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Mehr Zeit mit Kindern

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Unlängst habe ich für meinen zwölfjährigen Sohn eine Kinderparty gegeben. Neben dem leiblichen Wohl habe ich mich sehr um viel Aktivität bemüht. Die Party war gelungen, die Kinder waren begeistert. Interessant war allerdings, daß nicht ein Junge oder ein Mädchen daran interessiert war, ein Video oder etwas im Fernsehen anzusehen.

Aus den Gesprächen der Kinder habe ich aber mitbekommen, daß in vielen Familien die Freizeit hauptsächlich vor dem TV-Gerät verbracht wird, daß Filme kommentarlos angesehen werden und das Kind mit dem Gesehenen alleinbleibt.

Wen wundert es dann noch, wenn unsere Kinder allein nicht mehr spielen, nicht mehr improvisieren? Während der vielen Zeit vor dem TV-Gerät sehen sie nach Beheben einen oder mehrere harte Filme. Meist geht es dabei um Macht, Sex, Geld oder Tod.

Ich will jetzt nicht den Programmgestaltern einen Vorwurf machen, sondern uns selbst, uns Eltern und Erziehern, die wir dieses passive Freizeitgestalten vorleben. Allzuoft füttern wir unsere Kinder mit fertigen Ideen, fertigen Spielzeugen, auf Knopfdruck oder per Fernsteuerung startbereit.

Beobachtet man Kinder beim Spiel, entsetzen wir uns kaum noch darüber, wenn bereits Sieben- bis Vierzehnjährige an den Automaten das Abschießen von „Spiel-Menschen, Flugzeugen oder Booten“ üben!

Wenn wir nicht endlich damit anfangen, unseren Kindern die Brutalität und Herzenskälte fernzuhalten, aufhören damit, sie nicht Kinder sein zu lassen mit all ihren Träumen (was ja so wichtig für eine gesunde Entwicklung junger Menschen ist), dann stehlen wir ihnen das Recht, jegliches Leben als Wunder, als Unantastbares begreifen zu lernen.

Lassen wir unsere Kinder nicht mehr länger durch kaum verkraftbare Filme und Lektüren verführen. Nehmen wir uns endlich Zeit, wenigstens zwei Stunden täglich intensiv mit unseren Kindern zu sprechen, zu spielen oder uns sonstwie mit ihnen zu beschäftigen - einfach zwei Stunden ausschließlich für das Kind —, mit ganzem Herzen und vollem Einsatz.

Es kann nur heilsam sein: Kinder spüren, daß intensive Zuwendung nichts anderes bedeutet als „ich mag dich, ich respektiere dich, du bist mir sehr wichtig“.

Freude erleben lassen

Lassen wir unsere Kinder nicht mehr von falschen Idealen leiten, von Geldmachern und von „no f uture-Denken“ irritieren. Zeigen wir unseren Kindern durch Gemeinsamkeit, Lebensfreude und Sinnfindung, daß uns das Leben geschenkt wurde, um die Möglichkeit der Freude wahrzunehmen.

Freude kommt nicht durch das, was man will, Freude kommt uns zu, durch das, was wir sind. Bereit zu sein, für andere Menschen zu leben, für eine Aufgabe, für unsere Kinder, für unsere Zukunft. Damit ist uns aber keine Last auferlegt, sondern die Möglichkeit gegeben, Freude zu schenken.

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