgen.

Die Kluft zwischen den im natio-nalen oder internationalen Wett-bewerb stehenden Betrieben einer-seits und den Institutionen der Politik und der öffentlichen Ver-waltung wird zunehmend größer. Während im erstgenannten Bereich Dynamik, Flexibilität, Verände-rungsvermögen und Beweglichkeit gefordert ist, wird der zweite Bereich zunehmend als statisch, verkrustet oder gar anachronistisch empfunden. In Wirtschaftskreisen wächst der Unmut und macht sich in gelegentlicher - nicht immer gerechter - Empörung über "die Bürokratie" Luft. Und daß das Ansehen der Politiker allgemein nicht zum Besten steht, darf als bekannt vorausgesetzt werden. Wenn nun einem aus der Wirtschaf t Kommenden die Möglichkeit geboten wird, an der Verringerung und vielleicht eines Tages Beseitigung dieser Kluft mitzuwirken, so wäre es nicht richtig, unter Berufung auf die eigene unternehmerische Tätigkeit und die damit verbundene hohe zeitliche Inanspruchnahme die gebotene Mitwirkung abzulehnen. Im Gegenteil: Wenn es möglichst viele aus der Wirtschaft gibt, die in der Politik, in den Interessenvertretungen, in Vereinen und Verbän-den mitwirken, dann kann das oft beklagte mangelnde Verständnis über wirtschaftliche Zusammen-hänge besser beseitigt und wirt-schaftliches Bewußtsein als Vor-aussetzung für einen mündigen Staatsbürger verbreitet werden. Die als notwendig empfundenen Ver-änderungen können nur schwer von außen bewirkt, sondern müssen von innen angegangen werden.

Beispielsweise nützt es nichts, immer wieder Entbürokratisierung und Deregulierung zu fordern; man muß auf Bundesebene mitwirken, um die Lohnverrechnung mit ihren vielen unterschiedlichen Bemes-sungsgrundlagen zu vereinfachen und man könnte auf Landesebene vielleicht bewirken, durch eine Verfahrenskonzentration die bisher bei Betriebsgründung oder Betriebserweiterung notwendigen getrennten gewerberechtlichen, baurechtlichen und naturschutz-rechtlichen Verfahren in ein Ver-fahren zusammenzulegen und damit nicht nur den betroffenen Betrieben zu helfen, sondern auch der öffentlichen Verwaltung.

Mit der schrittweisen Realisierung des Zieles, unsere öffentliche Verwaltung als modernes Dienst-leistungsunternehmen zu organisie-ren, steigt ja naturgemäß auch das Ansehen der Erbringer dieser Dienstleistungen; Beamter zu sein könnte in einigen Jahren "hne den gelegentlich abfälligen Unterton, sondern im Gegenteil mit öffentli-chem Ansehen und neu gewonne-nem Prestige verbunden sein.

Die Wirtschaftspolitik der neun-ziger Jahre zu gestalten ist eine außerordentlich reizvolle unterneh-merische Aufgabe. Nach den achtziger Jahren als Jahrzehnt der Umstrukturierung werden die neunziger Jahre die Internationali-sierung der oberösterreichischen Wirtschaft mit sich bringen. Das Binnenmarktkonzept der EG und Michail Gorbatschow machten es möglich, daß die bisherige Wirt-schaftsgrenze im Westen und die politische Grenze im Osten ihre Be-deutung verlieren. Europa wächst zusammen, ist eine Einheit, zwar noch nicht politisch, wohl aber in den Lebensbedingungen. In einem zusammenwachsenden Europa Oberösterreich als eigenständige und wirtschaftlich dynamische Region zu gestalten, ist eine beachtliche Herausforderung. Sie kann gelingen, wenn wir eine Politik der Förderung wirtschaftlicher Rahmenbedingungen verwirklichen.

Was nützt es den Betrieben, zu ihren Investitionen finanzielle Bei-träge zu erhalten, wenn auf der anderen Seite nicht genügend Fach-arbeiter zur Verfügung stehen? Was nützen Subventionen für verbes-serte Unterkünfte, wenn nicht ge-nügend touristische Infrastruktur vorhanden ist, um die Gäste auch bei Schlechtwetter zu halten?

Ein Unternehmer kann aber auch zur Verbesserung der politischen Kultur beitragen. In der Wirtschaft ist es üblich, die eigene Ware zu loben und ihre Vorteile für den Kunden herauszustreichen. Keinem Wirtschaftstreibenden würde es einfallen, über die Konkurrenz zu schimpfen; er würde bei seinen Kunden sofort unglaubwürdig werden. Ob hier die Politik nicht etwas lernen könnte? Wie soll die Politik insgesamt glaubwürdig sein, wenn ihre Repräsentanten sich täglich gegenseitig die Glaubwür-digkeit absprechen?

Unternehmer sind von Natur aus Optimisten. Optimismus kann auch die Politik gebrauchen. Wie sehr wird beispielsweise in der EG-Frage mit Ängsten operiert und bei-spielsweise den Bauern im Mühl-viertel eingeredet, daß 80 Prozent von ihnen bei einem EG-Beitritt überflüssig sind.

Das Gegenteil ist der Fall: Die Fleisch- und Milchbauern des Mühlviertels werden es in der EG besser haben. Wie oft wird den Klein- und Mittelbetrieben einge-redet, daß sie gegen die Großen der EG keine Chance hätten; das Ge-genteil ist der Fall: Schon heute liefern die oberösterreichischen Gewerbebetriebe doppelt so viel in den EG-Raum als dortige Gewer-bebetriebe in unser Land liefern. Mit Stimmungen, Ängsten und Emotionen wird gerne Politik gemacht. Ein Unternehmer versucht dagegen auf sachliche Infor-.mation zu setzen, verschweigt sicherlich nicht vorhandene Risiken, zeigt aber zugleich auf, wie diesen begegnet werden könnte. Ein Un-ternehmer betont jedoch mehr die Chancen und schafft somit ein Kli-ma der Motivation und der Zuver-sicht. Gerade das ist es, was wir in der Politik in den neunziger Jahren brauchen, wenn wir unser Land zu einer europäischen Zukunftsregion machen wollen.

Der Autor, seit 6. November oö. Wirtschafts-landesrat, steht seit 1977 an der Spitze des Zie-gelimperiums "Bauhütte Leitl-Werke GmbH".

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